Erdung und Strom?

6 Antworten

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"Aber Spannung bedeutet ja ..... Elektronenüberschuss und elektronenmangel".

Nein, das ist grob irreführend. Wer immer auch diesen Unsinn in die Welt gesetzt hat vom "Überfluss und Mangel von Elektronen im einfachen Stromkreis", wir wissen es leider nicht (zu dessen Glück).

Im Gleichstromkreis verschieben sich die freien Elektronen im Leiter so ähnlich wie die Glieder der Fahrradkette im Kreis herum. Bei der Stromquelle (vergleiche Tretachse) werden sie angeschoben und über die Hinterachse (vergleiche Verbraucher, Widerstand) überwinden sie einen Widerstand. Beim Wechselstromkreis wechselt nur die Richtung der Elektronenverschiebung.

"Die Erde selbst ist doch in diesen Stromkreis gar nicht eingebunden"

Wenn der Stromkreis nicht über die Erde geschlossen würde, dann hätte auch kein Leiter eine Spannung gegenüber der Erde

Die Spannung zwischen einem Außenleiter der Überlandleitung entsteht nur dadurch, dass ein anderer Leiter geerdet wird. Damit wird der Stromkreis über die Erde geschlossen.

Alles klar, oder noch Fragen dazu?

Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 16:02

Eine Sache noch zu der ladungstrennung Sache:
Aber irgendwie muss es ja so sein
Denn ohne getrennte Ladungen hat man doch keine Spannung

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dompfeifer  08.01.2019, 18:23
@Lukas2812

Da hast Du im Prinzip schon recht. Wo eine Spannung auftritt, dort tritt durch die Eigenkapazität der Leiter natürlich auch eine Ladungstrennung auf mit einem winzigen "Überfluss" und einem winzigen "Mangel" an Elektronen. Ich finde hier aber das Bild von Überfluss und Mangel zur Erklärung des einfachen Stromkreies didaktisch schlicht irreführend. Das wird immer wieder so verstanden, als sei jeder Stromfluss nur das Ergebnis eines Ladungsausgleiches, wie bei der Entladung von Kondensatoren. Dann stellen sich viele Leute vor, Akkus würden elektrostatisch aufgeladen.

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 16:03

Und was genau bedeutet dann nun ein Leiter wird geerdet

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dompfeifer  08.01.2019, 18:30
@Lukas2812

Das bedeutet, dass der Leiter leitend mit dem Erdkörper verbunden ist. Wir können z.B. zwei Eisenbänder in größeren Entfernungen in den feuchten Boden eingraben und von einem Banderder zum anderen Banderder Strom durch den Boden leiten. Alle mit solchen "Erdern" verbundenen Leiter sind "geerdet".

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michiwien22  08.01.2019, 16:47

> Wenn der Stromkreis nicht über die Erde geschlossen würde, dann hätte auch kein Leiter eine Spannung gegenüber der Erde

stimmt nicht so ganz, denn die Leiter haben nennenswerte kapazitive Beläge gegen Erde. Diese bilden daher mit dem Erdpotenzial einen virtuellen Sternpunkt, worduch die gesamte Phasenspannung auch gegen Erde wirksam ist.

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dompfeifer  08.01.2019, 18:25
@michiwien22

Wenn man es genau nimmt, tritt der Effekt natürlich bei Wechselstrom auf, aber nicht bei Gleichstrom.

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 18:40

Wenn man es genau nimmt, tritt der Effekt natürlich bei Wechselstrom auf, aber nicht bei Gleichstrom.

Welcher Effekt?

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 18:41

Aber ist eben dieser Ladungsausgleich nicht das was den Strom fließen lässt?
weil du sagtest dieser Ansatz seindidaktisch irreführend

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dompfeifer  08.01.2019, 19:32
@Lukas2812

Wenn Du einen Stromkreis mit Lampe unterbrichst, geht die Lampe augenscheinlich sofort aus, obwohl danach in der Leitung noch eine ganz winzige Ladung ausgeglichen wird (Deshalb sieht man am Schalter Funken). Nach dem Einschalten baut sich diese Ladung wieder auf. Dann sind auf einer Seite die freien Elektronen wieder ein kleines bisschen dichter als auf der anderen Seite. Das ist aber nicht maßgebend für die Stromstärke.

