Was sind die Funktionen von Mythen?

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Ein Mythos leistet:

  • Weltdeutung

  • Orientierung

  • Ordnen und Strukturieren von Erfahrung

  • Legitimierung (Rechtfertigung)

  • Sinnstiftung

  • Verleihen von Bedeutsamkeit

  • Schaffung von Zugehörigkeit (Identität)

  • Erschaffung von Gefühlen der Übereinstimmung

  • Integration (wobei diese zugleich in einer Abgrenzung einer Gruppe gegen andere bestehen kann)

  • Mobilisierung

  • Stimulierung von Handlungen und Verhaltensweisen

Politische Mythen können mit einer Apellfunktion ansprechen, Menschen in Anspruch nehmen, beispielsweise in die Pflicht nehmen, sich der Helden der Vergangenheit würdig zu erweisen. Sie können Lehren aus der Geschichte ziehen. Politische Mythen sind Wahrnehmungsfilter, die Störendes verdecken, überlagern oder an den Rand schieben. Sie gliedern das Geschehen, indem sie etwas als Endpunkt, Durchbruch und Neuanfang markieren. Sie versuchen eine kollektive Erinnerung und Erwartung herzustellen. Sie berichten von Werten und stellen Vorbilder hin.

Bücher enthalten Hinweise zum Zusammenhang von Mythen und Politik, z. B.:

Klaus Schubert, Nation und Modernität als Mythen : eine Studie zur politischen Identität der Franzosen. 1. Auflage. Wiesbaden : VS, Verlag für Sozialwissenschaften, 2004, S. 34 – 36

S. 34 - 35: „- Mythen beruhigen: sie dienen der Integration von Gefühlen und Emotionen; zumal sie in der Abgeschiedenheit sozialer Potenziale und enttäuschter Erwartungen, in der abgeschlossenen Intensität von Ängsten und Gefühlen der Unsicherheit ihren Ursprung haben, helfen Mythen bei der Organisierung von Furcht und bei der Kompensation von Entfremdung: Die Geburt des politischen Mythos erfolgt deshalb […] in dem Augenblick, in dem traumatische Sozialverhältnisse in psychische Traumata überführt werden. Der ängstliche Mensch, der sich besonders nach Identifikation sehnt, findet im Mythos Schutz. Dabei gehört zu den Fundamentalsätzen der mythischen Weltanschauung, dass alles durch Absicht geschieht. Belangvoll ist ferner, dass politische Mythen in eine begrenzte Zahl archetypischer Muster zerfallen; häufig definieren sie einen Feind oder einen Führer-Retter-Helden. So erklärt sich, dass die Übernahme mythischer Formulierungen nicht selten mit Frustration, Furcht- oder Wut-Regungen einhergeht […]. All dies verdeutlicht, dass und wie der Mensch mit Hilfe des Mythos lernt, seine am tiefsten verwurzelten Instinkte, seien Hoffnungen und seine Furcht zu organisieren, bis schließlich sogar der Tod durch seine Transformation in mythisches Denken „verständlich und erträglich“ wird […]. In diesem eingeschränktem Sinn lässt sich dann davon ausgehen, dass

-Mythen ‚erklären‘: zumindest erleichtern sie es, mit dem Unerklärten oder Unerklärlichen zu leben. Mythen helfen bei der Verarbeitung des rational nicht Erfassbaren. […]. Dabei bleibt unter den Bedingungen der Moderne die Wahl eines Mythos letztlich eine Leistung des Ich, die letzterem zur Ausbildung einer individuellen wie kollektiven Identität verhilft. […]. Indem der Mythos aber Deutungsmuster bereitstellt resp. Rollenangebote formuliert, trägt er dazu bei, (politisch-soziale) Ordnungen zu konstituieren, was sich wiederum als zweckdienlich für die Befriedigung des Wunsches nach gelebter Gemeinsamkeit erweist und die Integration in faktisch existierende Kollektive sowie deren Stabilisierung erleichtert. Damit dienen Mythen auch der Rechtfertigung außergewöhnlicher Privilegien oder Pflichten. Sie legitimieren soziale Ungerechtigkeiten und daraus resultierende Belastungen und führen so zur Abarbeitung sozialer Spannungen […].“

Herfried Münkler, Politischer Mythos. In: Lexikon der Politikwissenschaft : Theorien, Methoden, Begriffe. Originalausgabe. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage. Munchen : Beck, 2004 (Beck'sche Reihe), S. 774 - 776

S. 775: „Auch und gerade in modernen Gesellschaften kommen p. M. drei zentrale Aufgaben für die Rahmung polit. Ordnung und die Lenkung polit. Entscheidungsproesse zu: die Reduktion von Komplexität, vermittels derer aus unübersehbaren Gemengelagen von polit. Problemen Alternativen entwickelt und sinnfällig gemacht werden; die Reduktion von Kontingenz, durch die der Zufall in der zurückliegenden Geschichte getilgt und die Unausgemachtheit von Entscheidungssituationen mit Gewißheiten überzogen wird; schließlich die Konzentration von Loyalitäten, in denen sich die Menschen befinden, indem ein bestimmter Bezug zum allein bedeutsamen und verbindlichen gemacht wird. In dieser dreifachen Funktion sind p. M. nicht nur Strategeme von polit.-kulturellen → Eliten zwecks Erhaltung und Verstetigung ihrer Macht, sondern zugleich Ermöglichungsbedingungen polit. Orientierung und polit. Handelns, Generatoren polit. Vertrauens und Ressourcen der → Mobilisierung.“

moreTwixxx 
Fragesteller
 29.11.2011, 18:42

von wo hast du das denn kopiert? ;D

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Albrecht  29.11.2011, 21:42
@moreTwixxx

Ich habe gar nichts kopiert, sondern das, was als Zitat gekennzechnet ist, aus den angegebenen Büchern herausgeschrieben. Der Rest ist sowohl eigenes Wissen als auch auf dem Gelesenen beruhend.

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Mythen sind meist schon sehr alt. Früher, als man noch nicht so die Möglichkeit hatte, bestimmte Dinge zu erforschen, dienten sie der Erklärung für sie. Mit Dämonen hat man sich zum Beispiel Krankheiten, Unwetter, Mond-/Sonnenfinsternisse uvm. erklärt.

Schaffung von "Gemeinsamkeit" und gemeinsamer Herkunft?

KaiAmMac