Dominieren unattraktive Eigenschaften in der menschlichen Genetik?
Wie wir in der Schule gelernt haben, sind blaue Augen rezessiv, braune Augen dominant, blondes Haar rezessiv und dunkles Haar dominant. Ich dachte, es sei nur ein unglücklicher Zufall, dass die gewünschten blauen Augen und blonden Haare zufällig rezessive Merkmale seien. Aber als ich die Merkmale meiner Eltern und meine verglich, fiel mir auf, dass die ästhetisch am wenigsten ansprechende Version jeder Art von Merkmal im Grunde immer das besser aussehende Gegenstück in der genetischen Lotterie übertrumpfte.
Sind Allele, die für hässliches Aussehen kodieren, dominant?
4 Antworten
Schönheit liegt erstens im Auge des Betrachters. Manche finden z. B. blaue Augen attraktiv, andere braune. Hier Verallgemeinerungen zu treffen, ist sehr schwierig. Was "schön" ist, hängt immer auch von der jeweiligen Kultur und von der Mode, also dem Faktor der Zeit, ab. Das muss man einfach berücksichtigen.
Rezessive Allele müssen nicht selten seinZweitens müssen rezessive Allele (und somit auch der rezessive Phänotyp) nicht per se in einer Population selten sein., sie können recht häufig sein und sogar überwiegen. Beispielsweise wird das Allel für die Blutgruppe 0 gegenüber den Allelen A und B rezessiv vererbt. Weltweit ist Blutgruppe 0 mit einem Anteil von 45 % aber die häufigste Blutgruppe, lokal kann ihr Anteil aber noch höher sein - bei südamerikanischen Ureinwohnern erreicht sie sogar einen Anteil von 100 % (siehe Abb. 1).
Abb. 1: Verteilung des Allels 0 weltweit, © anthro palomar, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0.
Auch etwa die Allele für helle Haut sind rezessive Allele und dennoch ist in Europa und in weiten Teilen Asiens die überwiegende Mehrheit der Menschen hellhäutig. Die Gründe für das gehäufte Auftreten rezessiver Allele sind verschieden.
Zum einen hängt die Häufigkeit einfach von der zufälligen Allelfrequenz in der Gründerpopulation ab, ist also eine Folge der genetischen Drift. Als die Menschen von Nordamerika aus das südliche Amerika besiedelten, waren unter den Neubesiedlern wahrscheinlich zufälligerweise nur solche mit Blutgruppe 0. Auch die Verteilung von rezessiv vererbten Allelen für blonde oder rote Haare dürfte einfach nur eine Folge der genetischen Drift sein. Die meisten rothaarigen Menschen leben in Schottland (rund 13 %, in Deutschland sind es etwa 5 bis 6 %, siehe Abb. 2) , in Skandinavien gibt es besonders viele blonde Menschen (je nach Region sind 50-79 % blond, in Mitteleuropa sind es 20-49 %), was sicher darauf turückzuführen ist, dass diese Allele in der Population ihrer Vorfahren einfach durch Zufall häufiger waren als z. B. in Mitteleuropa.
Abb. 2: Verteilung roter Haare weltweit, © Ökologix, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0.
Zwar sind menschliche Populationen keine idealen Populationen, trotzdem kann auf sie näherungsweise das Hardy-Weinberg-Gleichgewicht angewendet werden, d. h. die Allelfrequenzen und Phänotypfrequenzen bleiben über die Zeit in einem stabilen Gleichgewicht, das nur von der Allelverteilung in der Gründerpopulation abhängt.
Beeinflusst wird die Allelverteilung in realen Populationen zum anderen durch natürliche Selektion. Ein rezessives Allel kann dann häufiger werden, wenn es einen Überlebensvorteil bietet. So ist z. B. bekannt, dass Menschen mit Blutgruppe 0 vor manchen Krankheiten besser geschützt sind. Unter anderem erkranken sie seltener an schweren Covid-19-Verläufen.
Auch die sexuelle Selektion kann eine Rolle spielen, d. h. der rezessive Phänotyp wird dann als attraktiver empfunden. Im Fall der Ausbreitung hellhäutiger Menschen in Europa ist das beispielsweise wahrscheinlich so gewesen. Man glaubte lange, dass helle Haut durch die natürliche Auslese begünstigt worden wäre. Helle Haut kann mehr UV-Licht einfangen, was wichtig für die Produktion von Vitamin D ist. Man glaubte deshalb, dass die helle Haut im eher lichtarmen Europa einem Mangel an Vitamin D vorgebeugt hätte. Als die ersten Menschen vor 45 000 Jahren nach Europa kamen, waren sie dunkelhäutig. Genetische Analysen von verschieden alten Fossilien haben bestätigt, dass das auch lange Zeit so blieb. Erst vor etwa 6000 Jahren setzte sich der hellhäutige Phänotyp langsam durch. Offenbar kamen Dunkelhäutige mit den Lebensbedingungen in Europa sehr lange also sehr gut zurecht und erlitten keinen Vitamin-D-Mangel. Studien bestätigten schließlich auch, dass Dunkelhäutige gar nicht häufiger unter Vitamin-D-Mangel leiden, weil sie den Nachteil der verringerten Vitamin-D-Produktion durch eine effizientere Verwertung ausgleichen. Zudem kann Vitamin D auch über die Nahrung aufgenommen werden. Eine verbesserte Produktion von Vitamin D mag vielleicht die Ausbreitung der Allele für helle Haut begünstigt haben, der Hauptgrund dafür war sie jedoch sehr wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass hellhäutige Menschen als attraktiver wahrgenommen wurden und somit einen höheren Fortpflanzungserfolg erzielten, wodurch sich nach und nach die Allele für helle Haut in Europa durchsetzten.
Welche Haarfarben und Augenfarben attraktiv sind, ist etwas sehr subjektives und viele Menschen finden mehrere Farben besonders schön!
Ansonsten hast du keine Beispiele genannt, bei denen ich möglicherweise zustimmen würde, dass das dominante Merkmal unattraktiver ist. Denn einige Aspekte im Aussehen von Menschen sind tendenziell objektiv, während andere größtenteils subjektiv sind.
Deine Behauptung halte ich jedoch basierend auf meinen Forschungen für falsch. Deine eigene Wahrnehmung kann auch der Grund sein, warum du alle unattraktiven Merkmale an dir nicht magst.
Menschen wollen immer das, was sie nicht haben. Lockenköpfe wollen glattes Haar, Menschen mit glattem Haar wollen locken. Dunkelhaarige färben sich wasserstoffblond, während viele Naturblonde die "Dummchenfarbe" loswerden wollen. Rot ist ebenfalls eine bei allen beliebte Haarfarbe - außer bei der kleinen Minderheit, die schon damit geboren wird. Wer klein ist, wäre gern größer, wer groß ist, lieber klein, usw.
Was wohl mit ein Grund ist, warum seltene Dinge fast automatisch als "wertvoller" oder "erstrebenswerter" gelten.
Es gibt sowas nicht in der Genetik, da sind nur Dinge die funktionieren.
ihre beschriebenen Eigenschaften sind nicht mehr als ein Zeitgeist und in jeder Region der Welt anders...
mfe
"Schönheit" ist Schall und Rauch, die Ideale Ändern sich mit dem Wind....
Ich meinte natürlich unsere Kultur und hier wird das eben als Schönheitsideal gesehen. Wie es in anderen Kulturen hergeht kann ich nicht kommentieren.