Ist das Thomasevangelium mit der Logienquelle gleichzusetzen?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Als das Thomasevangelium entdeckt wurde, gingen manche Wissenschaftler tatsächlich davon aus, es könne mit der hypothetischen Logienquelle identisch sein. Heute nimmt man aber in der Regel ein späteres Abfassungsdatum an. Auch enthält das Thomasevangelium gnostisch anmutende Textstellen, die sich nicht in den Evangelien nach Matthäus und Lukas wiederfinden. Damals existierte aber noch keine mächtige Kirche, die den Evangelisten vorschreiben konnte, was sie in ihren Büchern schreiben durften, und was nicht. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass das Thomasevangelium den Evangelisten Matthäus und Lukas als Quelle diente.

Das Johannesevangelium ist ein rätselhaftes Buch: es enthält eine sehr weit entwickelte Theologie, die sich deutlich von den drei älteren Evangelien unterscheidet. Niemand weiß mit Sicherheit, wer das Johannesevangelium wirklich geschrieben hat, und woher die Autoren ihre Informationen bezogen. Der Text selbst legt nahe, dass es sich um mehrere Autoren handelt, die ihr Evangelium nach den Worten und Erinnerungen eines namentlich nicht genannten Apostels verfassten. Dieser Apostel (im Buch selbst nur als "Jünger, den Jesus liebte" bezeichnet) wird in der Kirchentradition als Johannes identifiziert. Aber auch das ist bestenfalls Spekulation. Fest steht nur: die Autoren haben gänzlich andere Quellen genutzt als "Markus", "Matthäus" und "Lukas". Ob es sich dabei wirklich um einen Zeugen der Ereignisse um Jesus handelte, wissen wir nicht. Es kann aber zumindest nicht ausgeschlossen werden.

Gerade diese Behauptung, dass das Evangelium die Erinnerungen eines Weggefährten Jesu enthält, haben ihm wohl seinen Platz in der Bibel gesichert. Da war man in der Kirche auch gern bereit, über die zahlreichen Widersprüche zu den Synoptikern hinwegzusehen.

Was meinst du mit Engel und Apokalypse? Beziehst du dich damit auf die Johannesoffenbarung? Vorsicht: dieser Johannes ist mit ziemlicher Sicherheit nicht der selbe, der das Evangelium verfasst hat!
Zum einen identifiziert sich der Autor nicht als Apostel oder Evangelienschreiber. Zum anderen verwendet er eine deutlich andere Ausdrucksweise und Theologie. Und zum anderen schreibt er in fehlerhaftem Griechisch - während das Johannesevangelium und die drei Johannesbriefe eine tadellose Sprache aufweisen.

Man kann also feststellen: das Johannesevangelium und die drei Johannesbriefe haben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den selben Autor. Das merkt man selbst im Deutschen, denn die Wortwahl ist in all diesen Werken auffällig ähnlich. Die Offenbarung unterscheidet sich erheblich von allen übrigen NT-Dokumenten und geht somit wahrscheinlich auf einen anderen Johannes zurück. Der Name war damals beliebt und offenbar recht weit verbreitet.

relief 
Fragesteller
 27.05.2018, 23:14

Sehr hilfreich, danke dir. Ich dachte die Offenbarung wäre Teil des Johannesevangeliums

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Indecisive  27.05.2018, 23:22

Nein, die Offenbarung ist ein separates Werk und stellt das letzte Buch des Neuen Testamentes und der gesamten Bibel dar :)

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naaman  28.05.2018, 00:09
@Indecisive

Auch das stimmt nicht. Die Bücher der Bibel sind nicht chronologisch angeordnet.

Die wirklich letzten Bücher waren:

Das Johannesevangelium und die drei Johannesbriefe, wobei die Reihenfolge hier nicht berücksichtigt ist.

Die Offenbarung wurde noch davor geschrieben.

