he was oder were?

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In einem if-Satz (mit past tense) verwendet man im Englischen genauso wie im Deut­schen den Kon­junk­tiv Präteritum. Im Englischen ist der aber für alle Verben gleich dem Indikativ, mit der alleinigen Ausnahme von be. Konjunktivformen sind ja bekanntlich von den Plural­formen des Indikativs abgeleitet, also heißt es If I were bzw. if he were … In der zweiten Person fällt das Problem weg, weil das ohnehin eine Pluralform ist (ur­sprünglich Höf­lich­keits­form, jetzt Standard), denn etymologisch entspricht you dem deutschen euch.

Das gilt aber nur, wenn von hypothetischen Dingen die Rede ist. Falls es sich um ech­tes Geschehen handelt (was bei if-Sätzen selten ist, aber vorkommt), dann ver­wen­dest Du den Indikativ: In the past, healthcare really sucked. If anyone was sick, he received treat­ment only for cash. In diesem Fall bedeutet if ja nicht ‘wenn=falls’ son­dern ‘wenn=sooft’. Diese Fälle erkennst Du daran, daß im Hauptsatz kein Kondizio­nal steht (oder ein might, could oder ähnliches).

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
Bswss  18.01.2019, 20:12

Konjunktivformen sind ja bekanntlich von den Plural­formen des Indikativs abgeleitet" - wo hast Du diese Weisheit her?

Meine Antwort ist ganz anders:

Im modernen Englisch ist der Konjunktiv nahezu verschwunden. Nur noch geringe Reste des Konjunktivs (subjunctive) haben überlebt:

If I were .. a princess ... entspricht dem deutschen "wäre" und hat auch denselben sprachgeschichtlichen Ursprung (Alhochdeutsch und auch Altenglisch)

God save the Queen -Deutsch: möge ...

She suggested that her father go...

Heart specialists have urged that heart transplantions be halted.

It's high time we went.

Alle Schulgrammatken - die im Sinne der struturellen Grammatik auf Sprachgeschichte keine Rücksicht nehmen, aber auch alle Grammatiken aus englischsprachigen Ländern , sagen ganz einfach:

Beim if-Satz Typ 2 steht im Nebensatz SIMPLE PAST. Von "Konjunktiv" ist da nicht mehr die Rede. Rest-Fälle des Konjunktivs werden einfach als historische Relikte dargestellt.

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indiachinacook  19.01.2019, 00:00
@Bswss

Der Konjunktiv (ich red nur von dem des Präteritums) kommt tatsächlich vom Plural des Prä­teri­tums, und zwar in allen germanischen Sprachen (da bereits im Ge­mein­germani­schen). Bis zum 16. Jahrhundert hatten Singular und Plural des Präteri­tums deutscher starker Verben noch getrennte Stammformen: ich starb — (wir sturben) — ich stürbe oder ich begann — (wir begonnen) — ich begönne oder (ich ward) — wir wurden — ich würde. Nach Aufgabe der Pluralform (bei werden der Singularform, aber das war erst im 19. Jahrhundert) wurde der Konjunktiv bei vielen aber nicht allen Verben angeglichen, z.B. ich sang — (wir sungen) — ich sünge→sänge. Archaische Formen („wie uns die Alten sungen“, „sie schwuren ewige Treue“) kann man heute noch gelegentlich hören.

Ursache dafür ist die Beto­nung, die im Indogermanischen für die Singularformen auf der Stamm­silbe, für die Plural­for­men (und Kon­junk­tive) aber auf der Endung lag und die Vokale be­einfluß­te, bevor das Ger­mani­sche die Initial­beto­nung er­fand. Deshalb hatten die Plural­formen je nach Klasse entweder den gleichen Vokal wie im Singular oder wie im Partizip (das war auch endbetont), und die Verben brauchten vier Stamm­­for­men. Alle germani­schen Sprachen außer dem Isländi­schen haben diesen Unter­­schied mittler­weile abgeschafft, aber die deutschen Konjunktive zeigen in manchen Fällen immer noch Reste der mittlerweile verschwundenen Stammform.

Die Betonung ist auch dafür zuständig, daß sich innerhalb des Verbal­paradig­mas der „gram­matische Wechsel“ zwischen s/r ergab: Vor betonter Silbe wurde s gemein­germa­nisch zu r (Verner’sches Gesetz). Deshalb das hypo­theti­sche Para­digma ich *friese — ich *fros — wir *fruren — ich *früre — *gefruren, das im Neu­hoch­deut­schen zu ich friere — ich fror — wir froren — ich fröre — gefroren um­gebaut wurde (vgl. Frost). Das Altenglische zeigt noch das volle Programm: ic frēose — ic frēas — we fruron — ic frure — (ge)froren, aber im Neu­engli­­schen wurde das r in allen Formen auf­gege­ben (freeze — froze — frozen) und im Hollän­di­schen ist der s/r-Wechsel er­hal­ten (vriez — vroor — gevroren).

