Numerus des Prädikats bei zwei substantivischen Subjekten, die mit “und/oder” verbunden sind?
Betrachten wir den Satz:
Wenn wir die Funktion f( x, y) berechnen, werden in den rekursiven Aufrufen die gesamte Anzahl der Knoten in x und y und/oder die Länge der Sequenz x mit jedem Schritt kleiner.
Also ... werden? Oder doch wird?
Natürlich ist "A und/oder B" nicht standardsprachlich, bedeutet aber so viel wie "A oder B oder beides". Dies lässt die Frage jedoch nicht weniger spannend werden.
Laut [Helbig/Buscha 2013, §14] müsse man bei Konjunktionen (erst einmal ohne nähere Bestimmung, um welche Konjunktionen es sich dabei handelt) das finite Verb in den Plural setzen:
Die Mutter und das Kind warteten auf dem Bahnsteig. Er und seine Frau waren im Urlaub.
Bei disjunktiven Konjunktionen stehe das Verb meist in Singular, es komme jedoch auch der Plural vor:
Er oder sie geht heute einkaufen. Der Bruder oder die Schwester fährt in die Stadt. Zu der Feier kommen der Rektor oder ein Prorektor.
Also was tun bei "und/oder"? Bitte begründen!
Das Ergebnis basiert auf 9 Abstimmungen
4 Antworten
Die Kongruenz zwischen Verb und mehrteiligen Subjekten ist ein komplexes Thema, das leider vor allem mit Sprachgefühl zu tun hat und nicht in feste Regeln gegossen werden kann.
Bei oder-Verknüpfung steht das Verb meistens im Singular.
Im Zweifelsfall entscheidet die Logik des Satzes. Hier würde ich zum Singular tendieren, denn der Oder-Anteil dominiert. Der Satz entspricht eigentlich "wird in rekursiven Aufrufen die Anzahl geringer oder die Länge wird kleiner".
Näheres findest du hier: http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Wort/Verb/Numerus-Person/ProblemNum.html
Das ist eine gute Antwort. Für mich dominiert gefühlsmäßig der und-Anteil, daher habe ich mich für den Plural entschieden.
Sobald mehr als einer fährt, wartet, kommt, geht oder was auch immer, ist es Mehrzahl. Also fahren, warten, kommen, gehen.
Ein Rektor und ein Prorektor sind zusammen zwei Personen. Zwei sind bekanntlich mehr als einer. Demnach kommen sie zur Feier. Plural.
»Zu der Feier kommt der Rektor oder der Prorektor.« Es kommt nur einer. Singular.
Gruß Matti
Ich lese den Satz so: Wenn wir (etwas tun), werden in den rekursiven Aufrufen a) [die gesamte Anzahl der Knoten in x und y] und/oder b) [die Länge der Sequenz x] mit jedem Schritt kleiner.
Ich verstehe die Antwort nicht. "kommt ... oder der" ist also was anderes als "kommen ... oder ein"? Mein OP bezog sich auf wird vs. werden. Alles andere sind Beispiele, die wir als korrekt annehmen.
Mein OP bezog sich auf wird vs. werden.
Klarer als latricolore kann ich es Dir auch nicht erklären. Um die Grammatik zu erklären, kann man den Satz auf das erforderliche Maß verkürzen. Dann wird es möglicherweise übersichtlicher und verständlicher.
- "Wenn wir die Funktion berechnen, wird die Anzahl der Knoten kleiner."
Es ist nur eine Anzahl und auf dieses Wort bezieht sich das Verb "werden". Demnach muss es "wird" heißen.
Was ist daran unklar? 🤯
- Zu der Feier kommen der Rektor und der Prorektor. Beide haben Probleme mit den Bandscheiben. Wir brauchen also 2 ergonomisch geformte Stühle.
- Zu der Feier kommt der Rektor oder der Prorektor. Wenn der Rektor kommt, muss unbedingt "Duckstein Original" da sein. Der Prorektor dagegen trinkt nur "Jever Pils". Also am besten noch mal nachfragen, wer von beiden denn nun kommt!
