Auf welcher Art "Klavier" spielte Mozart und wie war der Klang?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Mozart hatte unter anderem einen Hammerflügel von Anton Walter, das war ein bekannter Klavierbauer aus der damaligen Zeit. Das Instrument hatte 5 Oktaven. Ein weiterer Unterschied zu modernen Instrumenten war die Besaitung, die viel dünner war als heute und aus einem anderen Material. Die Hämmerchen waren demgemäß kleiner und viel leichter und nur beledert und nicht befilzt, wie hier auch schon fälschlicherweise behauptet. Die Mechanik war eine Prellzungenmechanik (auch unter dem Namen Wiener oder deutsche Mechanik bekannt). Der Klang ist unter dem Strich viel leiser, er musste auch nicht so laut sein, denn so große Konzertsäle wie heute gab es damals nicht. Du findest zahlreiche CD-Einspielungen mit werken von Mozart, die auf einem originalen oder auch auf einer Kopie eines solchen Flügels eingespielt wurde, da kannst Du hören, wie diese Instrumente geklungen haben. Sie erfordern einen anderen, gefühlvolleren Anschlag als die modernen Flügel. Spielt man sie so wie ein modernes Instrument, so klingen sie schnell hässlich. Wesentlicher Unterschied ist auch, dass der Tastentiefgang viel geringer ist, als bei heutigen Klavieren.

Kosmopolit2012 
Fragesteller
 13.10.2012, 09:06

Das ist eine interessante Antwort, danke! So eine CD kaufe ich mir.

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tintoretto  13.10.2012, 22:01
@Kosmopolit2012

eine gute Antwort - allerdings darf man eines nicht vergessen/übersehen: dieser hier angeführte Hammerflügel wurde 9 Jahre nach dem Tode Mozarts "überarbeitet".... unter Kennern der Materie ist damit erwiesen, dass die Aufnahmen keineswegs mit dem Ton der Originalzeit übereinstimmt. (Es wird auch heute noch gerätselt, ob beim Originalinstrument der Dämpfer nicht doch mit einem Knieheben bedient wurde.... Das originale Instrument ist nicht mehr eruierbar) Aus diesem Grunde habe ich in meiner Antwort dies auch nicht genannt, da es eben einen irrtümlich Eindruck vermittelt... Trotzdem Gratulation zum Stern... Manchmal zählt eben Bemühung mehr, denn Wissen....

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tintoretto  13.10.2012, 22:05
@tintoretto

http://en.wikipedia.org/wiki/Anton_Walter :

Wolfgang Amadeus Mozart bought a Walter piano in about 1782, [ 1 ] and employed it in one of the most important phases of his career, the composition and highly successful premieres of his mature piano concertos (see: Mozart piano concertos ). In 1800 (nine years after Mozart's death), this instrument was modified by Walter. [ 1 ] It survives today (and is kept in Mozart's birth home in Salzburg ), but cannot provide reliable testimony for Mozart's own performance practice, due to Walter's modifications. Most pertinently, we cannot know whether Mozart was able to raise the dampers during playing using a knee lever (the equivalent of the modern damper pedal ) or had to make use of a hand stop at keyboard level, which would have necessitated a free hand. A Walter instrument in Nuremberg , dated 1790 by Kottick and Lucktenberg, uses hand stops. [ 4 ] [ 5

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Bluemilk  13.10.2012, 22:24
@tintoretto

Es gibt keinen Flügel aus der damaligen Zeit, der sich noch in originalem Zustand befindet, wie sollte das auch nach so langer Zeit noch möglich sein. Es haben sich aber genügend verschiedene Instrumente aus dieser Zeit erhalten, die es erlauben, das eine oder andere davon so zu restaurieren oder zu kopieren, dass man heute einen guten Eindruck davon gewinnen kann, wie die Klaviere damals geklungen haben. Zu dieser Zeit gab es viel verschiedenere Instrumente, die viel unterschiedlicher geklungen haben als heutzutage, wo die meisten Flügel doch vergleichsweise sehr ähnlich sind. Mozart hat auf Reisen auch vermutlich die unterschiedlichsten Klaviere gespielt, schlechtere und bessere. Die Klangwelt der Hammerflügel kann heute auf zahlreichen gut restaurierten oder kopierten Instrumente nachvollzogen werden. Ob die Dämpfung mit einem Kniehebel oder einem Pedal bedient wird, macht klanglich keinen wesentlichen Unterschied.

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tintoretto  14.10.2012, 15:26
@Bluemilk

sicherlich, Bluemilk - eigentlich müsstest du wissen, dass zwischen einem "Umbau" und laufenden Erhaltungsarbeiten ein grosser Unterschied ist... daher - wie du meinem beigefügten Link aus dem englischen entnehmen kannst, kann man bei dem von dir angesprochenen Instrument durch den Umbau keine (!!) Rückschlüsse mehr auf die Leistung bzw. Tonqualität zu Mozarts Zeiten rückschliessen. Daher ist das Instrument, das ebenfalls in Salzburg steht, der "Schmid-Hammerflügel" das Originalere, da es nie "umgebaut" wurde!...Die Ausgabe für eine CD des ehemaligen Walter-Instrumentes lässt sich daher ersparen.

