Pro und contra Argumente für eine Abschaffung von Religion?

16 Antworten

Grüß Dich Andorra5!

Ich kann dazu nur folgendes sagen:

Religion ist nicht abschaffbar und der Glauben muss sich an Vernunft, Wissenschaft, Philosophie (ganz allgemein gesehen) und am eigenen Erleben orientieren und eine Einheit bilden.

Begründung:

Es gibt keine allgemeingültige Definition für Religion. Es gibt nur
eine, die dem Begriff nahe kommt. Und zwar ist das die von Gustav
Mensching, die ich am Besten finde:

„Religion ist erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen“.

Da wäre aber noch zu klären, was heilig bedeutet:

Wikipedia:

Heilig bezeichnet etwas Besonderes, Verehrungswürdiges und stammt wortgeschichtlich von Heil ab, was sich abgeschwächt noch in heil („ganz“) wiederfindet. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist heilig ein im Zusammenhang mit Religion gebrauchter Begriff mit der zugedachten Bedeutung „einer Sphäre des Göttlichen, Vollkommenen oder Absoluten angehörig“, ...

Heilig muss aber nicht unbedingt ein Gott oder irgendwelche Götter
oder andere ähnliche Phänomene sein, sondern kann auch das Leben selbst sein, in der eine geheimnisvolle schöpferische Kraft wirkt,  welche sich durch Vielfalt in der Welt und im Universum ausdrückt und als besonders verehrungswürdig erlebt und angesehen werden kann.

Das was in Wikipedia als Heilig definiert wurde ist dann der Inhalt
von Religion, der Glaube.
Wenn also der Glaube dann mit der Realität
kompatibel ist, also Wissenschaft, Philosophie ganz allgemein und
eigenes Erleben eine Einheit eingeht, nur dann scheint mir Religion
dem Wesen des Menschen gemäß zu sein.

Die Kontrollinstanz ist dann die Vernunft.

Diese Art erlebnishafter Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen wird über den Glauben dann zum bestimmenden ethischen Maßstab und hat dann nichts mehr mit Gott (als traditionelle Auffassung) oder Göttern, Heiligen Schriften, strengen Regeln, Priestern und religiösen Dogmen zu tun.

Religion ist dann von diesen fesselnden Attributen befreit und bekommt eine neue andere zwangsbefreite Bedeutung, die wesentlich ehrlicher ist.

Zusatz, zur Klärung, was ein religiöses Gefühl überhaupt ist:

Religiös etwas zu fühlen, ist immer je auf den Einzelnen beschränkt und es kann nicht verallgemeinert werden, wann ein Gefühl religiös zu sein hat. Viele wissen überhaupt nicht was ein religiöses Gefühl ist, obwohl jeder dieses genau kennt. Es ist das Gefühl der Ergriffenheit.

Das Gefühl der Ergriffenheit als religiöses Gefühl kann nicht erzwungen oder gefordert werden. Es geschieht!

Es können Regentropfen in der Pfütze sein, das Vogelgezwitscher in den Bäumen, die Liebe, Kunst Wissenschaft, ein Sonnenaufgang, der
Wind in den Bäumen, Tiere, die Sterne, das Universum, die Schönheit und die Natur schlechthin oder sonst irgend etwas - usw. usw. usw. Das ist ganz individuell!

Die Welt und das Leben ist Vielfalt, ja alles was ist kann man
als durchdrungen von einer geheimnisvollen schöpferischen Kraft
erleben (Werden, Wandel, Sichentwickeln und Vergehen). Sie würde dann auch in Dir und Durch Dich wirken, denn als Mensch kannst Du ja auch schöpferisch tätig sein.

Victor Hugo, ein nicht mehr lebender französischer Schriftsteller, hat das Göttliche als religiöses Gefühl am Beispiel der Musik soausgedrückt:

"Musik drückt das aus, worüber man nicht sprechen kann, aber zu schweigen unmöglich ist."