Jetzt klarer? 😜
Es sind hier zwei handelnde Personen: die Anzahl und/oder die Länge. http://m.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-wenn-du-und-er-wollt-a-554565.html
https://www.deutschplus.net/pages/Schwierigkeiten_bei_der_Kongruenz
Zu und/oder steht da zwar auch nichts, ich meine aber, das "und" schlägt das "oder"
Die Regel ist nicht allgemeingültig; siehe das Rektor-Beispiel.
Herr Sick behandelt im Zwiebelfisch nur Pronomen. Da gelten andere Regeln als bei Substantiva. (Helbig/Buscha behandeln Pronomen getrennt.)
Wenn wir die Funktion f(x,y) berechnen, werden in den rekursiven Aufrufen die gesamte Anzahl der Knoten in x und y und/oder die Länge der Sequenz x mit jedem Schritt kleiner.
Die Anzahl (Singular!) wird kleiner.
Über korrekte Grammatik kann man nicht abstimmen. Ist keine Sache der persönlichen Meinung.
Mit der gleichen Logik hättest du gesagt, "der Rektor (Singluar!) kommt". Aber siehe da, wenn ein "oder ein Prorektor" auftaucht, änder sich der Numerus...
was willst du?
Ich würde sagen, er oder sie will Verwirrung stiften oder einfach nur einen Streit vom Zaun brechen. Es gibt Menschen, die haben an so etwas Spaß.
Es gibt Leute, die im Grunde gar keine Antwort haben wollen, zumindest keine, die ihrer Meinung widerspricht.
Eben: "die Anzahl" steht näher am Verb.
Steht hier allerdings ein Subjektteil im Plural, so richtet sich das Verb nach dem Teil, dem es am nächsten steht.
https://www.duden.de/sprachwissen/newsletter/Duden-Newsletter-060513
Siehe auch:
Wenn's so wie beim deutschplus beschrieben der Fall wäre, so hättest du kein Rektor-Beispiel. Was den Duden angeht, so ist Duden's Aussage "Plural außer in einem der folgenden Fälle" und listet es viele Fälle auf, wo Singular zutrifft.
Unter welchen der Fälle aus https://www.duden.de/sprachwissen/newsletter/Duden-Newsletter-060513 fällt denn der Satz mit "werden/wird"?
Es sind zwei: die Länge der Knoten und die Länge der Sequenz. Beide tun was. Im Plural.
Die Knoten und die Sequenzen sind hier unerheblich. Wann hast Du das letzte Mal »Die Anzahl werden ...« gesagt oder geschrieben?
Wenn es Anzahlen gäbe (ich kenne nur das Verb »anzahlen«), wäre »werden« richtig. Es gibt aber keinen Plural von Anzahl.
Ich lese den Satz so, dass sich manchmal die Anzahl von x und die Länge von y verlängern. Manchmal verlängert sich aber nur eins: die Anzahl von x *oder* die Länge. Da es ein "und/oder" ist, würde ich persönlich den Plural bevorzufen, schließlich sind es zwei Varianten.
Wenn wir (etwas tun) ,werden in den rekursiven Aufrufen a) [die gesamte Anzahl der Knoten in x und y] und/oder b) [die Länge der Sequenz x] mit jedem Schritt kleiner.
... werden in den rekursiven Aufrufen ...
Absolut richtig! Hier bezieht sich »werden« auf den Plural von »Aufruf«. Deshalb muss es »werden« heißen. Das ist in dem Satz des Fragestellers aber anders.
"Ich würde sagen, er oder sie will Verwirrung stiften oder einfach nur einen Streit vom Zaun brechen. Es gibt Menschen, die haben an so etwas Spaß."
- Ach so. Nee, ist klar.
Das war mein Eindruck, nachdem ich seine ersten Kommentare unter der Antwort von latricolore gelesen hatte. Selbstverständlich kann ich mich geirrt haben.
Jo klar immer auf Krawall :-) lol, gg, rofl.
spanferkel14 einfach igronieren; evtl. beruhigt er sich mal.
Warum meinst du, dass das und/oder wie ein oder funktioniert und nicht wie ein und? Für mich fühlt es sich wie ein erweitertes "und" an.