Nehmen wir mein Beispiel mit der Fahrradkette: Wenn die Kette im Eingriff ist und gespannt wird, dann sind durch die Spannung die oberen Glieder etwas gedehnter als die unteren. Dann herrscht gewissermaßen oben ein Gliedermangel und unten ein Gliederüberfluss. Diese Dehnung ist aber nicht maßgebend für die Leistungsübertragung am Fahrrad.

Entscheidend ist beim einfachen Stromkreis nicht ein Elektronenüberschuss auf der einen Seite und ein Mangel auf der anderen Seite, sondern der Schub durch die Stromquelle (Akku oder Generator), wo die permanente Ladungstrennung stattfindet, solange der Stromkreis geschlossen ist.

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 18:42

Denn ohne Spannung bzw ladungstrennung kein Strom oder?

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dompfeifer  09.01.2019, 14:09
@Lukas2812

Jede Spannung gründet sich tatsächlich auf eine Ladungstrennung in dem Sinne, dass die Ladungsträger im Leiter in eine Richtung (bzw. in wechselnde Richtungen bei Wechselstrom) "gedrückt" werden. Dabei entsteht im einfachen Stromkreis weder ein nennenswerter Überfluss noch ein nennenswerter Mangel. Es wird kein Reservoir aufgefüllt oder entleert.

Beim Kondensator ist das anders: Hier werden beim Laden auf der einen Platte die Elektronen erheblich verdichtet und auf der anderen Platte erheblich ausgedünnt. Bei der Entladung wird hier tatsächlich auf einer Seite ein Reservoir mit Elektronen geleert und auf der anderen Seite ein entleertes Reservoir mit Elektronen aufgefüllt. Hier passt das Bild von Überfluss und Mangel. Das funktioniert infolge der Influenz (Siehe dazu Wiki).

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 20:39

Ok verstehe

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 20:40

Und was bedeutet nun ein Leiter wird geerdet?

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 20:42

Und noch zu der Erklärung :
Aber ist nicht eben diese ladungstrennung also Spannung für die Stromstärke verantwortlich? Mehr Spannung —mehr Strom

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dompfeifer  09.01.2019, 14:15
@Lukas2812

Die Spannung ergibt sich aus der Potentialdifferenz (Linienintegral der Potentialdifferenz) und ist die Voraussetzung für die Stromstärke. Die Stromstärke steigt bei gegebenem Widerstand linear mit der Spannung (Siehe "Ohm'sches Gesetz")

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 20:49

Sorry das ich so viel frage:

Aber was meintest du mit dem Effekt der nur bei Wechselstrom aber nicht bei Gleichstrom Auftritt?

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Lukas2812 
Fragesteller
 09.01.2019, 16:04

Ja das macht Sinn aber damit die Elektronen gedrückt werden muss es ja ein e Feld geben und dass muss von einer Spannung aufgebaut werden und je stärker das e Feld desto mehr getrennte Ladungen müssen doch vorliegen oder

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Da gibt es mehrere Ursachen, die dazu führen, das man einen Stromschlag bekommt.

Variante 1: Starr- bzw Niederohmig geerdetes Netz. In dem Fall ist der Sternpunkt des Trafo mit dem Potentialausgleich in der Erde verbunden. Somit hast Du eine direkte Verbindung mit der Erde. Folglich ist auch jede Verbindung zwischen dem Leiterseil und der Erde ein Kurzschluß.

