Jiu Jitsu; abrollen?

5 Antworten

TEIL1:

Diese verschiedenen Rollen gehören zu Beginn jedes Trainings zur sogenannten Fallschule und zum Aufwärmen. Du musst sie für bestimmte Techniken aus jedem Stand, jeder Situation und Lage beherrschen, weil die Techniken des Jiu Jitsu oft viel "Power" entfalten und die Rollen die hier entstehenden Kräfte "entschärfen" und umleiten. Sie verhindern Verletzungen und befähigen Dich, z.B. aus einer Fall-Situation in einer fleißenden Bewegung vor oder hinter dem Gegner wieder in einen guten Stand zu kommen, Dich sehr schnell vom Gegner weg zu bewegen, ohne dass er Dich greifen kann - oder aus der Rolle heraus z.B. seine Beine wegzufegen oder ihn ganz in die Rolle mitzunehmen und danach über ihm zu sein oder ihn im Haltegriff am Boden zu haben.

Wenn Du von einem größeren Gegner angehoben und über dessen Schulter oder Kopf geschleudert wirst, leitet er zwar Deinen Fall an Deinem Ärmel (den er hoffentlich nicht loslässt! ;-)) mit - den Aufprall auf dem Boden abzufangen ist aber Deine Aufgabe. Einen Stau in der Lunge bei einem solchen Aufprall verhinderst Du mit einer Atemtechnik, die man Dir zeigen wird - und aber auch, indem Du Deinen Fall mitsteuerst, auf die Seite fällst und mit dem Arm sozusagen "abschlägst" und dabei einen Teil des Schwungs abfängst.

Die Rollenübungen ohne Partner imitieren auch den Schwung und das Tempo, das mit dem man z.B. bei Würfen oder Überschlägen händeln muss: Hierbei kann gezielt trainiert werden, wie man diesen Schwung ohne Verletzungen auch z.B. auf hartem Boden abfängt oder wie man in der Bewegung bleibt, die der Gegner einem "aufzwingt" und diese nutzbringend weiterführt. Mit diesen speziellen Rollen leitest Du diese Energie aus, die Dich ansonsten verletzen würde, und nutzt sie z.B. in einer Rolle rückwärts und weiter, um dann in einer einzigen Bewegung nach aus der Rückwärtsrolle aufzustehen, und sofort in festem Stand in Kampfstellung zu gehen. Dies funktioniert vorwärts, rückwärts und weitwärts, aus dem Stand, aus dem Wurf heraus, aus dem Fallen aus größerer Höhe, aber es muss lange trainiert werden.

Du beginnst als Anfänger hier immer mit kleinen Übungen ohne Tempo und steigerst Dich nur schrittweise, dabei erhältst Du Anleitung und Hilfe.Diese Rollen sind nicht vergleichbar mit den geraden Rollen, die man vom Bodenturnen kennt, man verwendet hier zumeist nicht die Hände, da man auch auf schwierigem Gelände (z.B. Beton, Schotter, uneben) den Bodenkontakt mit den Händen vermeiden sollte.

Man rollt zumeist über eine Schulter und die Halseite ab, d.h., man steuert die Bewegung über eine Körperdiagonale und verkürzt die Rolle auf diese Weise. So wird auch eine Rückwärtsrolle möglich, mit der man sich nur wenig vom Ausgangspunkt fortbewegt und z.B. direkt vor oder hinter dem Gegner wieder in den Stand kommen könnte. Flugrollen dagegen bringen schnell große Distanz, wenn erforderlich.

Bei den kleinen Rollen werden auch die Beine anders eingesetzt, als man es sonst kennt, man kann ein Bein in der Rolle z.B. flach über den Boden abstrecken, dies steuert und stabilisiert die Rollbewegung und kann aber auch gleichzeitig einen Angriff an Knöchel, Schienbein oder Kniekehle des Gegners ermöglichen.Wenn Du einmal langsam und geführt eine solche diagonal über eine Schulter laufende Rolle vorwärts machen und dabei noch ein Bein flach über den Boden ausstrecken würdest, würdest Du feststellen, dass sich diese Rolle vollständig anders anfühlt als eine "herkömmliche". Es ist eine sehr kleine, flache und bodennahe Bewegung.

