Schaden freilaufende Katzen unserem Ökosystem?

Das Ergebnis basiert auf 23 Abstimmungen

Wenn Hauskatzen Vögel töten ist das rein natürlich 48%
Freigängerkatzen halten ist verantwortungslos 26%
Irgendwas dazwischen 26%

22 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es gibt verschiedene Untersuchungen darüber, welchen Einfluss Katzen auf die Bestände von Vögeln haben. In den USA kam eine Studie zu dem Schluss, dass Hauskatzen jährlich zwischen 1.4 Mrd. und 3.7 Mrd. Vögel wildern. Für Deutschland gibt es Schätzungen, die von immerhin jährlich rund 200 Mio. Vögeln ausgehen.

Problematisch ist, dass diese bloßen Zahlen allein rein gar nichts über die Gefährdung einer Population aussagen. Hier spielt zum Beispiel eine viel wesentlichere Rolle, wie groß die Population ist. Eine von Natur aus sehr kleine Population (will heißen: eine seltene Vogelart) ist von einer wildernden Katze sehr viel stärker betroffen als eine "Allerweltsart", die überall sehr häufig vorkommt. Neben der Größe der Population spielt auch die effektive Populationsgröße (Ne) eine Rolle. Die effektive Populationsgröße berücksichtigt die Gendrift, also den Anteil der genetischen Variabilität einer Population, der mit der Zeit verloren geht. Dabei spielt es z. B. eine Rolle, wie das Geschlechterverhältnis in einer Population ist. Ein einfaches Beispiel: eine Population aus 100 Individuen, die aus 50 Männchen und 50 Weibchen besteht, wird über die Zeit sehr viel weniger von ihrer genetischen Variabilität verlieren als eine Population, die ebenfalls aus 100 Tieren besteht, von denen aber 99 Männchen und nur ein einziges Weibchen sind. Darüber hinaus spielt auch die Reproduktionsrate eine große Rolle: es macht z. B. einen Unterschied, ob ein Gelege aus durchschnittlich sechs Eiern besteht oder stets nur ein einziges Ei gelegt wird oder ob eine Vogelart bis zu drei Gelege im Jahr produziert oder nur ein einziges Gelege.

In der Vergangenheit hat die Wilderei von Katzen tatsächlich schon einmal zum Aussterben einer Vogelart geführt. Der Stephenschlüpfer (Traversia lyalli) war eine flugunfähige Singvogelart, die zuletzt nur noch auf der kleinen neuseeländischen Insel Stephen Island heimisch war (in Wahrheit war die Art ursprünglich in ganz Neuseeland weit verbreitet, durch Ankunft der Kleinen Pazifikratte an Bord der Schiffe der Maori-Vorfahren wurde sie auf den Hauptinseln allerdings schon vorher ausgerottet); es gab also ohnehin nur eine sehr kleine und noch dazu nur eine einzige Population. Angeblich soll sogar eine einzige Katze, Tibbels, die Katze des Leuchtturmwärters David Lyall, gehen, aber das ist zweifelhaft. Lyall war aber aufgefallen, dass seine Katze tatsächlich sehr häufig tote Schlüpfer anschleppte. Die Vögel hatten es in Neuseeland nie mit Raubtieren zu tun bekommen und waren daher nicht besonders scheu. Und als flugunfähige Vögel hatten sie auch nicht die Möglichkeit, bei Gefahr zu entfliegen.

Die Frage, ob eine Katze Vogelbestände ernsthaft gefährden kann, ist ziemlich komplex und von Situation zu Situation unterschiedlich. Ganz allgemein kann man jedoch sagen, dass es insgesamt den Vögeln nicht gut geht. Das liegt vor allem daran, dass durch das Insektensterben immer weniger Nahrung zur Verfügung steht - davon sind auch solche Arten betroffen, die prinzipiell Körnerfresser und dergleichen sind, weil zumindest ihre Jungen auf Insekten angewiesen sind. Zudem gehen mehr und mehr natürliche Lebensräume verloren. So ist beispielsweise das Rebhuhn heute fast vollständig ausgerottet, weil es nur noch wenige Hecken in der Nähe von Feldern gibt. Selbst der bekannte Spatz hat es heute nicht mehr leicht und mit sinkenden Beständen zu kämpfen.
Da ist es nicht gut, wenn man durch Katzen noch einen zusätzlichen Druck schafft. Aber: man muss seine Katzen deswegen nicht in den eigenen vier Wänden einsperren, denn es gibt Maßnahmen, die man ergreifen kann.