Variante 2: Kompensiert/Isoliertes Netz. Beim Isolierten Netz besteht zwar keine Verbindung zwischen dem Stromkreis und der Erde, aber die Leitung wirkt gegen die Erde als Kondensator. Somit entsteht eine Ladung, die von km zu km immer mehr wird. Wenn man jetzt mal bedenkt, das man meist ein großes Verbundnetz betreibt, kommt sehr viel Leitungskapazität zusammen. Kommt es jetzt zu einer Berührung zwischen Erde und dem Leiterseil, fließt ein kapazitiver Entladestrom. Der kann durchaus mehrere hundert Ampere betragen. Um diesem Entladestrom entgegen zu wirken, gibt es kompensierte Netze. Da wird mit Hilfe von Spulen induktiv gegen die Kondensatorkapazität gewirkt. Somit reduziert sich der Entladestrom. Es wirkt dann nur noch ein minimaler kapazitiver, bzw ggf induktiver Strom, und der ohmsche Anteil der Spule. Dieser reicht aber immer noch aus, das es ungesund bleibt...

.. und noch ein paar Varianten ...

Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 09:50

Ist es quasi ne Variante 2 so dass das die Leitung die negative Platte des Kondensators darstellt? Wenn ja wieso? Denn die Leitung ist ja nicht geladen

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RareDevil  08.01.2019, 10:19
@Lukas2812

...nicht die negative, sondern eine Platte... Es ist Wechselspannung. Die Feldwirkung der Leitungen ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Mal ist L1 näher am Boden, mal L2, mal L3... Das bewirkt, das die Felder zwischen Leitung und Erde gegeneinander wirken können. Somit gibt es permanente Wechselwirkung durch die wechselnden Feldstärken.

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 16:04

Aber wie genau entsteht dann nun eine Spannung zwischen Leiter und Boden oder warum herrscht auch eine Spannung zwischen zwei Leitern selbst?

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RareDevil  08.01.2019, 17:41
@Lukas2812

Zwischen zwei Leitern des gleichen Netzes durch die physikalische Verbindung der Trafowicklungen.

Was die kapazitive Kopplung angeht, hilft Dir vlt das PDF-Dokument noch was weiter... https://www.a-eberle.de/sites/default/files/media/info_21.pdf

Und diese kapazitive Wirkung ist halt im ganzen Verbundnetz, je nach Spannungsebene innerhalb eines Ortes, bis hin zu landesweiten Überlandleitungen. Je größer das ganze Netz, om so größer auch die Kapazität...

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Lukas2812 
Fragesteller
 08.01.2019, 20:49

Was genau meint Kapazität in diesem Zusammenhang?

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RareDevil  09.01.2019, 08:07
@Lukas2812

Wie meinst Du das, in welchem Zusammenhang? Sobald Du zwei leitfähige Materialien parallel zueinander hast, die durch ein Isoliermedium getrennt sind, hast Du eine Kapazität. In dem Fall ist das Isoliermedium bei Freileitungen eben die Luft, und die Leiter sind das Leiterseil und die Erde. Somit ist jedes Leiterseil gegen Erde ein Kondensator, aber auch die Leiterseile untereinander haben eine kapazitive Beeinflussung. Wie stark hängt eben von vielen Gegebenheiten ab.

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Lukas2812 
Fragesteller
 09.01.2019, 08:35

Aber müsste ein Kondensator nicht eine Ladung tragen? Die Leiterseile sind ja nicht geladen

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RareDevil  09.01.2019, 09:27
@Lukas2812

Es entsteht eine Ladung. Ein Leiter, der unter Spannung steht, baut ein elektrisches Feld auf. Dieses Feld wirkt auf die umliegenden leitfähigen Teile (Erde ect).. Das passiert aber die komplette Leitung entlang. Also hast die ganze Leitung entlang immer ein Feld, das gegen Erde wirkt. Da jetzt 1 km weiter durch den Widerstand der Leitung (Spannungsfall, Last), den verschiedenen Lastzuständen der Leitungen selbst (wegen dem großen Verteilnetz), den Widerstand des Bodens, sich die jeweils ändern (letztendlich über mehrere Hundert km hinweg), immer unterschiedlich stark wirkende elektrische Felder. Das alles in Zusammenspiel bewirkt also, das Du messbare Spannungen gegen Erde bekommst, und bei Erdkontakt eben auch kapazitive Ströme auftreten.

Jetzt endet leider langsam meine Idee, wie ich Dir das sonst noch verständlicher rüber bringen kann. Dies bezüglich müsstest Du langsam zu Fachbüchern greifen, die das vlt noch anders erklären und vlt anschaulicher rüber bringen können...

