Beispiele für sprachliche Diskriminierung?

4 Antworten

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Zunächst muss man hervorheben, dass "Diskriminierung" eigentlich nur "Unterscheidung" bedeutet. Negativ wird's erst, wenn eine Herabsetzung hinzukommt.

Beispiel: "Ich bin eine Frau und du ein Mann." macht zwar einen Unterschied, setzt aber niemanden herab.

"Ich bin ein Mensch." wird erst herabsetzend, wenn man die Frage voranstellt. "Weißt du, was dich und mich unterscheidet?"

Nun zu Beispielen einwandfrei herabsetzender Diskriminierung:

Herabsetzende Begriffe für andere Völker oder Menschengruppen:

Kaasköppe (Niederländer), Fischköppe (Norddeutsche), Preißen (Nichtbayern), Beutebayern (Franken), Kanaken (Ausländer), Froschfresser (Franzosen), Nazis (Deutsche), Kameltreiber (Araber), Sesselfurzer (Beamte), Rechtsverdreher (Anwälte), usw.

Es gibt auch Sätze, die eine sprachliche Diskrimierung darstellen, Beispiel:

"Der Bayer ist der Übergang vom Österreicher zum Menschen."

"Das Gerüst stürzte ein und erschlug drei Studenten. Menschen kamen nicht zu Schaden."

Alle "Ostfriesenwitze" sind (wenn auch meist scherzhafte) sprachliche Diskriminierung der Ostfriesen. (In Frankreich sind das die Belgier, in Belgien die Niederländer.) Für "Judenwitze" bringe ich lieber kein Beispiel.

Ich denke, da hast du schon einiges zusammen.

Es gilt als diskriminierend, in eine Stellenausschreibung zu schreiben, man suche einen Kfz-Mechatroniker. Das klinge so, als wollte man nur einen Mann einstellen. Man muss dann ein "m/w" dahinter schreiben oder ein "In". Manche Leute finden aber auch das diskriminierend, weil es nicht berücksichtigt, dass es auch Leute gibt, die sich weder m noch w fühlen.

Wenn man allgemein etwas über Berufsgruppen sagt, soll man auch die weibliche Form dazu sagen. Wenn man hingegen etwas über Falschfahrer, Diebe oder Terroristen erzählt, wird im Allgemeinen nur die männliche Form verwendet, wodurch nach derselben Logik dann Männer diskriminiert werden.

Z. B. "Krauts" für Deutsche; "Osram" für Jupp Heynkes. Geläufigere Bsp. findest du bestimmt noch.

Auf einen Punkt möchte ich dich aber extra hinweisen: Die von vielen Antidiskriminierungseiferern so geschätze - auf den ersten Blick bescheiden daherkommende - Selbstbezeichnung als "Mensch" ist in Wirklich eine gehobene Form der Diskriminierung.

So will (wollte?) man uns einreden, die Bezeichnung "Eskimo" für die indigenen Völker im nördlichen Polargebiet sei diskriminierend, weil sie in einer Indianersprache "Rohfleisch(fr)esser" bedeute. Sie scheint mir aber nicht besonders herabsetzend, und die etymologische Herleitung wird inzwischen außerdem angezweifelt.

Der entscheidende Punkt aber ist hier ein anderer: In der Regel impliziert die Selbstbezeichnung "Mensch" bei indigenen Völkern nicht den Gedanken: "Wir sind nur ein besonderer Zweig der Menschheit in einer großen Menschenfamilie" (was voraussetzen würde, dass sie einen Begriff von - globaler - Menschheit haben), sondern: "Wir sind Menschen und ihr (die Nachbarvölker) nicht", so dass erstaunlicherweise herauskommen kann, dass die Selbstbezeichnung als Mensch eine hohe Form der Diskriminierung darstellt, weil sie indirekt das Menschsein aller anderen Völker bestreitet.

Es gibt z. B. im Deutschen für Menschen anderer Hautfarbe fast nur Bezeichnungen, die von milde herabsetzend bis extrem verächtlich konnotiert sind.

Beschreibungen von Hautfarbe wurden lange Zeit nur benötigt, um damit gleichzeitig Wertunterschiede bzw. die eigene Überlegenheit zum Ausdruck zu bringen. Das verweist auf die Wechselwirkung zwischen sprachlichem Ausdruck und Gedankenbildern bzw. Werturteilen: Wir formen Worte, um Gedanken auszudrücken, aber die Worte, die wir zur Verfügung haben, prägen auch unser Denken.

RudolfFischer  29.01.2018, 09:01

Ich fühle mich aber nicht herabgesetzt, wenn ich als "Weißer" bezeichnet werde. Ist zum Teil eine Frage des Selbstbewusstseins.

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RudolfFischer  29.01.2018, 09:23

Es gibt einen Mechanismus des Sprachwandels, der bewirkt, dass fast alle Personenbezeichnungen (vor allem Frauenbezeichnungen) auf die Dauer negativ konnotiert werden. Eine Bezeichnung für eine bestimmte Personengruppe "diskriminiert" (unterscheidet) notwendigerweise. Da Herabsetzung in unserer Gesellschaft (mit Recht) streng verpönt ist, setzt häufig bei bislang neutral konnotierten Bezeichungen bald die ängstliche Frage ein: "Ist diese Bezeichnung nicht doch herabsetzend?" Meistens findet sich auch eine Begründung, auch wenn sie mehr oder minder an den Haaren herbeigezogen, oft einfach sachlich falsch ist.

Die Begründung ist häufig: "Man darf einen Menschen nicht auf eine bestimmte Eigenschaft reduzieren." Beispiel: Behinderter. Ab da wird dann verbreitet, dass man dieses Wort nicht mehr verwenden darf, und es kommt teilweise zu grotesken "Positivbezeichungen" wie "Bewegungsfreudiger" (Zappelphilipp), "Verhaltenskreativer" (Dauerstörer), usw.

Ein neueres Beispiel ist "Flüchtling", wobei angeblich "-ing" negativ wertend sein soll (völliger Unsinn), so dass man auf "Geflüchtete" ausweicht (Plural, damit nicht auch noch die Genderproblematik dazukommt). Sicher wird man bald "entdecken", dass auch "Geflüchtete" die Menschen auf eine Eigenschaft reduziert, so dass man sich etwas anderes ausdenken muss, etwa "Allochthone" (das versteht wenigstens keiner). Wir haben ja auch sonst keine Probleme ...

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