Kennt ihr ein Gedicht über den Wald im Winter?

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Oder das:

Wintertag

 

Es kracht der Schnee, der Wagen knarrt,

mit langen Zapfen steht und starrt

der Tannenwald so silberweiß,

die Zweige dicht behängt mit Eis.

Es flimmt und flirrt, es blinkt und blitzt;

die langen Zapfen wohlgespitzt,

die feinen Nadeln ohne Zahl,

sie funkeln hell im Sonnenstrahl.

Der schwarze Rabe tappt im Schnee;

Die Kälte tut ihm gar nicht weh.

Der arme Sperling seufzt und denkt:

O wär´ ein Körnlein mir geschenkt!

Ein einzig´ Körnlein such´ ich nur

vergebens auf der Winterflur.

An´s Fenster pickt sein Schnäblein fein;

O macht ihm auf und lasst ihn ein!

Wie blinkt die Abendsonne schön!

In weißem Dampf die Hügel steh´n;

Schon dunkel wird der lichte Wald,

der Mond am Himmel glänzet bald.

Der schöne Tag vorüber ging,

der Mond sein helles Licht empfing;

mit Sternlein füllt der Himmel sich:

Herr Gott, Herr Gott,wir loben Dich!

 

(Hermann Kletke1813-1886)

Vielleicht dieses:

Winternacht Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinenTritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fortgeschritten!
Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
Den Zweig zurück zur Erde richten.
Frost! friere mir ins Herz hinein,
Tief in das heißbewegte, wilde!
Dass einmal Ruh mag drinnen sein,
Wie hier im nächtlichen Gefilde!
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Dort heult im tiefen Waldesraum
Ein Wolf; – wie’s Kind aufweckt dieMutter,
Schreit er die Nacht aus ihremTraum
Und heischt von ihr sein blutig Futter.
Nun brausen über Schnee und Eis
Die Winde fort mit tollem Jagen,
Als wollten sie sich rennen heiß:
Wach auf, o Herz, zu wildem Klagen!
Lass deine Toten auferstehn
Und deiner Qualen dunkle Horden!
Und laß sie mit den Stürmen gehn,
Dem rauhen Spielgesind aus Norden!

Nikolaus Lenau (1802-1850)

 

Zwar sehr schön, aber passt wohl nicht so ganz:

Im Nebel Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.
 
Voll von Freunden war mir die Welt
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.
 
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.
 
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Hermann Hesse