Welche Erfahrungen habt ihr mit einem Studium in Mathematik?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich habe Mathematik studiert, allerdings nicht für einen Bachelor, sondern noch für ein Diplom. Das würde in etwa einem heutigen Masterstudium entsprechen.

Mathematik ist vor allem ... anders. Aufgrund meiner schulischen Leistungen (ich bin im Leistungskurs nur selten über die 12 Punkte hinaus gekommen) habe ich mir ein Mathematikstudium nicht wirklich zugetraut. Ausserdem interessierten mich die gerade aufkommenden Computer. Ich hatte mir von meinem Konfirmationsgeld einen Elektor Junior Computer gekauft und das Umgehen mit diesem Gerät und dem Apple II in der Schule faszinierten mich. Also habe ich ein Studium der Informatik angefangen.

Wir hatten in den ersten Semestern die gleichen Vorlesungen in Mathematik wie die Studierenden der Mathematik. Und ich muß zugeben, dass ich die Lösung von nahezu jedem Übungsblatt von anderen Kommolitonen, die besser als ich waren, abschreiben mußte. Aber ich habe immer darauf geachtet dass ich die Lösung dann auch wirklich verstanden hatte. Konsequenz: Ich habe tatsächlich alle Klausuren auf Anhieb bestanden, während einer derjenigen von denen ich abgeschrieben habe tatsächlich durch eine der Prüfungen durchgefallen ist. Das hat mein Selbstbewußtsein in Mathematik deutlich gestärkt. Dazu wurde Informatik immer ... langweiliger. Das einzige Gebiet was mich wirklich interessierte war theoretische Informatik, und das durfte ich nicht vertiefen wenn ich gleichzeitig bei Mathematik als Nebenfach bleiben wollte. Konsequent habe ich dann mein Studienfach gewechselt und bin am Ende bei Mathematik gelandet.

Was unterscheidet Mathematik von allen anderen Studiengängen? Die mathematische Sprache. Sie ist exakt und unmissverständlich. Aber sie ist auch brutal in der Hinsich, dass sie Menschen die sich nicht auf sie einlassen wollen vom Verständniss schlicht ausschließt. Wer lernt sich in dieser Sprache zu bewegen und sie fort zu entwickeln wird mit ihr viel Freude haben. Wer dies jedoch nicht schafft, wird scheitern.

Die Entscheidung für ein Studium der Mathematik war möglicherweise eine der besten meines Lebens. Ich habe nicht nur die "Studienwelt" genossen, sondern auch die tiefen Einblicke die ich in die Welt der Mathematik gewinnen durfte, auch wenn ich nicht gut genug war, um dies weiter zu treiben.

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mag dir helfen, die Sprache der Mathematik kennen zu lernen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl.Math.

Ist das Mathematikstudium sehr schwierig? Tja, das kommt drauf an. Ich fand es schon anspruchsvoll und manchmal anstrengend, aber letztlich zu schaffen. Ein Sportstudium hätte ich schwieriger gefunden.

Man kann das so allgemein nicht sagen. Wenn man Spaß am Knobeln hat und man mathematische Sachverhalte im Allgemeinen gut und schnell versteht, dann ist es nicht sehr schwierig, aber jeder, der Mathematik studiert, wird ab und zu denken, dass er das jetzt wirklich nicht schafft. Da muss man durch. Und das geht auch.

Es ist eben überhaupt nicht mit der Schulmathematik zu vergleichen. Du rechnest längst nicht mehr so viel (wobei: gerade in den ersten Semestern rechnest du schon noch oft irgendwelche Aufgaben durch, aber das dient nur dazu, bestimmte Verfahren zu verstehen, die Aufgaben an sich sind egal), du musst lernen, Dinge mathematisch exakt aufzuschreiben, du musst beweisen können, du musst einschätzen können, was du gerade beweisen musst und was du voraussetzen kannst usw. usw.

Und es geht gerade am Anfang rasend schnell. Das Tempo in der Oberstufe ist nix dagegen. Innerhalb der ersten paar Wochen fliegt dir quasi die gesamte Oberstufenmathematik einmal links und rechts um die Ohren, auf verallgemeinerter abstrakter Ebene. Und all die Dinge, von denen du dachtest, dass du sie schon längst verstanden hast, werden dir plötzlich ganz neu und anders präsentiert.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl.-Math. :-)

es ist bestimmt schwer. habe irgendwo gelesen, dass nur 2% so ein studium schaffen. aber ob das stimmt?

ChrisGE1267  16.10.2023, 21:07

2% sind etwas wenig - ich denke, 20% sind realistisch. Von den 180 Anfängern bei uns wurden etwa 40 diplomiert, und neben mir haben 4 weitere mit Promotion abgeschlossen…

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ChrisGE1267  16.10.2023, 21:12
@katzimausi123

Ich habe als Manager für einige US-Investmentbanken in London gearbeitet und exotische Finanzderivate für institutionelle Grosskunden strukturiert und verkauft - Investment-Banking ist Mathematik vom Feinsten, da müssen zum Teil die ganz grossen Geschütze aufgefahren werden…

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katzimausi123  16.10.2023, 21:19
@ChrisGE1267

Uff. also puts und calls? Wie habt ihr die bepreist? Bestimmt computer-gestützt und mit den griechen? oder black and schoals?

