Problematisieren die antiken Autoren die Portraitmünzen Caesars?

1 Antwort

Von Experte Neugier4711 bestätigt

Anscheinend ist in erhaltenen Werken antiker Autoren kein ausdrücklicher Tadel genau an diesem Vorgehen enthalten.

Überliefert sind Vorbehalte gegenüber Ehrungen, die für übermäßig gehalten werden, und ihre Beurteilung als schlechtes Verhalten. Es hat also Vorwürfe allgemeiner Art in Bezug auf Ehrungen gegeben.

Das Porträt Caesars auf der Vorderseite von Münzen im Jahr 44 v. Chr., als er die Diktatur auf Lebenszeit antrat, ist eine Neuerung in der Münzprägung gewesen. Vorläufer sind Abbildungen lebender Triumphatoren auf Münzen gewesen: Gaius Marius, Lucius Vornelius Sulla, Gnaeus Pompeius. Bei ihnen wurde nicht ein Porträt abgebildet, sondern der Triumphator in der Quadriga. Gaius Iulius Caesar hat wahrscheinlich durch einen Senatsbeschluss das Recht zu einer Selbstdarstellung mit Porträt auf Münzvorderseiten bekommen. Nach Caesars Ermordung haben römische Politiker sich zu Lebzeiten im Porträt auf Münzvorderseiten darstellen lassen, sowohl Caesarianer als auch Caesarnörder, darunter Marcus Iunius Brutus (vgl. Cornelia Till, Die republikanischen Grundlagen der Ehrungen und der Selbstdarstellung Caesars. 1. Auflage. Göttingen : Cuvillier, 2003, S. 123 – 125).

Marcus Tullius Cicero hat in Briefen an seinen Freund Titus Pomponius Atticus den Festzug zu den Circusspielen im Juli 45 v. Chr. als für ihn bitter und abschreckend beurteilt und das römische Volk als höchst glänzend (populum vero praeclarum) gelobt, weil es wegen des üblen Nachbarn (malum vicinum) [Bildnis Caesars] nicht einmal dem Bildnis der Siegesgöttin Victoria Beifall geklatscht hat (Marcus Tullius Cicero, Epistulae ad Atticum 13, 44, 1). Über eine Ehrung Caesars, die ihm eine Statue im Tempel des römischen Gottes Quirinus (auch als vergöttlichter Romulus gedeutet) erlaubte und somit in den göttlichen Bereich hineinrückte, gibt es von Cicero die spöttisch scherzende Bemerkung, er wolle Caesar lieber als Tempelgenossen des Quirinus als der Salus [Göttin des Wohlergehens/der Gesundheit] (Marcus Tullius Cicero, Epistulae ad Atticum 12, 45, 2), und die Erwiderung zu einem Vorschlag eines Schreibens an Caesar, ob er [Atticus] nicht selbst sehe, dass jener Aristotelesschüler [Alexander »der Große«] von höchster Begabung und höchster Mäßigung, nachdem er zum König ernannt worden war, hochmütig, grausam und maßlos gewesen ist.  Ob er glaube, dass diese Festzugsfigur, Wohnungsgenosse des Quirinus, Freude an maßvollen Briefen Ciceros haben werde (Marcus Tullius Cicero, Epistulae ad Atticum 13, 28, 3).

Appian(os), Emphylia (griechisch: Ἐμφύλια; Bürgerkriege; lateinischer Titel: Bella civilia) 2, 106 [440 – 444] meint zu Ehrungen Caesars, sie seien, über Menschliches hinausgehend (ὑπὲρ ἄνθρωπον), zu seiner siegreichen Rückkehr nach Rom maßlos (ἀμέτρως) ausgedacht worden, um sein Gefallen zu gewinnen, und nennt dann eine Reihe von Ehrungen, aber nicht die Darstellung auf Münzen.

Plutarch(os), Caesar 57 meint, dass es zu übertriebenen Ehrungen kam und Caesar auch bei den sanftesten Leuten wegen der Masse und Ungewöhnlichkeit der Ehrenbeschlüsse verhasst und unangenehm wurde.

Sueton, Divus Iulius 76, 1 erzählt, es habe eine Einschätzung gegeben, dass Caesar seine Herrschaft missbraucht hat und zu Recht getötet worden ist. Dies wird damit begründet, dass Caesar nicht nur allzu große Ehrungen angenommen hat, sondern auch Beschlüssen zugelassen hat, die über eine menschliche Stellung hinausgingen. Er nennt einzelne Ehrungen, darunter Bildnisse neben Göttern, aber nicht die Darstellung auf Münzen.

Cassius Dio 44, 3 meint dazu, was die Ursache von Caesars Tod war, er habe sich nicht völlig schuldlos Anfeindung zugezogen, außer insoweit, dass die Senatoren selbst ihn durch die Neuheit und Übertreibungen der Ehrungen erhoben und stolz machten und ihn dann tadelten  und verleumdeten, wie gern er sie annahm und stolt wurde, denn auch Caesar beging Fehler, nahm einige der Beschlüsse an, weil er überzeugt war, sie zu verdienen, am meisten aber gingen die zur Beschuldigung weiter, die angefangen hatten, Caesar zu ehren als einen, der es verdient habe. Caesar habe nicht gewagt, alles zu verschmähen, um nicht für hochmütig gehalten zu werden, und konnte beim Annehmen nicht sicher sein. Denn ein Übermaß der Ehrungen und Lobpreisungen macht auch die sehr Besonnenen stolzer, besonders wenn diese wahrhaftig zu entstehen scheinen.

Cassius Dio 44, 4 zählt Ehrungen auf, darunter, ihn »Vater des Vaterlandes« (pater patriae) zu nennen und ihn (den Titel oder seine Abbildung als Porträt?) auf die Münzen zu prägen (Cassius Dio 44, 4, 4).

eine zusammenfassende Darstellung zu Ehrungen Caesars:  

Martin Jehne, Der Staat des Dictators Caesar. Böhlau : Köln ; Wien, 1987 (Passauer historische Forschungen ; Band 3), S. 191 - 220

Buccus2282 
Fragesteller
 16.12.2023, 10:01

Vielen herzlichen Dank für die große Mühe!

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