Sind gute Segelflugzeug-Piloten auch gute Motorflugzeug-Piloten, und umgekehrt, oder sind die Anforderungen der beiden Sparten hierfür zu unterschiedlich?

3 Antworten

Ich habe meine Segelfluglizenz und bin auch aktiver Pilot in unserem Verein. Ich habe Mitte letzten Jahres auch die Schulung auf den TMG, also auf unseren Touring Motor Glider begonnen. Es ist zwar ein Motorsegler, aber hat keine großen Unterschiede zu einem UL oder einer normalen einmotorigen Maschine.

Ich schreibe hier einfach mal aus der Sicht eines SPL Piloten.

In meiner Ausbildung habe ich erstmals die Grundlagen des fliegens erlernt. Ruderkordination, Rollübungen, Langsamflug, Trudeln und eben das Starten, Landen und die Einteilung der Platzrunde in Querabflug, Gegenanflug, Queranflug und Endanflug. All diese Dinge sind auch bei einem Motorflieger einigermaßen gleich. Der größte Unterschied ist allerdings der Start der bei einem Segelflieger ja entweder via Winde oder Schleppflugzeug stattfindet.

In deiner weiteren Ausbildung erhältst du dann Kenntnisse über Hang, Wellen und Thermikflug. Außerdem das Navigieren und einstudieren von Kompasskursen. Später endet die Ausbildung dann mit der Überlandeinweisung und dem 50km Streckenflug.

Hier nochmal die Punkte von LVB aufgezählt.

  • Ruderkoordination
  • Geradeausflug
  • Langsamflug
  • Rollübungen
  • Kurvenflug mit 30° Querneigung
  • Trudeln und Seitenspirale ausleiten
  • Windenstart mit 3x Startabbruch
  • Einteilung der Platzrunde
  • Landung mit 3x Landung aus ungewohnter Position

Nach diesen Punkten folgt nun dein erster Allein Flug. Da nach geht es weiter mit:

  • Kreisflüge und Kurvenwechsel bei 30 bis 45° Querneigung
  • Schnellflug
  • Anfliegen und zentrieren von Thermik, Sollfahrt
  • Seitengleitflug
  • Erfliegen von Kompasskursen
  • Überlandeinweisung
  • Außenlandeübung
  • Einweisung in Notsituatuonen und gefährliche Fluglagen
  • 50km Flug

Abgeschlossen wird deine SPL Ausbildung dann mit dem Nachweis deiner praktischen und theoretischen Kenntnisse.

Der zentrale Unterschied zur Umschulung auf den TMG ist die Orientierung an der Antriebsaert. Bei der SPL liegt der Fokus auf der Thermik und nur gering auf Hilfstriebwerken die manche Segelflieger haben. Wobei es bei der TMG Umschulung nur um das Starten und das bedienen des Motors geht.

Hier ein paar Punkte aus der Umschulung auf den TMG:

  • Flugklarheit
  • Anlassen und Abstellen des Triebwerks
  • Rollen
  • Landung bis Stillstand
  • Touch and Go's
  • Durchstartübung
  • Landung aus ungewohnter Position
  • Abstellen und Wiederanlassvorgänge im Flug
  • Störungen am Boden
  • Störungen beim Start
  • Erstellen eines Flugplans
  • Navigationseinweisung
  • Funknavigation
  • QDM
  • 150km Flug

Zusätzlich alle Flugübungen wie bei der SPL Ausbildung.

Motorfliegerei und Segelfliegerei haben sehr viele Gemeinsamkeiten. Ein Segelflieger kann ein Motorflugzeug zu 100% auch sicher in der Luft bewegen und Landen. Anders auch ein Motorpilot ein Segelflugzeug. Nur beim Starten könnte es hapern, da Windenstarts etwas herausfordernd sind, wenn man das noch nie gemacht hat.

Ich erinnere mich noch zu gut, als mein damaliger Fluglehrer zu mir bei meinem vierten Flug meinte, ich soll mal selber Starten. Fast ein Kavaliersart 😂

Ansonsten falls es dich noch interessiert:

Can a 747 Pilot fly an glider?

https://youtu.be/worMAWuhzOY?si=ysqdKQIoPI-qm_Id

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Segelflieger aus Leidenschaft - Traumberuf Pilot

Vermutlich kann ein Motorflugzeug-Pilot mit einem Segelflugzeug in etwa so viel mit dem Flugzeug anfangen wie umgekehrt.

