Übertreibe ich (Schwester, Kind, Erziehung)?

6 Antworten

Eine furchtbare Situation. Ich kann dir nur raten, immer laut und deutlich deine Meinung zu sagen, wenn du so etwas siehst. Dieses "Ich füge dir Schmerzen an deiner Verletzung zu"-Ding ist schon ein Level von Missbrauch, den ich nicht mehr akzeptieren würde, ganz ehrlich. Schlimm genug, wenn Eltern heute noch die Hand ausrutscht. Aber das ist ja schon eine psychische Grausamkeit, die weit über einen "Ausrutscher" hinausgeht. Ganz offensichtlich hat das Kind bereits Gewalt von der Mutter erfahren, physischer und psychischer Natur. Es weiß, dass die Mama nicht nur droht (was allein schon achlimm wäre), sondern auch Taten folgen. Eine Mutter, die mit solchen Psychomethoden arbeitet, verachtet meiner Meinung nach ihr Kind. Wie könnte eine liebende Mutter ihrem Kind so etwas antun? Meiner Meinung nach gar nicht. Wenn sich solche Beobachtingen deinerseits häufen, würde ich langfristig die Beziehung zu deiner Schwester überdenken. Setz dich mit ihr zusammen. Sag ihr, dass du dich nicht in die Erziehung einmischen willst, aber dass du dieses Verhalten von ihr nicht einfach hinnehmen kannst. Das ist Kindesmisshandlung.

Inkognito-Nutzer   06.04.2024, 13:12

Hey, danke!
Da sie mir den Kontakt mit ihrem Kind verwehrt (sie leben zurzeit bei und, was es schmerzhaft macht), ignoriere ich sie auch seit einiger Zeit und gehe ihr aus dem Weg.

Ich gebe dir voll und ganz Recht. Was die Sache noch gruseliger macht, dass sie sich manchmal über mein Entsetzen gefreut hat und sich mit ihr Verhalten gebrüstet hat. Von wegen sie sei eine gute Mutter …

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sushimett  06.04.2024, 13:17
@Inkognito-Fragesteller

"Bei uns" heißt wahrscheinlich im Haushalt deiner Eltern, wo du auch noch lebst? Ich würde da so schnell es geht ausziehen und in der Zwischenzeit laut und unbequem sein, auch wenn das "die Herde" stört. Willst du zu so einer Herde gehören? Was ich mich noch frage: Wieso bist du nicht so, deine Mutter und deine Schwester aber schon? Wenn deine Mutter auch solche Erziehungsmethoden verwendet hat, würde es dich ja kaum wundern, woher das deine Schwester hat. Von daher würde ich deine Mutter daran erinnern, dass sie euch nicht so erzogen hat. Und sie fragen, wie sie das jetzt gutheißen kann.

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Das Problem ist, dass man die eigene Erziehung und gelegentlich auch den aufsteigenden Frust auf die eigenen Kinder überträgt.

Ein Kleinkind wirft nicht 20 mal verschiedenste Dinge auf den Boden, um Mama zu ärgern. Sie lernen damit Physik! Alles fällt runter, eine Feder langsamer als die Gabel. Eine Gabel aus Metall macht andere akustische Geräusche als ein Teller. Wobei ein Keramikteller meist zu Bruch geht, die Gabel hingegen nicht usw usf.

Da Du vermutlich keine pädagogische Ausbildung hast, wird es schwer, dass Du Deiner Schwester das näher bringst, was sie anrichtet.

Denn: lernt ein Kind, dass Gewalt ein probates, leicht umzusetzendes Mittel ist, wird es genau diese Gewalt genau so anwenden, wie sie ihm beigebracht wurde. Das Problem dabei ist, Kinder können ihre Kraft nicht dosieren und ebenso kennen sie die Schmerzpunkte des menschlichen Körpers nicht. Im schlimmsten Fall endet das dann mit nem Nasenbeinbruch bei Deiner Schwester.

Die Erziehung sollte bedürfnisorientiert ablaufen. Ich erkenne das Bedürfnis und wäge es mit dem Aufwand ab. Ebenso einen möglichen kurz- oder langfristigen Schaden des Kindes.

(Gefahrensituationen, bspw auf einem Parkplatz, stehen in keinster Diskussion dazu!)

Du kannst da echt nur versuchen zu reden. Ich tippe einfach darauf, dass Deine Schwester hoffnungslos überfordert ist.

Melde es dem Jugendamt. Du kannst dabei anonym bleiben. Und in den meisten Fällen von psychischem und physischem Missbrauch bzw. Kindeswohlgefährdung gibt es keine Beweise. Das braucht es auch nicht. Wir sind hier nicht im Strafrecht, sondern erstmal im Familienrecht und da geht es eher darum, wer glaubhafter wirkt. Bedenke: Es ist der Job von Jugendamtmitarbeitern und den Richtern, herauszufinden, was passiert ist. Sie wissen also, was sie tun und wie sie fragen müssen. Denn "deine Schwester in Schutz nehmen" heißt im Klartext auch, dass sie zugeben, dass das Kind geschlagen wird. Auch wenn deine Familie offensichtlich damit leben kann und es in Ordnung findet - sie werden es nicht vor den richtigen Leuten vertuschen können.

