Meinung des Tages: Proteste und Krawalle nach tödlicher Polizeigewalt in Frankreich - ist der Zorn gerechtfertigt?

Das Ergebnis basiert auf 89 Abstimmungen

Nein, dafür gibt es keine Rechtfertigung 65%
Ja, der Zorn ist gerechtfertigt 28%
Andere Meinung 7%

27 Antworten

Ja, der Zorn ist gerechtfertigt

Der Zorn gegen den Staat und seine Einrichtungen ist IMMER gerechtfertigt, wenn Menschenleben gefährdet oder zerstört werden. Alles andere ist vollkommen indiskutabel und wer da auch nur irgendetwas anderes sagt, der macht schon ganz deutlich klar, welche Seite er einnehmen möchte. Wichtig ist dann doch an dieser Stelle mal zu hinterfragen, warum sich so viel Wut an dieser Stelle entlädt und wie man sie zielgerichtet zur Besserung der Umstände nutzen kann. Aber wer jahrelang mit Scheiße um sich schmeißt, muss sich nicht wundern, wenn sie irgendwann zurückgeflogen kommt.

Meinung des Tages

ich empfinde diese Headline als unangebracht. da schwingen zu viele Untertöne mit und das Niveau ähnelt zu sehr der BILD. und so etwas hätte ich von Gutefrage.net nicht erwartet.

Der Zorn der Protestierenden richtete sich augenscheinlich also gegen Polizeigewalt und gegen Rassismus;

und genau wegen des Worte "augenscheinlich" und auch der spekulativ, pauschalisierenden Schilderungen will ich mich nicht für eine dieser 3 Optionen entscheiden. Dafür erscheint mir (aus der Ferne!!!) die Lage komplexer und noch nicht aufgeklärt.

die Situation erinnerte in Teilen an den Tod des Amerikaners George Floyd und die daran anschließenden Proteste.

solche Parallelen sind an den Haaren herbei gezogen. Sie reduzieren auf "Hautfarbe des Opfers" auf der einen Seite und "böse Polizeigewalt" auf der anderen. Bringt doch auch den Namen "Oury Jalloh" ins Spiel, oder "Robble Warsame", oder entfernt die Dimension "böse Polizei" und "Hautfarbe" und benennt die anderen Opfer die ermordet wurden.

wenn ihr hingegen die Ausschreitungen in Stadtteilen betrachten wollt, dann inkludiert doch jene neulich in Leipzig oder in Hamburg ...

oder aber überlegt Euch, was wir davon halten würden, wenn uns Personen in Chile, Swasiland, Japan und Russland ihre Meinungen mitteilen, was sie über Ereignisse in unserem Land "meinen" und wie sie besserwisserisch handeln würden.

Nein, dafür gibt es keine Rechtfertigung

Selbst wenn Rassismus vorlag und selbst wenn der Polizist noch mehr Menschen getötet hätte, so gibt es keinerlei Rechtfertigung hierfür. Es verdeutlicht bloß einmal mehr, mit wem wir immer Probleme haben:

Es ist aufschlussreich, dass die Migranten aus der EU sowie aus Süd- und Ostasien vergleichbare Probleme nicht haben. Die Kinder von Vietnam-Vertragsarbeitern aus der ehemaligen DDR machen sogar zu 80 Prozent Abitur und schneiden damit noch weitaus besser ab als die Deutschen (…) Interessant sind die in Großbritannien beobachteten Unterschiede zwischen den verschiedenen Migranten aus der ehemaligen Kolonie Indien: Indische Schüler schneiden in England doppelt so gut ab wie pakistanische Schüler. Schüler aus Fernost lassen in ihren Leistungen alle hinter sich, auch die britischen. Zwischen Indern und Pakistanern gibt es aber keine Unterschiede außer dem, dass die Pakistaner einen islamisch-kulturellen Hintergrund haben.
In Frankreich wanderten in mehreren Schüben Polen, Juden, Chinesen und Vietnamesen ein. Sie hatten wirtschaftlichen Erfolg, integrierten sich problemlos und verschmolzen allmählich mit der Mehrheitsgesellschaft, ohne jemals staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Ganz anders die Probleme Frankreichs mit den arabischen Migranten insbesondere aus Algerien. Walter Laqueur vermutet: “Es muss in der geistigen Einstellung jener, die sich marginalisiert fühlen, etwas geben, das es ihnen erschwert, im Leben Erfolg zu haben.” (…) Die Journalistin Ingrid Kloepfer nimmt das Leben einer islamischen Importbraut namens Dilek als Beleg für die fehlende Integrationsbemühung der deutschen Gesellschaft: 27 Jahre alt, zehn Jahre in Deutschland, drei Kinder, fünf Jahre Dorfschule in der Türkei. Dilek kennt nur den Haushalt und kann kaum Deutsch. Was tat denn der amerikanische Staat für die Integration der einwandernden Deutschen, Juden, Iren oder Italiener? Die integrierten sich selbst, weil sie gar keine andere Wahl hatten, wenn sie nicht untergehen wollten. Da gab es keine Sozialhilfe für Importbräute. Die mangelnde Integration liegt an den Attitüden der muslimischen Einwanderer. Das möchte die gutmenschelnde Liberale Inge Kloepfer nicht wahrhaben, die mit aggressiven Unterton erklärt: “Die deutsche Ethnie wird auf lange Sicht vielerorts auf eine der großen Minderheiten schrumpfen. So wird es aussehen – ob es dem Notenbanker Sarrazin passt oder nicht.” In bestimmten Kreisen ist es inzwischen üblich geworden, bereits den empirisch begründeten Hinweis auf das Bestehen von Unterschieden zwischen ethnischen Gruppen mit dem Rassismusvorwurf zu belegen. Das ist eine sehr wirkungsvolle Art, Andersdenkende mundtot zu machen und das Ansprechen unerwünschter Sachverhalte mit dem Bann des politisch Unkorrekten zu belegen. In Deutschland funktioniert das aufgrund der Last der Geschichte besonders gut.

