Täuscht mich mein Eindruck oder sind einige der polnischen Städte von einem deutschen Geschäftsgeist, Glauben, Leben bestimmt, der sich auch im Baustil?

3 Antworten

Der Baustil ist den verfügbaren Materialien geschuldet, Backstein weil es zu wenig brauchbare natürliche Steinvorkommen gab. Als man Bausteine noch mühsam über lange Strecken mit dem Ochsenkarren transportieren mußte, hat man lieber vor Ort Lehm zu Ziegeln gebrannt, das ging einfacher.

Kulturell gesehen war das ein einziger zusammenhängender Lebensraum, da gab es keine künstlichen Unterscheidungen in Form von Grenzen, hinter denen plötzlich alles ganz anders sein müßte. Jeder hat so gebaut wie es gerade zeitgemäß war und wie er es sich finanziell leisten konnte, die Armen leicht zu errichtende Fachwerkhäuschen mit Reet-Dach, die Reicheren in den Städten Backsteinhäuser, die ganz reichen Unternehmer haben die großen, reich verzierten Handelshäuser und Lagerhäuser hinstellen lassen oder mal eine Kirche gestiftet. Da gab es kein hier Deutsch - dort Polnisch. Nur mehr oder weniger viel Geld im Beutel.

DasKennIch 
Fragesteller
 11.04.2023, 16:15

verstehe das ist schon etwas aufschlussreicher, also haben Berufsgruppen und Stände das Bild geprägt. Bei sehr vielen Sprachen musste aber doch genauso wie heute eine Mittelssprache, Lingua Franca gesprochen werden. Naja ist erst mal gut, danke dir!

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Daoga  11.04.2023, 16:31
@DasKennIch

Die Händler der damaligen Zeit waren alle mehrsprachig unterwegs, denn an Verständigungsproblemen durfte ein gewinnbringender Handel nicht scheitern. Im Zweifel hat man sich einen Einheimischen als Übersetzer gemietet, und es gab auch sogenannte Pidgin-Sprachen, die Wörter aus verschiedenen Sprachen vereinen, wie das Rotwelsch (eine Sprache, in der sich die Unterwelt verständigte - Gaunersprache!). Bei den vielen Händlern jüdischen Ursprungs war das Jiddisch die gemeinsame Sprache.

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Und bevor der Deutsche Orden die Gebiete im Auftrag der polnischen Krone christianisiert hat waren im Gesamtgebiet von Preußen baltische und slawische Stämme anwesend.

Vor Karl dem Großen waren östlich der Elbe Slaven. Viele Ortsnamen im heutigen Ostdeutschland sind slawischen Ursprungs.

So wie ich das sehe haben sich unsere Völker in diesen Gebieten massiv vermischt. Das sieht man insbesondere bei den gut dokumentierten Weltkriegen. Hier haben Onkel gegen Neffen, Freunde gegeneinander, Schwager gegeneinander gekämpft. Die Grenzen zwischen Deutschland und Polen sind nicht nur Linien im Staub, sondern ziehen sich direkt durch Familien hindurch. Ich kenne kaum einen Deutschen, dessen Familie aus den preußischen oder schlesischen Gebieten kommt, der nicht irgendwelche polnischen Verwandten hat und auch kaum einen Polen aus diesen Gebieten, bei dem es nicht umgekehrt ist.

Und heute sind beide Länder in der EU, wodurch beide Völker völlig legal ohne jede Einschränkung und gleichberechtigt in diesen Gebieten beieinander wohnen können und das auch tun. Und das ist auch die Lösung, die ich mir dauerhaft für die Zukunft wünsche.

Zur Geschicht, sei sie nun architektonisch oder auf die Staatsstruktur bezogen, empfehle ich zum Einstieg diesen Wikipediaartikel:

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordensstaat

Dazu, wie die polnische Bevölkerung nach dem 2. WK die Städte und vormals deutscher Einwohner übernommen hat ist wahrscheinlich eine Doku wie diese hier interessant: https://youtu.be/K2WcxPBWWGU

Woher ich das weiß:Recherche

Als die Städte gegründet und die heutigen Altbauen erbaut wurden, gab es weder Deutschland noch Polen.

Ich stelle mir das jedenfalls immer etwas eigenartig vor in einer Stadt zu leben, die Jahrhundertelang einer anderen Nation angehörte, so wie Königsberg.

Für Russen ganz normal, die scheinen das leider zu lieben und öfter machen zu wollen.

DasKennIch 
Fragesteller
 11.04.2023, 15:59

ja genau, aber die Einwohner sprachen jeweils polnisch oder deutsch. Dann gehörten Sie einem Fürstentum oder der Stadt an. Ein Zugehörigkeitsgefühl wird es doch gegeben haben? Meine Frage zielt eher darauf ab, ob die Leute einfach in Städte gesetzt werden, dort beispielsweise in imposante Kirchen, Backsteingebäude gehen und eins auf traditionell katholisch oder verwurzelt machen ohne, dass der eigentliche Zweck bzw. die Identität des Baus verwandt ist mit der heutigen Haltung.

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DasKennIch 
Fragesteller
 11.04.2023, 16:11
@NAFOfella

schau mal, du verstehst mich nicht. Beispiel: Es ist Ostern, das Fernsehen überträgt live aus der Basilika XY in Frankreich, in Metz oder lass es Belgien sein, zu Gast: der Bundeskanzler und im übrigen auch nur Deutsche. Danach geht es zum Städterundtrip und der gemeinsamen Verkostung von einem Schnaps, das belgische Korn usw.

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Daoga  11.04.2023, 16:18
@DasKennIch

"Zweck und Identität" des Baus waren über lange Zeit für spätere Nutzung nicht von Bedeutung, sowas ist modernes Denken das sich die Menschen über Jahrhunderte nicht geleistet haben und meistens gar nicht leisten konnten. Was da war wurde genutzt, da wurde schon mal aus einer Kirche ein Pferdestall oder aus einer Synagoge ein Lagerhaus.

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eingew  11.04.2023, 17:53
@DasKennIch

Polen ist so katholisch. Polen ist bis heute viel katholischer, als das protestantische Preußen es am Ende war. Die Geschichte ist nicht so simpel. Und bitte. Kirchen sind in ihrem Daseinszweck an und für sich geweihte Stätten. Das war den Menschen im Mittelalter viel eher klar, als heute. Eine notgebundene Zweckentfremdung ändert daran überhaupt nichts.

Lest verdammt noch mal mehr Geschichtsbücher. Oder wenn man kein Geld ausgeben möchte gibt es auch tausende Stunden durchaus guter Dokus auf Youtube oder Texte auf Wikipedia und Co zu all diesen Dingen.

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