Chemie, Mathe und Physik im Archäologiestudium?

5 Antworten

Das Inhalte des Studiums haben rein gar nichts mit Mathematik, Physik oder Chemie zu tun. Man lernt zwar, welche naturwissenschaftlichen Bestimmungsmethoden existieren und auf welchem Prinzip sie grob gesehen funktionieren, aber mehr auch nicht.

Kein Archäologe analysiert die von ihm gesammelten Kohlenstoffproben selbst oder betätigt die Knöpfe an irgendeinem Tomographen. Für so etwas gibt es Fachleute - Chemiker, Physiker, Biologen etc.

Bei der Archäologie handelt es sich um eine Geisteswissenschaft, in der geisteswissenschaftliche Inhalte im Vordergrund stehen. Es kommt auf Kulturgeschichte, Sprachen, Architektur, Kunst, historische und materielle Quellen, usw. an. Die naturwissenschaftlichen Grabungsmethoden spielen - in der Vor- und Frühgeschichte tendenziell mehr als in der Klassichen Archäologie - natürlich eine Rolle, aber das bedeutet nicht, dass man sich en detail mit der zugrunde liegenden Physik auseinandersetzen muss.

Natürlich muss auch ein bisschen gerechnet werden. Auf einer Grabung wendet man grundsätzliche Regeln der Geometrie und Vermessung an, etwa den Satz des Pythagoras. Von einer Mathevorlesung an der Uni ist das aber weit entfernt.

Wenn Du Dich als Archäologe mit 3D-Modellen, Statistiken oder Datenbank-EDV auseinandersetzen möchtest, dann musst Du Dir solches Wissen natürlich aneignen oder einen Experten fragen. Aber eine Mathevorlesung wirst Du kaum als Pflichtveranstaltung in einem archäologischen Studienplan finden.

BagpipeMaster 
Fragesteller
 09.01.2015, 16:19

Ah danke, na das hört sich ja super an.

Aber gilt das nur für Archäologie, oder auch für Ur- und Frühgeschichte?

Soweit ich weiß, muss man z.B. in Bochum im Studiengang "Archäologischewissenschaften" (klass. Archäologie, Archäometrie und Ur- und Frühgeschichte) nämlich auch Mathe, Chemie und Physik im Nebenfach belegen und Klausuren schreiben. :O

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uni.de

Die haben auch ein Forum. Tausche Dich da ausführlich aus.

Es gibt, nebenbei angemerkt, eine ganze Menge Archäologen die sich auf Fachbereiche spezialisiert haben wo die von Dir genannten Fachbereiche unbedingt gut beherrscht sein wollen. Dank der mittlerweile nicht mehr als exotisch verlachten Spezialisierungen macht es auch Sinn. Sie haben zwar immer noch sogenannte Hilfskräfte zur Seite können aber fast alle Geräte heute auch selbständig bedienen. Aber eben: Je nach Spezialisierung. Der Zeitrahmen selbst spielt da eine eher untergeordnete Rolle. Was Dir sicherlich auch einleuchtet bedenkst Du dass für jede Zeitspanne gute Kenntnisse in den jeweiligen Spezialisierungen notwendig sind. Alleine wenn Du bei youtube eingibst

arte archäologie

wirst Du manche laufenden Bilder finden die den Nachweis erbringen.

Ansonsten kann ich gut nachvollziehen dass die genannten Fächer in D schwer erfassbar erscheinen. Nutzt Du einen freien Proxy findest Du auf alle Fälle auch auf youtube manche englischsprachige Vorlesung in den Fachbereichen die das Wissen auf witzige Weise vermittelt - mit Praxisbezug. Weiter finden sich Online-Universitäten die auch kostenlose Seminare anbieten. Aber dieser Bereich nur angemerkt.

In der Klassischen Archäologie wirst du mit Mathe/Chemie/Physik nicht in Kontakt kommen. Zwar haben auch dort mittlerweile stellenweise die Naturwissenschaften Einzug erhalten, jedoch eher im englischsprachigen Raum. In Deutschland ist das Fach nach wie vor sehr kunstgeschichtlich ausgerichtet.