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Lukas2812 
Fragesteller
 09.01.2019, 16:05

Aber das e Feld wirkt doch nur im Leiter oder nicht?

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Lukas2812 
Fragesteller
 09.01.2019, 16:10

Oder mal eine andere Sache : dieser Effekt, dass wenn ich eine Überlandleitung anfasse und dabei einen Stromschlag bekomme wenn ich gleichzeitig den Boden berühre, geht das nur bei Wechselstrom oder auch bei Gleichstrom ?

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RareDevil  09.01.2019, 16:52
@Lukas2812

Bei Gleichspannung bekommst Du auch eine gewischt, würdest Du die Leitung anfassen. Ein Kondensator funktioniert ja nicht nur bei Wechselspannung, sondern auch bei Gleichspannung. Und das elektrische Feld hast Du dann auch. Anders wie bei Wechselspannung hast Du nur keine kapazitive Blindleistung im Übertragungsnetz. (Andere Geschichte)...

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrisches_Feld

Im Link erfährst Du noch mehr über das elektrische Feld, die Wirkung usw... Interessant ist auch das Bild rechts oben von der Leuchtstofflampe, die einfach so leuchtet... :)

https://www.a-eberle.de/sites/default/files/media/info_07.pdf

In dem Link wird noch etwas über den Erdschluß und die Wirkung, bzw auch den Spannungsverlauf geschrieben.

Wir sind hier aber jetzt schon so tief im Thema, da sollte man die kompletten Grundlagen der Elektrotechnik, Aufbau, Wirkung von Kondensatoren, Verhalten in Wechsel- bzw Gleichspannungskreisen ect beherschen und sich auch in Versorgungsnetzen auskennen. Denn das ganze baut auf den ganzen Grundlagen auf und ist insgesamt sehr komplex.

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Aber sicher hat die Erde eine Ladung! Woraus besteht sie denn? Aus verschiedenen Atomen (Kohlenstoff, Wasserstoff, etc. etc.) die alle auch Elektronen und somit eine Ladung besitzen.

Sonst würde es ja keine Blitze geben, die in die Erde einschlagen.

michiwien22  08.01.2019, 13:41

das hat mit der Frage aber Null zu tun...

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abenhard17  08.01.2019, 14:11
@michiwien22

Er schrieb oben "also ich meine die Erde ist ja nicht geladen", und ich schrieb, dass das nicht korrekt ist.

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Eine in Betrieb befindliche 'Überlandleitung' bzw. deren Drähte fasst du nur einmal an, dann bist du unter Knallentwicklung ein Kohlestückchen.

Das gelingt dir, wenn du einen Leiter über einen der 3 Drähte (nicht dem obersten Blitzschutz-Seil) wirfst und gleichzeitig auf dem Erd-Boden stehst.

Der Erdboden hat Potential 'Erde', die volle Potentialdifferenz wird dazwischen wirksam (Draht - Erde).

Vögel, die sich auf einem potentialführenden Draht mag die ständige Umladung masochistisch lustvoll sein, für einen Fallschirmspringer, der sich verheddert, weniger, da er mehr kapazitiven Umlade-Widerstand bietet.

Ein menschl. Körper wirkt mit etwa 100 pF gegen seine Umgebung.

Weil die stromführenden Drähte eine Kapazität gegen über der Erd(ung) aufweisen, bieten sie bei Wechselstrombetrieb einen kapazitiven Blindwiderstand

https://de.wikipedia.org/wiki/Blindwiderstand.

Zusammen mit dem ohmschen Isolationswiderstand ist ein Scheinwiderstand wirksam

https://de.wikipedia.org/wiki/Impedanz.

Pauli010  17.03.2020, 09:26

100 pF stellen bei 50 Hz etwa 32 MΩ Blindwiderstand dar - bei 11 kV flössen demnach 3,4 mA.

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Die Erde ist in diesem "Energietransportsystem" als Neutralleiter eingebunden. Man spart sich die Rückleitung.....