So paradox es klingt: Womöglich würden Dir aufgrund Deiner Angst gerade die schrägen Rückwärtsrollen vom Boden aus und aus der Hocke einen leichteren Einstieg bringen können, weil die Optik für das Auge bei dieser eine andere ist als vorwärts (wo Du den Boden auf Dich zukommen siehst). Du bräuchtest nur Anleitung und Hilfestellung dazu, dich mit diesen flachen und völlig ungefährlichen Rollen erstmalig vertrauter zu machen.

Da Du die Vorwärtsrollen ansich bereits kannst, müsstest Du sie nur umlernen, denn insbesondere die Nutzung der Handflächen fällt hier oft so gut wie aus und wird durch Unterarme und Schultern ersetzt. Auch dies lässt sicht aber zunächst ganz langsam üben.

Das Fallen z.B. bei Würfen wird ebenfalls langsam gesteigert und Du würdest hier Monate Zeit haben, Dich an zunehmende Höhen zu gewöhnen, Dich hier mit den Bewegungsabläufen vertraut zu machen und Vertrauen aufzubauen: Zum Übungspartner, der Dich NICHT kopfüber und haltlos auf die Matte fallen lassen, sondern Deinen Fall ausbremsen und leiten wird - und in Deine Fallschule, die ja ebenfalls mit der Zeit Fortschritte machen wird. Deinen Kopf wirst Du einzuziehen lernen, er wird den Boden nicht berühren.

MissMarplesGown  15.04.2015, 13:05

TEIL 2:

Man wird mit Dir das Fallen später zunächst nur aus Hüfthöhe und sehr körpernah üben, Du wirst sehen, das überwindest Du! Es ist pure Trainings- und Gewöhnungssache.

Lass Dich nicht irritieren durch eventuelle sehr laute Aufprall-Geräusche oder Schreie der Fortgeschrittenen, das erste ist bedingt durch Schwerpunktverlagerungen des Fallenden und die spezielle Nutzung seines Armes beim Aufprall (klingt oft laut, aber dies schmerzt absolut nicht) - das Zweite hat mit Atemtechniken zu tun, die bei Aufprall aus größerer Höhe eingesetzt werden, um einen Stau im Brustkorb zu vermeiden. Jedes Kind kennt den Effekt, wenn man ungünstig auf den Rücken fällt und dabei die Luft angehalten oder gerade eingeatmet hat und man dann einige Sekunden sehr schmerzhaft nach Luft japst und nichts mehr geht - dies ist zu vermeiden. Der Schrei garantiert ein kräftiges, fließendes Ausatmen beim Aufprall, um diesen Stau zu verhindern. Dabei passiert nichts und es tut auch nicht weh.

Es ist nur schwer für Anfänger, beim Wurf den Reflex zu unterdrücken, sich mit den Händen irgendwie am entgegenkommenden Boden abstützen zu wollen - hier würden die meisten Unfälle an Händen, Fingern und Handgelenken geschehen. Die Hände bleiben daher am Gegner, der Dich wirft, das ist pure Gewöhnung, Training, Vertrauen, das man lernt, in sich selbst, die Techniken und den Partner.

Ein trainierter Jiu Jitsu Schüler lässt keinen Anfänger plump fallen, er könnte Dich sehr kontrolliert und langsam zu Boden gleiten und aufsetzen lassen, er weiß, wie. Er könnte Dich zu Beginn ganz langsam an sich abrutschen lassen, bis Du Bodenkontakt hast, während Du Dich an seinem Ärmel festhältst - so kannst Du sehen, wie Du aufkommst und wohin dabei mit Deinem Arm, der dann später den Schwung allein abhängt, indem er flach auf den Boden "klatscht".

Eines vielleicht noch, damit Dir kein falscher Eindruck entsteht: Jiu Jitsu ist weitaus mehr als auf dem Boden herum zu rollen. Dies ist jedoch ein wichtiges Vortraining zum Warmwerden, da die Techniken, die folgen und bei denen sehr oft zuletzt jemand mit dem Boden Bekanntschaft macht, Verletzungsgefahren mit sich bringen, die durch gekonnten Fall und gutes Abrollen verhindert werden. in jedem guten Dojo wird die Fallschule sehr ernst genommen und neue Schüler werden hier über Monate gut trainiert, bevor man sie mit ersten Würfen konfrontiert. Angst ist hier ein nicht zu unterschätzender Verletzungsfaktor, daher sollte diese erst in Ruhe ganz abgebaut werden, bevor Dich andere und neue Techniken irritieren und unter Druck setzten könnten.