  • Kontrovers diskutiert wird, ob das Umhängen von Halsbändern mit Glöckchen eine sinnvolle Sache ist, weil Vögel dadurch frühzeitig gewarnt werden. Soweit ich weiß, konnte dieser Effekt bislang noch nicht bestätigt werden - andererseits kann es ja nicht schaden. Man sollte aber darauf achten, dass man ein Halsband wählt, mit dem die Katze sich nicht aus Versehen stranguliert, wenn sie damit irgendwo hängenbleibt.
  • Wer einen Garten hat und etwas für den Vogelschutz tun möchte, sollte Baumstämme "katzensicher" machen, insbesondere solche, an denen man ein Futterhäuschen oder Nistkästen angebracht hat. Spezielle Manschetten, die man um den Baumstamm herum anbringen kann, gibt es im Baumarkt, in Tierfachgeschäften und natürlich auch online zu kaufen.
  • Es kann schon hilfreich sein, der Katze nur beschränkten Zugang nach draußen zu gewähren, beispielsweise nur außerhalb der Brutsaison. Ähnlich verfährt man heute schon mit Windrädern, die in der Hauptbrutsaison abgeschaltet werden können und dann wieder laufen, wenn die meisten Vögel ihr Brutgeschäft schon erledigt haben.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
janoslon421 
Fragesteller
 22.08.2019, 19:14

Vielen Dank, super Antwort!

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schnurrgerade  22.08.2019, 19:53

Danke für diese sehr differenzierte Antwort.

Ich möchte hier allerdings anmerken dass ich persönlich es - solange keine stichhaltigen Beweise existieren dass diese Maßnahme die Vögel wirklich nennenswert schützt - für unangemessen halte Katzen Glocken umzuhängen. Den das stresst auf Dauer die Katze und verhindert unter Umständen komplett dass sie jagt; egal was. Und das ist alles andere als artgerecht und grenzt für mich eher an Tierquälerei.

(Quelle sind hier die Aussage meines Tierarztes und meine eigene Erfahrung, mir wären aber auch keine gegenteiligen Studien o.ä. bekannt.)

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Wenn Hauskatzen Vögel töten ist das rein natürlich

Das liegt in ihren Instinkten das sie auf Mäuse und Vögel auf die Jagd machen. Bei den Vögeln schnappen sie sich sowieso meistes nur Jungtiere, alte und Schwache. Gesunde Vögel hauen eher ab als gefressen zu werden.

Das soviele Vögel verschinden liegt eher an den Menschen da diese die Bäume die sie zum Nisten nehmen abholzen und dann statt neue Bäume Häuser bauen! Da ist es doch nicht verwunderlich das es weniger werden, wenn die Vögel keine Bäume finden in denen sie Nester bauen können und dort ihre Eier legen und die jungtiere versorgen. Und da sie hier nichts mehr finden gehen sie woanders hin und daher können sie hier nicht mehr in der Zählung dabei sein.

Man sollte sich verpflichten, wenn man Bäume abhölzt, neue zu Pflanzen damit da irgendwann Vögel ihre Nester machen können damit die Vögel hier wieder Nisten können!

Es ist leichter gesagt das die bösen Katzen schuld sind anstatt einzusehen das der Mensch auch dazu beiträgt das manche Vogelarten aussterben bzw weniger werden. Denn ohne Nistplätze gibt es keine neuen Vögel und daher sterben sie irgendwann ohne Nachwuchs zu bekommen da sie keinen Platz finden konnten!

Pomophilus  22.08.2019, 17:40

???

In Deutschland steigt die Waldfläche seit Jahren, der Holzvorrat pro Fläche genauso. Im Wald gibt es natürlich eine Verpflichtung zur Wiederaufforstung!

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janoslon421 
Fragesteller
 22.08.2019, 19:18

Ich sage auch nicht dass die Katze Schuld ist und der Mensch nicht, im Gegenteil. Ich meine dass der Mensch sich seiner Verantwortung mehr bewusst werden sollte wenn er Katzen draußen hält - dass die Katzen da keine Schuld trifft ist ja wohl klar?