LG

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Bluemilk  14.10.2012, 21:57
@tintoretto

Ich habe den Walter Flügel lediglich als Beispiel für einen Hammerflügel erwähnt und nicht den Anspruch erhoben, dass dieser das Non-Plus-Ultra eines Hammerflügels ist oder ausschließlich dieser als Beispiel für den Klang eines Hammerflügels dienen kann. Ich kenne übrigens als an historischen Instrumenten interessierter Klaviertechniker eine Reihe originaler Hammerflügel in unterschiedlichsten Erhaltungszuständen und auch etliche Kopien ziemlich genau!

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Kosmopolit2012 
Fragesteller
 15.10.2012, 23:01
@tintoretto

tintoretto

".Die Ausgabe für eine CD des ehemaligen Walter-Instrumentes lässt sich daher ersparen."

Ob ich mir eine CD kaufe, entscheide ich allein.

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Haldor  31.12.2021, 12:00

Ich habe neulich den Anfang des Klavierkonzerts Nr. 17 KV 453 auf so einem Flügel mit dünnem Klang gehört. Ich muss sagen: ich war wenig begeistert. Kein Vergleich mit den heutigen Klavieren, wo das Soloinstrument mit gewaltigem Klang mächtig aufrauscht und zum eigentlichen Widerpart des Orchesters wird. Selbst Beethoven hat gemeint, dass die Pianoforte manchmal wie eine Harfe klingen, deshalb favorisierte er auch die englischen Klaviere, die mächtiger im Klang waren. Wenn Mozart seine Konzerte auf so einem Dünn-Klang-Klavier gespielt hat, so kann man vielleicht verstehen, dass er vom Kaiser (Joseph II.) nicht entscheidend gefördert wurde, da sich seine Klavierkonzerte dann kaum von den Salieri-Konzerten unterschieden. Hätte Mozart seine Klavierkonzerte auf einem heutigen Flügel gespielt, wäre er sofort der King, die absolut anerkannte Komponistengröße gewesen und entsprechend gefördert worden.   

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Bluemilk  31.12.2021, 14:43
@Haldor

Jeder wie er will, bzw. wie es ihm gefällt! Ich gebe zu, dass der Klang eines historischen Flügels gewöhnungsbedürftig ist. Auch spielt natürlich die Größe des Orchesters eine Rolle, für ein Orchester, das einen Hammerflügel begleitet, genügt es, jedes Instrument nur einfach zu besetzen, klanglich auch gewöhnungsbeürftig. Man muss dazu bedenken, dass zu Mozarts Zeiten die Räume, in denen musiziert wurde, auch viel kleiner waren! Große Konzertsäle haben sich erst nach der französischen Revolution etabliert.

Mozart war zu seiner Zeit übrigens sehr wohl ein "King", wie Du Dich ausdrückst. Und Beethoven hat sehr früh schon schlecht gehört und war die letzten Jahres seines Lebens taub. Klar, dass er lautere Instrumente bevorzugte. Extra für ihn wurde sogar ein Flügel gebaut, der pro Ton vier Saiten hatte, statt der damals üblichen zwei oder drei. Allerdings ist die Lautstärke eines Tones nicht automatisch proportional zu den dabei klingenden Saiten lauter, also hat das Beethoven nicht wirklich viel gebracht.

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Haldor  31.12.2021, 18:04
@Bluemilk

Also, nach meinen Informationen stimmt das nicht, dass Mozart der King war. Deshalb mein Interesse an den Klavieren, die er damals spielte. Es waren eben diese Klaviere mit dem dünnen Klang, die verhinderten, dass man in Mozart den King sah. Wenn man heute seine Klavierkonzerte hört, besonders die letzten, ist man hingerissen. Warum waren es die damaligen Hörer nicht auch? Wie gesagt: als ich das Konzert Nr. 17 mit dem Pianoforte hörte, war ich alles andere als hingerissen. Mozart klagte damals, dass für den Kaiser (Joseph II.) nur Salieri und noch einmal Salieri galt. Außerdem noch Gluck, der ein hervorragend dotiertes Amt als Hofkompositeur (bis 1787) innehatte, Mozart dagegen ein viel schlechter dotiertes Pfründenamt (Sinekure)? Salieri  erschien damals mindestens genauso gut wie Mozart, und bei den Klangwirkungen des Klaviers fiel es gar nicht auf, um wieviel besser und wirkungsvoller die Mozartschen Klavierkonzerte waren. Sicher kann man argumentieren, dass der Adel Mozart seinen „Figaro“ übelgenommen hat, aber seine Klavierkonzerte hat Mozart als seine besonderen Schmuckstücke angesehen. Mit Recht. Doch damals hat man das offenbar nicht so gesehen. Der King war damals eindeutig Salieri, an 2. Stelle kam Gluck.