Im Deutschen zeigt nur ich kiese — ich kor — wir koren — ich köre — gekoren noch den s/r-Wechsel, allerdings sind Sg/Pl-Unterschiede im Präteritum bereits aus­gegli­chen. Nicht so im Mittel­hoch­deut­schen: ich kiuse — ich kôs — wir kurn — ich küse — gekorn. Das Sin­gu­lar-s ist bereits in den Konjunktiv küse ein­gedrun­gen, aber sonst zeigt das Para­digma alle Effekte. Absolut lupenrein im Alt­engli­schen: ik kiusu — ik kôs — we kurun — ik kuri — (gi)koran (⟶ choose — chose — chosen). Isländisch macht es exakt um­gekehrt wie Deutsch, elimi­niert den s/r-Wechsel aber behält den Vokal­wech­sel Sg/Pl bei: ég kýs — ég kaus — við kusum — ég kysi — kosinn. Hier sieht man auch schön, wie der Umlaut im Kon­junk­tiv u→y durch die i-Endung ge­trig­gert wird (deutsch hatte das i auch noch im Alt­hoch­deut­schen, aber im Mittel­hoch­deut­schen schwächten sich alle Vokale in allen Fle­xions­endun­gen zu e ab).

Und wie ist das mit ich war — wir waren — ich wäre? Das folgt der Klasse 5 mit s/r-Wechsel, der bis zum Mittelhochdeutschen erhalten ist: ich was — wir wāren — ich wære. Im Neu­hoch­deut­schen ist das Plural-r in den Singular eingedrungen. Hier ist Englisch kon­serva­tiver: Altenglisch ic wæs — we wǣron — ic wǣre, mittel­englisch ic was — we weren — ic were und neuenglisch I was — we were — I were.

Zusammengefaßt: Die Singular- und Pluralformen im Präteritum starker Verben konnten sich bis ins frühe Neu­hoch­deutsch (ca. 1500) unterscheiden, nämlich sowohl im Vokal als auch im s/r; der Konjunktiv hatte dabei immer die Merkmale der Plural­for­men, plus eventuell Umlaut. Diese Unter­schie­de wurden in den ver­schie­de­nen ger­mani­schen Sprachen un­abhän­gig von­ein­ander um die Mitte des 2. Jahr­tau­sends herum größ­ten­teils aus­­gegli­­chen, aber es gibt Relikte, die sie zu­min­dest noch teil­wei­se zeigen. Dazu gehört der Konjunktiv I were, der zwar natur­­­­gemäß wie eine Plural­form aus­sieht, aber keine ist.

Ich hoffe, der Parforce-Ritt war nicht zu schnell, wenn ja, dann frag nach.

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Bswss  19.01.2019, 16:51
@indiachinacook

Ich bin beeindruckt, möchte das aber gern in Ruhe nachprüfen(falls cih die Zeit dafür finde) ! Auf jeden Fall aber schon jetzt vielen Dank für den "Parforceritt".

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Khaled706 
Fragesteller
 22.01.2019, 19:39
@indiachinacook

Wow, vielen Dank für die hilfreiche Antwort!

Aber ich habe noch eine Frage

Der Konjunktiv (ich red nur von dem des Präteritums) kommt tatsächlich vom Plural des Prä­teri­tums

Hat man früher nicht begänne oder schwämme als Konjunktivformen verwendet, obwohl sie vom Singular des Präteritums kommen?

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indiachinacook  23.01.2019, 00:05
@Khaled706

Umgekehrt, das sind die neueren Formen. Der Duden erlaubt sogar hälfe statt hülfe, weil sonst das Bildungsprinzip ganz undurchsichtig wäre und sie keinen Platz im „Grammatik-Duden“ zu verschenken haben, um es zu erklären. ☺

Althochdeutsch ih biginnu — ih bigan — wir bigunnum — ih bigunni — bigunnan, Mit­tel­hochdeutsch ich beginne — ich begann — wir begunnen — ich begünne — begunnen. Du siehst an diesem Beispiel sehr deutlich, wie der althochdeutsche Konjunktiv auf -i endet, das dann den Umlaut in der vorangehenden Silbe auslöst (ver­mut­lich bereits im Ahd, wurde aber nicht geschrieben weil es aus dem i er­sicht­lich war). Im Neu­hoch­deut­schen hat sich dann regelmäßig das U/Ü vor N zu O/Ö gewandelt und die Plural­formen wurden dem Singular angeglichen: ich beginne — ich begann — wir begannen — ich begönne — begonnen.