Quelle: Deutschland schafft sich ab von Dr. Thilo Sarrazin, 17. durchgesehene Auflage 2010, Seite 287-290.

Brain300  04.07.2023, 20:13

Tolles Zitat, guter Beitrag!

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rockthekrokodil  04.07.2023, 21:26
Die Kinder von Vietnam-Vertragsarbeitern aus der ehemaligen DDR machen sogar zu 80 Prozent Abitur und schneiden damit noch weitaus besser ab als die Deutschen

pardon, aber es ist -salopp und direkt gesagt- lächerlich, irgendwelche Parallelen zwischen dem System der DDR vor 1989 mit den dortigen Gastarbeitern plus deren Kindern zu jenen Ereignissen in Frankreich zu ziehen bzw. der Situation der dortigen Einwanderern. Willst du Vietnam mit den ehemaligen Kolonien von Frankreich gleichsetzen?

dieses unkommentierte und nicht in den Kontext gebrachte Zitat aus einem Buch ist komplett unpassend - meiner Meinung nach.

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rockthekrokodil  04.07.2023, 21:32
@BelfastChild
Sehe ich anders. Und das war ja auch bloß ein Beispiel von Sarrazin.

und genau diesen Zusammenhang, den du offenbar siehst, erklärst du nicht. "bloß ein Beispiel" ist genau das, was ich eben als "dieses unkommentierte und nicht in den Kontext gebrachte Zitat aus einem Buch ist komplett unpassend - meiner Meinung nach." bezeichne, da es eine Beleidigung für die Vietnamesen in der ehem. DDR und solche noch hier lebenden ist, mit den betroffene/beteiligte Personen in Frankreich verglichen zu werden, die dort aktuell (negativ) in der Presse sind.

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BelfastChild  04.07.2023, 21:34
@rockthekrokodil

Ich beleidige niemanden, sondern versuche aufzuzeigen, dass Zuwanderung nicht gleich Zuwanderung ist. Mit Asiaten aus Fernost oder Europäern wie Polen gibt es praktisch keine Probleme.

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Nein, dafür gibt es keine Rechtfertigung

Gewalt sollte niemals mit Gegengewalt beantwortet werden und Unrecht nicht mit Unrecht.
Tatsächlich ist hier aber rein gar nichts passiert, es ist grundlose Gewalt. Wenn jemand vor einer Polizeikontrolle flieht, dann hat er meist einen Grund (nämlich das er verhaftet würde wegen schwerer Verbrechen). In dem Fall schützt die Polizei Bürger in dem sie das verhindert und prüft wer da im Auto sitzt. Auch ein töglicher Schuss ist dabei unangenehm, aber nur die Reaktion auf illegales, kriminelles Verhalten.

Ja, der Zorn ist gerechtfertigt

Natürlich ist es gerechtfertigt, ohne den Protest würde das Morden weiter gehen und wohl auch schlimmer werden.

Manchmal ist so etwas eben notwendig um die Demokratie zu schützen sonst entwickelt sie sich zunehmend in eine Diktatur. Franzosen haben anscheinend dafür einen etwas schärferen Sinn als wir Deutsche und sind nicht so obrigkeitshörig.

Silicium58  04.07.2023, 13:29

Wenn dir als Unbeteiligtem das Geschäft geplündert und das Haus angezündet würde, schriebest du an Beiträge. Kreisch, Heul, Polizei.

Aber man könnte dir Zufriedenheit und Gleichmut bestimmt schnell zurückgeben, wenn dir die Täter erklärten, das sei nur im Kampf für Demokratie.

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Materianer  04.07.2023, 13:45
@Silicium58

Es geht nicht darum was bei diesen Protesten geschieht, die Frage war

Haltet ihr grundsätzlich den Zorn der Protestierenden allerdings für nachvollziehbar? 

Für mich ist dieser mehr als nachvollziehbar, es geht hier nicht nur um den Mord an einem Einzelnen sondern um die permanente diskriminierung von Menschen.

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Silicium58  04.07.2023, 13:50
@Materianer

Kann man Zorn und Taten wirklich trennen? Wo stünden dann Baader und Ensslin?

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euphonium  04.07.2023, 19:33
@Materianer

Du kannst aber das eine nicht vom anderen trennen. warum muss der "Protest" bzw. der Zorn auf dem Rücken von Unschuldigen ausgetragen werden? Ich glaube nicht, dass du als ein solcher Unschuldiger hier noch dieselben Sätze schreiben würdest.

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euphonium  04.07.2023, 19:29

Würdest du auch dann daselbe schreiben, wenn dabei dein Auto oder dein Haus brennen würde, obwohl du absolut nichts damit zu tun hast?

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