Wie du genannt hast, hat der Segelflugzeug-Pilot natürlich eine bessere Sicht auf mögliche Plätze zur sicheren Außenlandung. Außerdem fehlen dem Motorflugzeug-Pilot natürlich Erfahrungen mit Thermik etc. Anders herum hat der Motorflugzeug-Pilot z.B. die IFR-Erfahrung, während Segelflugzeuge nur VFR fliegen dürfen. Und natürlich andere Motorfunktionen, uvm.

Unterm Strich würde ich sagen, dass in normalen Flugbedingungen(keine Notfälle) vermutlich aber eher der Motorflugzeug-Pilot "gewinnen" würde, da die Steuerung des Motors dem Segelflieger dabei einfach zu unbekannt sein kann, wobei man sich als Luftfahrt-Interessierter natürlich auch mit Motorflugzeuge auskennen kann.

Parralelwelt 
Fragesteller
 22.04.2024, 23:25

Nun die alten Lyc/Cont Motoren sind schon eine Herausforderung, Gemisch, Vergaserenteisung...allein ein Warmstart wirkt bei Unerfahrenen wie eine Wegfahrsperre

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Ein Copilot ist immer eine Entlastung - erstrecht in Ausnahmesituationen. Piloten mit Segelflugerfahrungen haben auch einen Vorteil: Beim Segelflug kann man nicht einfach "Schub" geben und ziehen. Man lernt viel intensiver Gleiten und Steuern und einteilen ohne Triebwerk. Man lernt auch Manöver, die man im Motorisierten Bereich nicht lernt, weil dort i.dr. nicht angewendet werden...

Ein krasses Beispiel kannst dir z.b. hier mal anschauen... Viel Spaß!

Parralelwelt 
Fragesteller
 22.04.2024, 23:28

Hahaha Gimli Glider

Nur die Gleitzahl ist leider miserabel, siehe hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Air-Canada-Flug_143

Wie sich herausstellte, verlor die Boeing 5000 Fuß (1524 m) Höhe auf etwa 10 nautischen Meilen (18.520 m) Strecke, was einem Gleitverhältnis von etwa 1:12 entspricht.

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Digibike  23.04.2024, 06:50
@Parralelwelt

Vor allem die letzten Meilen dürften es Verhagelt haben (quer zur Flugrichtung ausgerichtet, um ohne Platzkurve auf Anflug-Fenster zu kommen). Aber Sie haben die Maschine ohne Tragödie und soweit in einem Stück runter gebracht, ähnlich wie Sully, wobei dem geholfen hatte, daß er nen Airbus hatte - ob die Landung mit ner Boing so geklappt hätte, habe ich leichte Zweifel... Aber generell sind Flieger, die für Geschwindigkeiten knapp an der Schallgrenze gemacht sind, eher weniger zum Gleiten gemacht - Segler haben nicht umsonst keine gepfeilte Fläche...😉

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Parralelwelt 
Fragesteller
 23.04.2024, 07:03
@Digibike

Warum hast Du Zweifel dass es mit einer Boeing geklappt hätte?

Segler haben deswegen keine gepfeilten Flächen weil

a) es für deren Geschwindigkeitsbereich gar keinen Sinn macht

b) die Flügel fürchterlich flattern oder brechen würden

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Digibike  23.04.2024, 07:52
@Parralelwelt

Weil das Konzept bei Boing anders ist: Boing warnt, Airbus filtert raus... Um aber mit so ner Maschine eine reele Chance auf Notwasserung ohne Tragödie zu haben, mußt du die Nase hoch halten und kurz vor Strömungsabriss. Dadurch, das Sully sofort die EPU starten lies, hatte er zum einen wieder Fluglageparameter und zum anderen wieder den Rechner, der die Maschine im gerade noch flugfähigen Fenster hielt - bis zum bitteren Ende... Bei Boing kenne ich Notwasserungen, aber keine die je in einem Stück geglückt wäre (Jets). Der Anflug ist zu komplex und kritisch umdas komplett manuell zu händeln... Daher meine bedenken, bezüglich Boing und Notwasserungen... Passiert aber auch äußerst selten glücklicherweise...

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