Auch in der Ur- und Frühgeschichte ist mir bislang keine Uni untergekommen, wo explizit Mathe-, Physik- oder Chemie-Vorlesungen vorgeschrieben sind. (Wie das in Bochum ist, weiß ich nicht - mag sein, dass das Studium dort sehr naturwissenschaftlich geprägt ist.)

Du wirst aber in der UFG immer wieder mit Naturwissenschaften in Kontakt kommen, auch wenn du die jeweiligen Methoden meistens nicht selber anwenden musst: Die Grundlagen der 14C-Datierung, chemisch-physikalische Methoden zur Konservierung von Funden, aDNA-Analysen (z.b. zur Bestimmung von Geschlecht, Verwandtschaft, Tierart...), chemisch-physikalische Prozesse bei der Herstellung von Metallen/Holzkohle/Glas/Keramik..., stabile Isotopen (im Bereich Anthropologie/Archäozoologie), die Prinzipien der geophysikalischen Prospektionsmethoden.... Es wird erwartet, dass man zumindest eine grobe Vorstellung von den chemischen/physikalischen Vorgängen hat, um z.B. die Ergebnisse/Aussagen von den eigentlichen Fachleuten nachvollziehen und richtig bewerten zu können. Das sind aber eben sehr spezielle, fachbezogene Bereiche. Wie tief du im Endeffekt in die Materie einsteigst, bleibt meistens einem selbst überlassen. Es gibt ab und an Lehrveranstaltungen (Vorlesungen, Übungen, Seminare) zu den oben genannten Themen (sowie anderen "Grenzgebieten"), die sind aber nur selten Pflicht. Meistens ist nur vorgeschrieben, dass man eine Lehrveranstaltung aus einem bestimmten Modul/Bereich belegen muss. Das betreffende Modul heißt dann Beispielsweise "Naturwissenschaftliche Methoden" oder "Archäometrie" und umfasst mehrere Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themen, von denen du dir eins aussuchen kannst (darunter fällt dann aber auch Archäobotanik, Archäozoologie, Anthropologie, unter Umständen auch Archäo-Informatik).

Was meiner Beobachtung nach immer mehr gefordert wird, ist Statistik (besonders in der Urgeschichte). Das ist aber ein sehr spezieller Teil der Mathematik und an den Instituten, wo wert darauf gelegt wird, werden auch entsprechende Kurse (geleitet von Archäologen) angeboten, die weit entfernt von den "echten" Mathe-Vorlesungen sind.

Ich weiß, man kann sich dazu im INternet informieren, was ich auch getan habe, allerdings findet man dort kaum Informationen, die weiterhelfen.

Das muss ich jetzt aber doch mal kommentieren. Meines Wissens nach haben alle Studiengänge in Deutschland ihre Studien(verlaufs)pläne (Studienorndungen, Prüfungsordnungen) inzwischen online gestellt. Du brauchst also nur auf die Homepage der dich interessierenden Uni zu gehen, das entsprechende Fach herauszusuchen und sich dort den Studienplan anzuschauen. Dann wirst du sehen, ob an dem jeweligen Institut Mathe/Physik/Chemie vorgeschrieben sind oder nicht.

BagpipeMaster 
Fragesteller
 12.01.2015, 21:13

Ah, vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Also ich habe das jz. so verstanden, dass es an manchen Unis naturwissenschaftliche Veranstaltungen für Archäologen gibt, diese aber nicht Pflicht sind und nicht benotet werden. Mir diese naturwissenschaftlichen Grundlagen anzulesen und anzuhören ist ja nicht so schlimm, Hauptsache, es wird nicht geprüft.

Was kannst du mir denn noch zur Statistik sagen? Was GENAU macht man da? Wie schwer ist das? Denn meine Cousine studiert Soziologie und da haben sie mit Statistik sehr viele Studenten aussortiert.

