Können flugunfähige Vögel nicht mehr, oder noch nicht fliegen?

5 Antworten

Ausnahmslos alle heute lebenden Vogelarten stammen von einem gemeinsamen flugfähigen Vorfahren ab. Die rezenten (heute lebenden) flugunfähigen Arten haben die Fähigkeit des Fliegens deshalb sekundär wieder verloren. Das ist innerhalb der Vögel mehrfach und unabhängig voneinander passiert. Übrigens nicht erst in jüngster Zeit. Schon in der Kreidezeit gab es mit den Vertretern der Hesperornithiformes Vögel, die sekundär wieder flugunfähig geworden sind. Gattungen wie Hesperornis führten eine ähnliche Lebensweise wie die heutigen Pinguine (Sphenisciformes).

Warum Vögel die Fähigkeit des Fliegens wieder aufgegeben haben, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Im Fall der Pinguine und der Galápagos-Scharbe, ein Verwandter unseres heimischen Kormorans, ist es als Anpassung an eine marine Lebensweise zu verstehen. Mit Flügeln lässt es sich im Wasser schlecht schwimmen, gleichzeitig bietet ein leichter zum Fliegen gemachter Körper im Wasser viel zu viel Auftrieb. Pinguine haben deshalb sogar die Leichtbauweise ihrer Knochen aufgegeben und haben als einzige Vogelgruppe massive, schwere Knochen entwickelt, die für ordentlich Ballast beim Tauchen sorgen.

Andere Vogelarten haben das Fliegen aufgegeben, weil sie auf Inseln leben. Besonders viele flugunfähige Vogelarten gibt es z. B. auf Neuseeland, u. a. den Kakapo (ein leider vom Aussterben bedrohter Vertreter der Papageien), die Kiwis, die Takahe und die Weka-Ralle. Möglich wurde dies dadurch, dass Inseln oft frei von Räubern sind. Viele dieser Vogelarten sind deshalb auch Bodenbrüter, weil es auf Inseln nur selten Nesträuber gibt. Gerade deshalb sind viele dieser Arten durch Einschleppung von Räubern wie Mardern und Ratten heute so stark bedroht.
Generell kann Flugunfähigkeit auf Inseln vorteilhaft sein. Diese sind ja zumeist rundherum viele hunderte von Kilometern vom nächsten Land entfernt. Ein Vogel, der fliegen kann, wird leicht bei einem Sturm von seiner Insel mitten aufs offene Meer verfrachtet und würde dann ertrinken, weil er es aus eigener Kraft nicht mehr bis zum nächsten rettenden Ufer schafft. Deshalb sind auf Inseln oft auch viele Insektenarten sekundär wieder flugunfähig geworden.

Die großen Laufvögel wie der Strauß in Afrika, die beiden Nandu-Arten in Südamerika oder die in Ozeanien vorkommenden Emus und Kasuare sind aufgrund ihres Riesenwuches wieder flugunfähig geworden. Sie sind zum Fliegen schlicht zu schwer. Die Grenze des physiologisch Machbaren liegt hier bei einem Gewicht von etwa 20 kg und wird beispielsweise von Schwänen oder Großtrappen schon nahezu ausgereizt. Sehr viel größer kann ein Vogel nicht werden, wenn er noch fliegen können will. Aber die Flügel können den "Laufvögeln" trotzdem noch nützlich sein. Strauße verwenden sie z. B., um damit die Balance beim Laufen zu halten, setzen sie bei der Abwehr von Feinden oder bei der Balz ein.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Nicht mehr. Für ihre Lebensart was das nicht mehr nötig. Der daraus resultierende Körperbau war teilweise sogar negativ. Glaubst Du ein normaler Vogel hat es gut am Polarkreis? Das haben Pinguine schon ganz gut gemacht

Ersteres. Die Flugfähigkeit ist bei Vögeln nur genau einmal entstanden, ist aber viele male unabhängig voneinander verlorengegangen, unter anderem bei Pinguinen, vielen Rallen, den von dir genannten "Laufvögeln" und mehreren fossilen Vogelfamilien.

Wie oft genau die Flugfähigkeit verloren wurde, kann man nicht genau sagen, weil an vielen Stellen noch unklare Verwandtschaftsverhältnisse bestehen, z.B. zwischen den flugfähigen Steißhühnern und den flugunfähigen Laufvögeln. Möglicherweise sind Steißhühner enger mit manchen Laufvogelfamilien (z.B. Kiwis und Emus) verwandt als mit anderen (Straußen), was bedeuten würde, dass auch die Laufvögel mehrfach unabhängig voneinander das Fliegen verlernt haben müssen.

Der überwiegende Teil der damit beschäftigten Naturwissenschaftler, so auch ich, sind der Meinung, dass die heute flugunfähigen Vögel dies erst nachträglich geworden sind.

Sie leiten sich wahrscheinlich von flugfähigen Ahnen in ihren Stammbäumen ab.

Mit besten Grüßen

gregor443

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Sie MUSSTEN nicht mehr fliegen können, um Feinden zu entkommen. Sie haben ihre Flugfähigkeit im Laufe der Evolution verloren. Wäre das damals lebensbedrohlich gewesen, hätte keine dieser Mutationen überlebt. Aber unter den damaligen lokalen Bedingungen kamen diese Vögel offenbar auch ohne Flügel klar und daher gibt es sie noch.

Wenn dann in ihrem Lebensraum allerdings durch den Menschen Tiere eingeführt werden, die Jagd auf diese Vögel machen, siehts schlecht aus.

Maldweister74 
Fragesteller
 11.07.2020, 15:28

Interessant. Ich war mal auf einem Ausflug in einem Wildvogelpark, dort waren die Vögel in recht kleinen Gehegen untergebracht und jemand fragte, ob das artgerecht wäre, weil sie da ja nicht fliegen könnten. Ein Angestellter sagte, dass Vögel nur fliegen, wenn es dafür eine Notwendigkeit gibt. Ich wollte das damals nicht glauben.

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