Bei schwimmen habe ich keine althochdeutschen Formen gefunden, die mittel­hoch­deuts­chen sind aber ganz gleich: ich swimme — ich swamm — wir swummen — ich swümme — geswummen, daraus dann neuhochdeutsch ich schwimme — ich schwamm — wir schwammen — ich schwömme — geschwommen.

Die Sache ist nur insoferne komplizierter, als in manchen Dialekten das W (macht man ja mit gerundeten Lippen) das A zu O (auch mit gerundeten Lippen) ver­scho­ben hat, so daß man manchmal auch das Präteritum ich schwomm hört, wo­zu schwömme wie ein „natürlicher“ Konjunktiv aussieht. Manche Dussel glau­ben nun, es gäbe zwei Möglichkeiten fürs Präteritum, nämlich ich schwamm — ich schwämme und als Alternative ich schwomm — ich schwömme, was aber histori­scher Humbug ist; die Standardform im Indikativ ist schwamm, und im Konjunktiv schwömme, obwohl der Duden wie in all diesen Fällen auch schwämme zuläßt.

P.S.: Zu meinem Amüsement moniert mein Browser alle die hier gegebenen Kon­jun­ktiv­formen als Tippfehler, egal ob mit Ü oder Ä. Die einzige Ausnahme ist begänne, das hält er für richtig, obwohl ich die Form freiwillig nicht in den Mund nähme.

P.P.S: Nähme, nicht etwa *nühme, denn nehmen gehört in die Klasse 4 und hatte im Ahd. im Prät. Sg. kurzes und Prät.Pl. langes A: Althochdeutsch ih nimu — wir nemēn — ih nam — wir nāmum — ih nāmi, Mittelhochdeutsch ih nime — wir nemen — ich nam — wir nāmen — ich næme. In dieser Klasse lief der neuhochdeutsche Ausgleich zwischen Sg. und Pl. in die Gegen­richtung, und wurde sogar ins Präsens rückportiert, und deshalb haben wir in ich nehme — wir nehmen — ich nahm — wir nahmen — ich nähme überall langen Vokal.

Mein südosterreichischer Heimatdialekt setzt übrigens die mittel­hoch­deut­schen Formen im Präsens bis heute fort: i nimm, du nimmst, er nimmt, mir nemmen, ihr nemts, sie nemmen, als Herausforderung für die Erstkläßler, die nicht verstehen, daß das ganz anders zu schreiben ist. Die Standardformen haben im Früh­neu­hoch­deut­schen den e/i-Wechsel auf die 23P Sg reduziert (in allen Klassen, wo der auftreten konnte) und das e durchgehend gelängt (das betrifft nur manche Verben der Klassen 4 und 5, und dann meistens sowohl die Formen mit e als auch die mit i, z.B. stehlen; in anderen Fällen wie treffen gibt es gar keine Län­gung), deshalb: ich nehme, du nimmst, er nimmt, wir nehmen, ihr nehmt, sie nehmen.

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Khaled706 
Fragesteller
 23.01.2019, 09:59
@indiachinacook

Sehr interessant!

Ich dachte, dass die Form schwämme veraltet ist, und dass die Form schwümme es nie gegeben hat (das habe ich im Buch Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 3 gelesen)

Wo kann man die althochdeutschen oder die mittel­hoch­deuts­chen Formen finden?

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indiachinacook  23.01.2019, 13:37
@Khaled706

Im Netz hat man eine reelle Chance. so etwas bei Wiktionary zu finden. Dazu suchst Du das moderne deutsche Wort und folgst den Links in der Etymologie-Sektion, z.B. https://en.wiktionary.org/wiki/schwimmen#German Die Formen sind dann im Zielartikel versteckt und müssen erst aufgeklappt werden.

Leider gibt es keine Erfolgsgarantie. Die mittelhochdeutschen, althochdeutschen und gemeingermanischen Formen werden zwar fast immer angegeben, aber die Links führen oft einmal ins Leere. Dann heißt es, nach anderen Quelle suchen.

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Khaled706 
Fragesteller
 09.06.2020, 22:51
@indiachinacook

Einen Teil von dieser Antwort habe ich mal in der Schule gelesen :-)

Du hast viele Fragen beantwortet, die meine Deutschlehrer nicht wirklich beantworten konnten. Ich komme aus Syrien und bin seit weniger als 4 Jahren in Deutschland und deine Antworten waren ein sehr wichtiger Grund, dessentwegen ich die deutsche Sprache eine interessante Sprache fand.