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ChrisGE1267  16.10.2023, 21:21
@katzimausi123

Put und Calls sind die Basics - wir haben Hybridprodukte Aktienindizes Best of mit Höchsstandssicherung/CMS-Spreads und Ähnliches gemacht…

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katzimausi123  16.10.2023, 21:27
@ChrisGE1267

klingt interessant.... welche programmiersprache kannst du? hast du die im mathestudium gelernt? kannst du es dir einfach merken oder hast du ein problem und suchst dann einfach nach einer lösung :-) würde mich interessieren...

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ChrisGE1267  16.10.2023, 21:31
@katzimausi123

Im Mathestudium haben wir in Fortran 77 programmiert, das war noch in den 1980ern - während meiner Bankzeit habe ich, als ich noch selbst strukturiert habe, in Borland C++ programmiert, das musste ich mir neben der Arbeit selbst aneignen…

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katzimausi123  16.10.2023, 21:33
@ChrisGE1267

kannst du es richtig gut? wie lange hast du gebraucht, bis du es meisterhaft konntest? wieviel zeit hast du investiert in stunden?

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ChrisGE1267  16.10.2023, 21:41
@katzimausi123

Ich bin kein wirklich guter Programmierer, da ich von Hause aus reiner Mathematiker bin mit Schwerpunkt algebraische Zahlentheorie, elliptische Kurven & Modulformen sowie Langlands-Programm. In meiner Anfangszeit im Bankwesen hab ich mir die notwendigen Programmierkenntnisse in etwa 3 Monaten angeeignet, später hatte ich dann Leute, die das erledigt haben, weil ich mich um die Ideen zur Entwicklung neuer Produkte in Zusammenarbeit mit den Kunden kümmern musste…

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katzimausi123  16.10.2023, 21:56
@ChrisGE1267

cool. du hast also das basiswissen gehabt um mit den programmierern eine sprache zu sprechen.... :-) wie bist du zum mathestudium gekommen? warst du darin schon immer gut? oder hast du es einfach mal versucht?

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ChrisGE1267  16.10.2023, 22:02
@katzimausi123

Ja, war immer gut in Mathematik und wollte schon zu Schulzeiten Zahlentheorie machen - der Weg allerdings dorthin, endlich mal Zahlentheorie machen zu können, war lang. Um das machen zu können, braucht man wirklich eine Menge Grundwissen…

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Florabest  16.10.2023, 21:07

Na das kann doch nicht stimmen. 50% sind die allgemeinen bekannte Zahl.

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Rubezahl2000  16.10.2023, 21:16
dass nur 2% so ein studium schaffen

Diese Aussage macht mathematisch nicht viel Sinn, denn es fehlt die entscheidende Info 2% wovon?
2% aller Mathe-Studenten? Das stimmt nicht. Ungefähr 30-40% aller Mathe-Studenten schaffen das Studium

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katzimausi123  16.10.2023, 21:26
@Rubezahl2000

ja, denke habe sowas irgendwo mal gelesen. kann mich aber auch täuschen. 2% der bevölkerung tragen einen doktortitel. (keine garantie)

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Rubezahl2000  16.10.2023, 21:38
@katzimausi123

Wieviel % der Bevölkerung einen Doktortitel haben, das ist ja eine Tatsache und das lässt sich ja feststellen.

Aber wieviel % aller Studenten ein Mathe-Studium schaffen würden, wenn sie es versuchen würden, das kann niemand wissen. Das ist reine Spekulation, denn die meisten Studenten studieren kein Mathe.
Dafür kann es keine zuverlässigen Statistiken geben.

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Es ist ungewohnt, da es im Studium nur noch um Beweise von Sätzen und Theoremen geht - Rechnen wie in der Schule ist dabei eigentlich eher Nebensache. Auch die Exaktheit, mit der jede Kleinigkeit formuliert und nachgewiesen wird, wirkt zunächst fremd. Schliesslich ist das Abstraktions-Niveau unglaublich hoch. Wir haben bspw. im ersten Semester nicht mit eindimensionaler Analysis, sondern mit Banach-Analysis angefangen - die eindimensionale Differentialrechnung wurde in den Übungen abgehandelt - m.E. war das ein Verbrechen an den Studenten. Ich hab mich von dem Schock erst nach dem dritten Semester erholt, bis dahin war es ein Kampf…

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – PhD Analytische & Algebraische Zahlentheorie

Ich studiere Informatik was zu 80% Mathe ist (aber eben mit Bezug zu Technologie).

  • Du solltest Mathe nicht hassen, musst es aber auch nicht lieben - es ist ein Werkzeug
  • Du musst jede freie Minute lernen oder fast gar nicht, das ist bei jedem Student unterschriedlich
  • Ich bin einfach fasziniert davon, was man damit machen kann - insbesondere im Bereich Robotic & KI
  • Es ist nicht wie Schulmathe - das merkt man direkt am Anfang. Bei uns geht es sehr um formale Beschreibungen und Beweise
  • Ich werde nicht mehr über den Inhalt sagen, Guck einfach Videos auf YouTube an
  • Es fällt mir schwierig. Aber es gut zum Glück ChatGPT (obwohl man da aufpassen muss) und einen Ort an meiner Hochschule wo Leute dafür bezahlt werden einem zu helfen
  • Wie schwer es dir fallen würde, kann niemand sagen. Mir fällt es schwer aber ich habe nicht das Gefühk etwas unmöglich zu lernen