Das trifft den Nagel auf den Kopf trifft natürlich auch auf alles andere zu, wenn wir ergriffen sind. Das Göttliche als ES ist die schöpferische Kraft und Du wärest nie getrennt von ihr, selbst dann nicht, wenn es Dir nicht bewusst sein sollte. Die Vielfalt des Seins in Dir intensiv zu erleben, heißt das
Göttliche ganz persönlich zu erleben. Nicht umsonst sagt man: Es (ES) hat mich ergriffen.

Indem Du Dich dem Leben und damit auch Dir intensiv zuwendest (Du
bist ja auch Leben) wird das Göttliche der zentrale Bestandteil Deines
Daseins, welches Du dann auch lebst.

Ein Spruch von Albert Schweitzer:

"Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will."

So wird das Leben zum eigentlichen Heiligen, was etwas ja wie bereits zitiert etwas Verehrungswürdiges, besonders zu Beachtendes bedeutet und an den Grund geknüpft ist, warum es etwas gibt und nicht nichts. Aus dem entspringst auch Du.

Mit einem Gott im Himmel hat das nichts zu tun.

Fazit:

Unter all diesen Gesichtspunkten kann Religion und Glaube daher nicht abgeschafft werden und schon gar nicht voneinander getrennt werden. Ich meine, wir sind in obigem Sinne von Natur aus religiös und glauben tun wir auch immer etwas. Nur der Glaube, der kann und muss in unzähligen Fällen verändert werden, wie bereits beschrieben

Herzlichen Gruß

Rüdiger

PWolff  18.11.2017, 11:17

Danke für deine ausführliche, durchdachte und wohltuend zurückhaltende Ausarbeitung!

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Religion gehört zu den Bereichen, in denen vieles weder beweisbar noch widerlegbar ist. Gleichzeitig sind darin aber auch viele Aussagen enthalten, die sich gegenseitig ausschließen oder die reine Zirkelschlüsse sind.

Eine generelle Abschaffung von Religion ist weder möglich noch sinnvoll. Letzlich entsteht Erkenntnisfortschritt auch und gerade dadurch, daß beständig über bislang nicht Erfaßbares nachgedacht wird und nach Wegen gesucht wird, dennoch der Sache näher zu kommen.

Was Not tut ist, aus Religionen alles das zu entfernen, was offensichtliche Zirkelschlüsse sind und Aussagen, die sich gegenseitig ausschließen, weil ein Beibehalten den Verstand der Gläubigen beschädigt und so nachhaltig verhindert, daß Gläubige zu einer brauchbaren Logik gelangen können.

Religiöse Glaubensinhalte wirken sich nicht nur auf den Bereich aus, der landläufig als religiöses Denken bezeichnet wird, sondern mehr oder weniger auch auf diverse andere und zum Teil auch sehr wichtige Lebensbereiche.

Gedankenkomplexe sind m. E. mit Systemroutinen eines Computers vergleichbar. Diese Routinen werden von diversen Programmen aufgerufen, und wo eine dieser Routinen fehlerhaft ist, daß ist zwangsläufig auch das zurückgelieferte Ergebnis fehlerhaft und führt zu einem Schaden.

In der milden Form kann es passieren, daß jemand deshalb nicht auf seinem Arbeitsplatz erscheint, weil ihm auf dem Weg dorthin eine schwarze Katze über den Weg gelaufen ist.

In krasser Form kann es aber auch passieren, daß ein wichtiges Gesetz nicht verabschiedet wird, weil jemand, auf dessen einzelne Stimme es ankommt, meint, daß ein Gott es nicht will, oder - was noch schlimmer wäre, daß ein unethisches Gesetz verabschiedet wird, weil da Politiker sind, die aus vernunftfreiem Unsinnsglauben heraus meinen, damit einem frei erfundenen Gott dienen zu müssen.

Doch wollte man ernsthaft darangehen, nachgewiesenen Unsinn aus Religionen zu entfernen, dann entstünden schlagartig diverse neue und möglicherweise unlösbare Probleme, weil es bei genauer Betrachtung nicht bloß um Religion geht, sondern ganz allgemein und bereichsübergreifend um Gemische aus sinnhaltigen und unsinnigen Überzeugungen schlechthin.