Leider werde ich dieses Jahr eine schlechtere Note in Deutsch haben, ich hoffe aber, dass es nächstes Jahr wieder gut wird.

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indiachinacook  10.06.2020, 00:30
@Khaled706

Ich finde Dein Deutsch sehr gut, nach dem wie Du Dich ausdrückst, hätte ich Dich nicht für einen Frischeingewanderten gehalten. Offenbar hast Du Talent. Im Deutsch­unter­richt kommt es aber auch auf Literaturverständnis an.

Nebenbei gesagt, finde ich Deine Fragen singulär interessant. Deine Fragen sind oft denen ähn­lich, die ich mir als Schüler gestellt habe und die mir niemand be­ant­wor­­ten konnte. Manch­mal wünsche ich mir eine Zeitmaschine, mit der ich meinem jüngeren Ich einen paar Leseempfehlungen geben könnte — mein Total­versagen in Italienisch wäre wahrscheinlich ausgeblieben, wenn mir jemand eine hi­stori­sche Gram­matik der Sprache in die Hand ge­drückt hätte. Meine Italie­nisch­lehrerin war auf Didaktik, na­tür­li­chen Spracherwerb und Kom­muni­ka­tion gedrillt und wollte nichts analysieren oder historisch aufrollen. Sie war das eine Trauma meiner Schulzeit, das andere war der Turnunterricht.

Dazu kommt, daß Du an detaillierten und umfassenden Antworten offenbar Freude hast (Seltenheit hier). Deshalb gebe ich mir große Mühe, Deine Fragen gut zu beantworten, auch wenn ich dazu eine Stunde vor dem Rechner sitze und Belege von -zig Web­seiten zu­sam­men­sam­meln muß. Glücklicherweise habe ich genug Bücher gelesen, daß ich Quellen im Internet einschätzen und nutzen kann. Manchmal lerne ich dabei nichts Neues, sondern kann nur mein Halb­wissen ord­nen und auf­be­reiten (mein Prinzip ist: Du hast nichts ver­stan­den, wenn Du es einem anderen nicht er­klä­ren kannst). Im besten Fall stelle ich fest, daß ich das Problem völlig falsch ein­ge­schätzt habe, und lerne wirklich Neues. Das gibt mir jedes Mal einen Kick.

Hast Du Dir einmal überlegt, ob Du Sprachwissenschaft studieren willst?

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Khaled706 
Fragesteller
 10.06.2020, 23:18
@indiachinacook
Im Deutsch­unter­richt kommt es aber auch auf Literaturverständnis an.

Und das finde ich viel zu schwer. Letztes Jahr war ich mit meiner Note sehr zufrieden. Dieses Jahr bin ich auf dem Gymnasium und es kommt jetzt, wie du gesagt hast, auf Literaturverständnis an (viel mehr Gedichte, Kurzgeschichten, Emilia Galotti...), oft kann ich sie nicht verstehen.

auch wenn ich dazu eine Stunde vor dem Rechner sitze und Belege von -zig Web­seiten zu­sam­men­sam­meln muß.

Deshalb finde ich deine Antworten immer sehr hilfreich, vielen Dank!

Hast Du Dir einmal überlegt, ob Du Sprachwissenschaft studieren willst?

Aus mehreren Gründen werde ich nach dem Abitur nicht studieren. Ich muss jetzt viel lernen, dass ich kaum Freizeit habe. Aus Zeitmangel werde ich während meines Studiums wahrscheinlich nicht arbeiten können. Außerdem muss ich Geld verdienen, damit ich auch eine Niederlassungserlaubnis beantragen kann.

Ich wusste bis letztes Jahr gar nicht, was ich machen will. Ich habe mich dann als Chemielaborant beworben, es war aber zu spät. Ich hatte zwar noch nie Chemie gehabt, aber ich habe ein paar Videos (z. B. von MaiLab) auf YouTube gesehen und die haben mich motiviert, eine Ausbildung im Chemiebereich zu machen. Jetzt möchte ich mein Abitur machen, das hoffe ich zumindest. Jetzt habe ich noch ein bisschen Zeit zum Überlegen.

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1) Gutes, feines Englisch: If he were rich, ...

2) Umgangssprache: If he was rich, ...

ich empfehle Dir nach wie vor Version 1, auch weil "If he was rich" nicht nur "wenn er reich WÄRE" bedeutet, sondern auch "Wenn er reich WAR".