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Ein paar Wochen einsperren in der Brutzeit sollte Pflicht sein. Genauso wie die Kastration von Freigängern. Gleich weniger Jagdtrieb und weniger gezeugte Streuner. Jagen ist zweifelslos natürlich, aber fragwürdig wenn es nur dem Zeitvertreib dient und das Tier vom Menschen gefüttert wird. Geht aber nicht nur um Vögel oder Beutetiere. Bei Hauskatzen und Wildkatzen hat man genau das gleiche Problem mit der Vermischung wie bei Hunden und Wölfen.

mullemaeuschen  22.08.2019, 21:25
Genauso wie die Kastration von Freigängern

Da sollte der Halter in die Pflicht genommen werden,

Bestimmte Hunde Arten müssen einen Wesens Test machen.

Hier müsste der Katzen Halter den Wesens Test machen.

mulle winkt

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Wenn Hauskatzen Vögel töten ist das rein natürlich

....wenn du diese Bedenken bei der Katze fortsetzen würdest, müsstest du das so sehen, dass die Katze durch das Töten des Vogels, jedem Regenwurm, der das Erdreich auflockert und mit seinen Ausscheidungen düngt, und jedem Insekt das Leben gerettet hat. Denn die Schmetterlinge oder die Raupen, die von den Vögeln geFRESSEN (NICHT gegessen, weil wir Menschen essen und Tiere fressen. Oder wer hat schon ein Tier mit Messer und Gabel gesehen?) werden, haben ja auch einen Anspruch auf das Überleben.

So, nun kannst du die freilaufende Katze auf die Anklagebank als Mörderin setzen oder auf das Podest als Lebensretter stellen und sie ehren.

Das ist wie in der Wildnis. Erst reißt die Löwin das junge Zebra und frisst es mit ihren Jungen auf. Anschließend geht sie ans Wasser zum SAUFEN (NICHT trinken, weil Tiere SAUFEN). Diese Gelegenheit nutzt das Krokodil und zieht die Löwin ins Wasser und frisst sie. Ist das Krokodil nun 'Freund oder Feind'. Familie Zebra würde sich bei "Herrn Krokodil" für diese Aktion bedanken, wenn sie wüssten, nicht dabei selbst vom "Herrn Krokodil" gefressen zu werden.

Das ist einfach die Natur und ihre natürlichen Gesetzte!

janoslon421 
Fragesteller
 22.08.2019, 16:10

Ist es nicht besser wenn die Vögel Regenwürmer fressen, als wenn die eh schon krass sinkende Population der Vögel noch weiter durch Hauskatzen belastet wird?

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Umdenker96  22.08.2019, 16:14
@janoslon421

Ich bin eh kein Freund von dem Katzen- und Hunde-Viehzeug. Mir kommen solche Virusträger nicht in die Wohnung, nicht auf die Couch und schon gar nicht in mein Bett! Wie asozial ist das denn?!

Ich muss auch keinem Hund auf die Schnauze küssen, der vorher noch auf der Straße an den Hundehaufen geschnuppert hat. Pfui Teufel!

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janoslon421 
Fragesteller
 22.08.2019, 16:20
@Umdenker96

Okay das hilft mir Deine Antwort etwas besser einzuordnen.

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Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Hauskatze und dem wild lebenden Beutegreifer:

Letzterer ist von seiner Beute abhängig, hat er zuviel davon erbeutet, muss er anschließend hungern. Deshalb wird er nie zur ernsten Bedrohung für die Beutetiere werden können.

Die Katze dagegen hat ihr Auskommen gesichert, das Jagen ist für sie höchstens Zubrot. Einzelne Exemplare spezialisieren sich immer wieder auf ganz bestimmte Beutearten. Ist diese Art dann einmal stark dezimiert, hätte der nicht in menschlicher Obhut lebende Beutegreifer ein Problem, sein Jagen hätte zu selten Erfolg, er würde wohl verhungern oder sich umstellen müssen. Die Katze aber kann sich am Fressnapf stärken und dann Weiterjagen, bis sie das letze Individuum erwischt hat...