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Indecisive  28.05.2018, 06:57

Mit "letztes Buch" meinte ich, dass es am Schluss steht. Dass die Bibel nicht streng chronologisch aufgebaut ist, weiß ich. Das Markusevangelium ist ja laut Wissenschaft auch älter als das von Matthäus, trotzdem steht es hinter ihm.

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Die 2-Quellen-Theorie besagt ...... eigenem Sondergut und der Logienquelle, die eine Sammlung von Jesu Worten darstellt, verfasst haben.

Sowohl die 2-Quellen-Therorie als auch die Logienquelle sind reine Spekulationen.
Man geht furchtbar irre , wenn man sie sogar als Fakten hinstellt in dem man mit ihnen Aussagen der Schriften zuordnet /hinterfragt.
Dies gibt nur Verwirrung - wie bei dir - auf welche man verzichten kann zum Verständnis der Botschaft Jesu.
Auf die "Apokalypse" kann man übrigens auch verzichten. Sie war schon vor der Kanonisierung stark umstritten. Es hätte gut sein können, daß sie garnicht "der Bibel" zugeordnet worden wäre, wie auch viele andere Schriften.

Das Thomasevangelium ist etwas Mitte des 2. Jahrhunderts entstanden und kann deshalb gar nicht die Logienquelle sein.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium und 20 Jahre Gemeindeerfahrung
relief 
Fragesteller
 28.05.2018, 11:39

Ja aber kann es sein dass er diese als (Haupt)quelle nutze

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Thomas hat kein Evangelium geschrieben, das ist eine alte Fälschung. Zudem ist das angebliche Evangelium voller Widersprüche zu den echten, anerkannten Evangelien.

Ob die Dinger historisch wären oder nicht, dürfte doch schnurzpiepegal sein.

Die Verfasser haben in ihrer Zeit doch gar nicht nach unseren heutigen, ach so objektiven Kriterien geschrieben, sondern als Vertreter ihrer "religiösen Ware".

Ihr Anliegen ist es gewesen Joschua bar Joseph als den verheißenen Messias Israels zu erweisen. Das Ganze dreht sich doch um die Niederlage am Kreuze (blendend belegt) und dem Sieg an der Gruft (weder beweisbar noch widerlegbar).

Die Hinrunde ist voll ans IMPERIUM gegangen gewesen und die Rückrunde an JUDA. Um das hinzukriegen, hat erst mal eine Umdeutung der Messiasvorstellung Raum greifen müssen, wie sie dann eine immer größere Eigendynamik im Laufe der Zeit gewonnen hat.

Ob die Dinger jetzt historisch zuverlässige oder historisch zweifelhafte Berichte seien; was dürfte diese heutige Frage die Autoren damals geschoren haben?

Der auferstandene Messias hat mit hingerichteten Messias doch keinerlei Ähnlichkeit mehr gehabt und diesen Graben haben die Jesusleute zu füllen gehabt. Ob ihnen dies gelungen sei, möge jeder für sich selbst entscheiden!

Die hier angeführten Quellenkritiken und Quellenkriterien sind auch mir im Großen und Ganzen bekannt, aber sie sind mir inzwischen wahrhaft schnurzpiepegal!

Die einzig historisch sinnvolle Arbeit scheint mir das Ergründen des Wandels der Messiasvorstellung zu sein; und dabei geht es nicht um 10 Jahre früher oder später, oder ob das 1 - 12 Autoren gewesen wären oder die Reihenfolge irgendwelcher Bücher. Das wirkt auf mich wie ein Wissenschaftsfundamentalismus: Der Geist tötet, der Buchstabe macht lebendig! - in der Hinsicht könnten sich dann die historisch-kritischen Bibelforscher und die 6Tagewerkglauber (die 1. Kapitel der Bibelfundamentalisten) die Hand reichen; bei beiden tötet der Geist und bei beiden macht der Buchstabe lebendig.

Deshalb: Schmeißt Eure ganzen Grübeleien und Rechthabereien und Besserwissereien einfach über Bord und legt Euer Schicksal vertrauensvoll in Gottes Hände!