Jiu Jitsu ist eine traditionelle Kampfkunst, die sehr effektiv im Kampf ist und bei der Du, wenn Du länger dabei bist, aber auch in eine sehr persönlichkeitsprägende Schule gehst: Du lernst eigene Ängste abzubauen und sensibel für die Unsicherheiten anderer Leute zu werden, Du lernst, dass Du eigene Grenzen überwinden kannst. Dazu lernst Du viel über Verantwortung und Respekt, über Friedlichkeit und Vertrauen in Dich selbst und in andere Menschen.

Ein oft nicht gerade sanftes Training zu Techniken, die "der sanfte Weg" genannt werden, wenn sie vollkommen werden - aber es lohnt sich absolut. Jiu Jitsu und sein Ehrencodex, seine Tradition hat mein gesamtes Wesen lebenslang geprägt, ich habe viel dadurch gelernt. Ich war später einige Jahre Jiu Jitsu Trainerin auch für Jugendliche mit Gewalterfahrungen und würde auch und gerade unsicheren jungen Leuten immer wieder dazu raten, sich darauf einzulassen.

Jiu Jitsu wirkt für Anfänger von aussen betrachtet sehr hart durch die unmittelbare Konfrontation der Trainingspartner oder auch durch Waffen unterschiedlicher Art, das Tempo und die Höhe und Weite von Fall oder Sprüngen - aber wenn man länger dabei ist, lassen sich darin auch die Schönheit der Bewegungen, die fließende Funktionalität der Techniken erkennen - und die alte Philosophie, die friedlich und menschlich ist.

Man lernt in jeder Lebenslage und Situation waffenlos zu kämpfen und wehrhaft zu sein - nicht, um Menschen zu schaden, sondern um letztlich Gewalt zu verhindern. Weil man weiß: Man KÖNNTE jederzeit. Das gibt Zeit, Ruhe und Gelassenheit.

Fortsetzung...


7
MissMarplesGown  15.04.2015, 13:08
@MissMarplesGown

Das Erlernen von Deeskalation gerade auch durch Techniken, die nicht verletzen, sondern lediglich eine zuverlässige Kontrolle über die Situation bringen, gehört zu jedem höheren Jiu Jitsu Training.

Du brauchst dort nichts zu fürchten - Leute, die solche Kampfkünste lernen, sind zumeist aufmerksame, freundliche und verantwortungsbewusste Leute, wenn man einige Jahre dabei ist, formen sich hier ein bestimmte Charaktereigenschaften heraus.

Deine Angst vor sportlichen Aktionen, bei denen man mit dem Kopf voran muss, ist übrigens nicht selten. Mancher Kampfkunstschüler kannte das ebenfalls aus seiner Anfangszeit, insbesondere wenn er nicht schon als Kind mit dem Training angefangen hat. Solche Unsicherheiten und "Blockaden" lassen sich aufheben! Achte darauf, das sich ein Trainier dieser Sache in den ersten Wochen annimmt und Dir Schritt für Schritt da durchhilft. Es lohnt sich, denn wenn Du das überwindest, steht Dir der Weg zu vielen guten Erfahrungen und wesentlich mehr sportlicher und auch persönlicher Sicherheit offen.

7

Ob Jiu Jitsu nichts für dich ist, kann ich so nicht sagen. Probiere es doch einfach aus. Sag dem Trainer, was du für ein Problem mit "Über-Kopf-Situationen" hast. Das Training könnte dir helfen, deine Angst abzubauen.

Nach ein paar Probetrainings kannst du dann ja sagen, ob dir das Spaß macht.

Jiu jitsu ist eine der effektivsten sportarten. Wenn ein muskelprotz gegen dich antritt kannst du ihn mit gekonnten chokes bewusstlos würgen oder mit bestimmten submission den arm auskugeln (musst du auch nicht). Du kannst deinen gegner gekonnt beninnen sekunden total kampfunfähig machen ohne ihn nur zu schlagen oder zu treten

es könntre dir helfen diese Furcht zu überwinden..

Probier es, erst danach weisst du es