Und was dir auch klar sein muss: Schweigen bedeutet eine unterlassene Hilfeleistung. Du bist diejenige, die den Neffen weiterhin der GEwalt aussetzt, weil du die einzige bist, die es verhindern kann. Wenn du dich dafür entscheidest, nichts zu tun, bist du eigentlich diejenige, die den Neffen am meisten verrät und enttäuschst. Du lieferst ihn quasi aus,. Also: Tu was!

Selbst wenn das jugendamt die Gewalt nicht erkennt und nicht tätig wird, so fällt es nicht auf dich zurück und du hast es zumindest versucht.

Übertreibe ich

Hier sieht man ganz deutlich, wie bescheuert und nutzlos diese inkognito-Fragen sind.

Bei "normalen" Fragestellenden kann man sich ein Bild machen, indem man sich das Profil und die Historie ansieht. Daraus kann man in der Regel einiges ableiten - zum Beispiel, ob die Person möglicherweise einen Hang zu Übertreibungen hat. Oder man bemerkt vielleicht, dass die Person schon mal ganz andere Personen war.

Ohne diese Möglichkeit hat man nichts außer einer einseitigen Erzählung, die man halt glauben kann oder nicht.

Ah puh. Das ist eine schwere Situation.

Was ich aus dem Verhalten Deiner Schwester heraushöre, ist maßlose Überforderung. Das klingt erstmal wie ein Vorwurf. Isser aber nicht. 5-6 jährige sind in der Tat äußerst anstrengend und bringen einen Erwachsenen sehr schnell bis an die Grenzen des Zumutbaren.

Darüber hinaus wird sich Deine Schwester noch mehr durch Dich und ggf. andere "Beobachter" unter Druck gesetzt fühlen, was die Situationen noch kritischer für sie macht.

Die Androhgung körperlicher Gewalt geschieht zuallermeist, um schnellstmöglich und demonstrativ ein unerwünschtes Verhalten seitens des Kindes "abzustellen" oder Ruhe zu erzeugen - um eben allen zu zeigen, dass man seine Kinder ja "im Griff" hat und es "keine Probleme" gibt.

Dass diese (leider) äußerst effektive Maßnahme leider auch ziemlich viel Schaden anrichtet - sowohl beim Kind, als auch bei der Beziehung zwischen Mutter und Kind, steht außer Frage und kann gar nicht totgeschwiegen werden.

Nun stehst Du da und wendest ein: Perspektive Deiner Schwester: - "Meine kleine Schwester, die immer alles besser weiß, aber keine Ahnung hat, wie schwer es ist, Kinder zu haben und die MIR jetzt gute Ratschläge geben will."

Daher wird Dein Einwand, so berechtigt er auch sein mag, erstmal pauschal geblockt. Dass Gewalt in der Familie auch ein Familienproblem ist, ist allgemein bekannt. Denn zu viele Insider tolerieren das Verhalten.

Ich finde, dass Du sehr richtig handest. Du musst Deiner Schwester klarmachen, dass sie bereits tiefer in der Gewaltspirale gefangen ist.

Es ist eine Sache, aus dem Affekt heraus einen Klaps auf den Po zu geben, weil man sich einfach nicht mehr zu helfen weiß. Aber Deine Schwester ist bereits auf einer anderen Eskalationsstufe: Sie droht dezidiert mit Schmerzen an bereits verwundeten Körperstellen und setzt diese Drohung als Kalkül und Erziehungsmittel ein. Das ist eine üble Sache. Die Reaktion des Kindes zeigt, dass hier panische Angst im Spiel ist.

Ich denke, dass Du unbedingt in Ruhe mit Deiner Schwester darüber reden solltest. Und zwar unter 4 Augen und mit "Ich-Botschaften" (Ich finde, dass diese Situation echt übel war....)..

Du musst ihr klar machen, dass sie so nicht mit anderen Menschen (Kinder sind Menschen!) umgehen darf und dass sie da mehr Schaden anrichtet, als sie vermeintlich damit behebt. Ihr muss klar sein, dass dieses Verhalten eben NICHT normal ist. Ich glaube, dass Du gute Chancen hast, bei Ihr durchzudringen, wenn alles ruhig ist (abends, wenn die Kinder schlafen) und wenn Du das Gespräch geschickt einfädelst.

Betone aber auch unbedingt zuvor, was für tolle Kinder sie eigentlich hat. Und wie pfiffig und voller Ideen sie sind. Und dass Du sie beneidest und zu ihr aufsiehst. Und dass Du gerade deswegen so entsetzt über ihr Verhalten bist, weil Du immer so zu ihr aufgesehen hast.

Wenn die Gewaltspirale in Deiner Familie schlimmer wird und Du klare Indizien für eine Kindeswohlgefährdung siehst, dann musst Du - egal was für Widerstand dann auf Dich niederprasselt - professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Dann musst Du zum Jugendamt gehen.

sushimett  06.04.2024, 13:21

Besser und umfassender kann man die Situation aus der Ferne nicht analysieren. Chapeau!

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