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So langsam wird das Problem klar. Du schreibst:

Soweit ich weiß, muss man z.B. in Bochum im Studiengang "Archäologischewissenschaften" (klass. Archäologie, Archäometrie und Ur- und Frühgeschichte) nämlich auch Mathe, Chemie und Physik im Nebenfach belegen und Klausuren schreiben. :O

Der Knackpunkt ist hier die Archäometrie.

Um gleich die Seiten der Uni Bochum zu zitieren:

Die Archäometrie ist eine Partnerwissenschaft der Archäologie und bezeichnet die Anwendung naturwissenschaftlicher Analyseverfahren zur Beantwortung archäologischer Fragestellung aller Epochen und archäologischer Disziplinen.

Dafür brauchst du natürlich die von dir ungeliebten Fächer Mathe, Chemie und Physik.

Und ehrlich gesagt, aus Sicht des praktischen Archäologen schadet mehr naturwissenschaftliches Methodenwissen keinem Archäologen, auch wenn es sich bei den traditionellen archäologischen Fächern um Geisteswissenschaften handelt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Studium und 17 Jahre Berufserfahrung
BagpipeMaster 
Fragesteller
 12.01.2015, 21:17

Genau, du hast es erfasst. :D Natürlich schadet das Wissen nicht. Anhören und Anlesen ist ja auch in Ordnung; Hauptsache keine Prüfungen darin. :D

Übrigens: Wenn man Archäologische Wissenschaften in Bochum als 2-Fach-Bachelor studiert ist die Archäometrie da nicht bei. Nur UFG und klass. Archäologie; hört sich also schonmal recht passabel an.

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Jerne79  13.01.2015, 04:27
@BagpipeMaster
Hauptsache keine Prüfungen darin

Ich glaube, du solltest dich geistig darauf vorbereiten, daß du im Studium nicht für Prüfungen lernst, sondern für die Zeit danach. Die Zeiten, in denen man nach einer Klausur das Gelernte wieder vergessen kann sind dann nämlich vorbei.

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BagpipeMaster 
Fragesteller
 13.01.2015, 20:48
@Jerne79

Mir geht's nur darum, dass ich aufgrund von Prüfungen in naturwissenschaftlichen Fächern nicht rausfliegen möchte; denn ein zweiter Wechsel wäre echt mies, da ich dann ganze 2 Jahre verloren hätte. Man kann wissen auch dauerhaft behalten, ohne für Klausuren lernen zu müssen. So ist es bei mir z.B. mit der Astronomie.

Wenn der NW-Schrott wirklich keine Pflicht sein sollte und nicht geprüft wird (also in der klass. Archäologie und der UFG), dann wäre es perfekt.

Archäometrie mache ich dann mal auf keinen Fall.

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Plasmaspender  14.01.2015, 02:40
@BagpipeMaster

Verabschiede dich weiterhin von dem Gedanken, dass es Veranstaltungen ohne Leisungskontrolle (Referat, Hausarbeit, Klausur...) und Benotung gibt. Seit der Einführung von Bachelor und Master gbit es "Sitzscheine" so gut wie nicht mehr. Die einzige Veranstaltungsform, die es an manchen Instituten (nicht an allen!) ohne Leistungskontrolle gibt, sind die Vorlesungen. Dass "Chemie/Mathe/Physik für Archäologen" als Vorlesung angeboten wird, kann ich mir aber kaum vorstellen. Es dürfte sich dann eher um Übungen handeln - und die sind eben mit Leistungskontrolle.

(Es ist allerdings erlaubt, an solchen Übungen "freiwillig und aus Spaß an der Freude und aus Interesse" teilzunehmen ohne sich die Credit Points dafür anrechnen zu lassen. Du müsstest dann eben zugucken, dass du dir die benötigten Credit Points in anderen Veranstaltungen holst.)