Mitbetroffene Bereiche wären da sämtliche esoterischen Dingen, Homöopathie, Nebenbereiche der Psychologie, Teile des Wirtschaftsmanagements, politische Ismen usw. usw.

Weiterhin gibt es nicht nur ein Weltbild, sondern es gibt viele davon, auch wenn das physikalische materielle Weltbild überwiegt. Weil unterschiedliche Weltbilder in sich selbst durchaus logisch sein können, aber auch unterschiedliche Bedingungen enthalten, die in anderen Weltbildern so nicht gegeben sein müssen, zeigt sich darin ein weiteres Problem, das Unlösbarkeiten nach sich zieht.

Weil Menschen generell so sind, wie sie sind, und nicht so, wie man sie vielleicht gerne hätte, bleiben Überlegungen zur Abschaffung und/oder zur Korrektur von Glaubensinhalten notgedrungen rein hypothetische Überlegungen, die nicht umsetzungsfähig sind.

Unsortiert:

Contra: Wie willst Das technisch umsetzen? Was bedeutet das überhaupt?

Contra: Rechtslage (vgl. andere Antworten)

Pro: Keiner sollte irgendwelche Positionen ohne Fakten und Beweise glauben. Religionen sind die Antithesen zu Wissenschaft und Vernunft.

Pro: Im Namen von Religionen werden Menschen radikalisiert, was zu Kriege führt.

Contra: Religionen können zu frieden und Brüderlichkeit aufrufen.

Pro: Viele Religionen sind Antidemokratisch, denn manche Persönlichkeiten würden die Wahrheit kennen oder interpretieren (Priester besonders Päpste oder Ajatollahs).

etc. pp.

Man kann Religion nicht abschaffen, man kann die Institutionen abschaffen aber nicht die Religionen, wie soll das gehen? Eine Diskussion darüber ist absurd.

Religionen sind Weltanschauungen, Überzeugungen, Ideologien, wie willst du etwas abschaffen, das nur in den Köpfen der Menschen existiert? Alle köpfen?

Religion kann man nicht abschaffen, denn man kann Gedanken nicht abschffen oder abstellen. Und Sinnvoll ist es auch nicht weil Religion auch durchaus positive Effekte haben kann. So beruht unser Wertesystem auf Chrislichen Grundlagen. Aber man Ihnalte von Religion diskutieren und sehen was richtig uns was falsch ist.

Hegemon  18.11.2017, 11:15

"So beruht unser Wertesystem auf Chrislichen Grundlagen. "

Quatsch! Das christliche Wertesystem basiert auf humanistischen Grundlagen, und die sind älter. Die gab's nämlich mindestens schon in der Antike, als an den jüdischen Wanderprediger noch gar nicht zu denken war. Zudem sind sie universal und keineswegs auf irgendeine alberne Religion beschränkt.

Der kirchliche Alleinvertretungsanspruch in Sachen Ethik und Moral ist anmassend. Daran ändert sich auch nichts, wenn regelmäßig gelogen wird, unser Wertesystem würde auf christlichen Grundlagen basieren.


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vonGizycki  18.11.2017, 11:29

So beruht unser Wertesystem auf Christlichen Grundlagen.

Das muss hinterfragt werden. Die antiken griechischen Philosophen sind da viel eher zu nennen. 

3 Beispiele von unzählig vielen. A meisten aussagekräftig ist Aristoteles. Was der niedergeschrieben hat, an dem kommt auch heute eigentlich keiner vorbei. Und das war sehr lange vor dem Christentum!

"Zwei Dinge sind's, worauf alles menschliche Wohlergehen und Gelingen beruht. Das eine von ihnen besteht darin, daß Zweck und Ziel des Handelns richtig gesetzt ist, das andere darin, daß das zum Ziele führende Handeln gefunden wird."

Aristoteles

(384 - 322 v. Chr.)

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"Die schlechten Gewohnheiten wollen wir wie schlechte Menschen, die uns lange Zeit sehr geschadet haben, vollständig vertreiben."

Epikur von Samos

(341 - 271 v. Chr.)

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"Der Kluge lernt aus allem und von jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß alles besser."

Sokrates

(470 - 399 v. Chr.), griechischer Philosoph

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