Aber noch einmal: Veranstaltungen mit solchen Inhalten sind normalerweise nicht Pflicht, sondern höchstens Wahlpflicht, z.B. als eines von mehreren wählbaren Veranstaltungen aus einer Gruppe (Modul). (OB sie Pflicht sind, kannst du den Prüfungsordnungen der jeweiligen Institute entnehmen - die gibt es alle online!)

Deswegen rausfliegen wirst du wohl kaum, da man Prüfungen erstens wiederholen kann, und man zweitens, wie schon erwähnt, häufig eine Veranstaltungen durch eine andere ersetzen kann. Wenn zum Beispiel eine Veranstaltung aus dem Modul "Naturwissenschaften" vorgeschrieben ist und du durch "Chemische Grundlagen für Archäologen" rasselst, kannst du normalerweise (!) immer noch eine andere Veranstaltung aus diesem Modul belegen (zum Beispiel "Statistische Auswertung in der archälogischen Anwendung"). Dann hast du die erste Veranstaltung eben umsonst gemacht und ein bisschen Zeit verloren - aber du fliegst nicht gleich raus deshalb.

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WO genau hast du das gelesen?

Es gibt einzelne Institute, die den naturwissenschaftlichen Bereich vertieft haben. Das heißt aber im Allgemeinen nicht, dass jeder Student das tun muss. An meiner Alma mater war Archäobotanik das große Steckenpferd, aber nur wenige Studenten waren da involviert.

Außer nette Kaffeetrinken mit den Botanikern hatte ich zum Beispiel nichts mit denen zu tun. ;-)

Kanzelparagraph  09.01.2015, 14:08
Außer nette Kaffeetrinken mit den Botanikern

Na, das ist doch schon ein Wert an sich ;-) So nette Leute wirst Du so schnell nicht wieder finden...

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BagpipeMaster 
Fragesteller
 09.01.2015, 16:21
@Kanzelparagraph

Botanik ist ja auch sehr interessant und cool; wenn man von den biochemisch-physiologischen Prozessen absieht :D

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BagpipeMaster 
Fragesteller
 09.01.2015, 16:26
@Kristall08

Inwiefern? Also zurzeit studiere ich noch Landschaftsökologie, bin aber mit den Naturwissenschaftlichen Grundlagen mehr als überfordert,

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Kristall08  09.01.2015, 16:27
@BagpipeMaster

Wegen der Archäobotanik, meinte ich. ;-)

Dann würde ich dir aber ein anderes Nebenfach als Klarchologie empfehlen. Damals war das dort einfach nur grottig...

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BagpipeMaster 
Fragesteller
 09.01.2015, 16:35
@Kristall08

Danke für den Tipp^^

Wie gesagt, ich liebe halt Pflanzen und Tiere (Bestimmen und Klassifizieren) und habe deshalb auch mit Lök angefangen, doch die Naturwissenschaften werden mich wohl raushauen, weshalb ich vllt. auf meine zweite Leidenschaft Archäo + Ur-Geschi umsatteln muss. Wäre super, wenn ich das dann noch mit Botanik und Zoologie kombinieren könnte. Vorausgesetzt, ich muss kein Mathe, Chemie und Physik machen.

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Plasmaspender  10.01.2015, 00:04
@BagpipeMaster

Es gibt einige Unis, wo man UFG mit Biologie kombinieren kann. Es könnte aber sein, dass da mehr auf dich zukommt als nur Tiere+Pflanzen. Schau dich am besten auf den Homepages der Institute um. An einigen Instituten gibt es Lehrstühle für Archäzoologie und/oder Archäobotanik.

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Jerne79  10.01.2015, 00:17
@Plasmaspender

Wenn er oben schreibt, daß er Archäologie kombiniert mit Archäometrie studieren will, dann stoßen wir langsam zum Kern des Problems vor.

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Plasmaspender  10.01.2015, 00:32
@Jerne79

Dann soll er es eben lassen - zwingt ihn ja keiner Archäometrie zu studieren ;-)

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