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Bluemilk  31.12.2021, 23:15
@Haldor

Also, dass vor allem die letzten Klavierkonzerte von Mozart, wie Du schreibst "hinreissend" sind, darin sind wir uns einig. Es sei Dir auch unbenommen, wenn Du findest, auf dem modernen Klavier klingen sie besser. Ich war auch einmal dieser Meinung, bin aber mittlerweile zu der Erkenntnis gekommen, dass sie auf historischen Klavieren genau so gut klingen können, durchaus "anders", aber genau so gut, sicherlich aber authentischer, weil für diesen Klang hat Mozart komponiert. Voraussetzung für einen guten Klang eines historischen Instrumentes ist, dass das Instrument in gutem Zustand ist und der Pianist auch daruf spielen kann. Es ist nämlich ein großer Unterschied, wie man auf einem modernen Flügel spielen muss und wie auf einem historischen. Die meisten "modernen" Pianisten haben nicht gelernt, wie man einen Hammerflügel behandelt und spielen ihn - wenn sie ihn gelegentlich spielen - so, wie ein modernes Instrument. Dann klingt er hässlich, er "schreit", es fehlt an Dynamik und es klingt enttäuschend.

Grob gesagt, man muss einen Hammerflügel mit viel weniger Kraft und viel mehr mit Gefühl für die kleinen Nuancen spielen, damit es schön klingt. Das Niedergewicht eines Hammerflügels ist viel geringer, der Tastentiefgang oft nur bei 5 mm (statt 10), kurz und gut, ein historischer Hammerflügel ist eine andere Klangwelt, die dann aber sehr schön sein kann. Es gibt sehr wenige wirklich gute Hammerflügel-Spezialisten!

Dass damals Mozart vielleicht von manchen Zeitgenossen hinter Salieri und Gluck gereiht wurde, hängt sicher damit zusammen, dass Mozart zwar ein genialer Musiker und Freidenker war, aber eines sicher nicht: Ein Geschäftsmann. (Entgegen zuweilen geäußerten Ansichten, Mozart wäre arm gewesen: Mozart hat sehr gut verdient, er konnte aber mit Geld nicht umgehen und hatte daher oft Geldprobleme.) Und ein Selbstdarsteller, so wie Salieri, war er ziemlich sicher nicht. Salieri hat sich sicher viel besser vermarktet! Und Gluck war einfach viel älter als Mozart und spielt damit in einer anderen Liga.

Ich denke nicht, dass das Urteil seiner Zeitgenossen dadurch geprägt wurde, dass seine Kompositionen durch die damaligen Instrumente eingeschränkt worden wären.

Viel Spaß beim Musikhören!

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Noch ein kleiner Nachtrag zu deiner Frage: Ich höre gerade im Fernsehen (ORFIII) ein Klavier-Recital von Paul Badura-Skoda der auf einem Hammerflügel Marke Walter spielt. Er hat dem Publikum zu diesem Instrument sehr informative Erklärungen gegeben, u. a. daß statt der Fußpedale zwei Kniehebel betätigt werden, die den Ton einmal dunkler und weicher machen oder mit dem anderen Hebel den Tönen einen Nachhall geben. Außerdem hat er erzählt, daß es für einen heutigen Pianisten nicht ganz leicht ist, von einem modernen Flügel auf ein Hammerklavier zu wechseln, weil man bei letzterem nur ganz zart anschlägt und für einen modernen Flügel "Muskelkraft" einsetzt.

Kosmopolit2012 
Fragesteller
 13.10.2012, 10:51

Danke, Christa, das kann ich mir gut vorstellen, dass dem Pianisten die Umstellung schwer fällt. Ich bewundere schon die Organisten, die mit Händen und Füßen ihr Instrument bedienen müssen. Ich glaube, Mozart hätte sich gefreut, wenn er seine wundervollen Klavierkonzerte auf den heutigen Klavieren gehört hätte

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Zitat aus: http://www.lugert-verlag.de/files/pdf/MozartAnsichtsseiten46.pdf

Zu Mozarts Zeit nannte man alle Tasteninstrumente Klavier. Er spielte lange Zeit meist auf einem Cembalo. Bei diesem Instrument werden die Saiten von unten durch einen Federkiel angerissen. Man kann die Lautstärke nur durch zusätzliche Vorrichtungen verändern. Das Hammerklavier, bei dem die Saiten durch Filzhämmerchen angeschlagen werden, war gerade erfunden worden und noch nicht sehr verbreitet. Da man bei ihm durch den Anschlag die Lautstärke verändern kann, nannte man es auch Pianoforte, was übersetzt Leiselaut bedeutet.

Kosmopolit2012 
Fragesteller
 12.10.2012, 18:04

Danke für die Ausführlichkeit.

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Ich denke mal Du spielst auf das Cembalo an. Das ist zwar ein Zupfinstrument, war jedoch zu Mozarts Zeiten sehr verbreitet.

Schau ... oder besser ... hör mal:

Richard Fuller spielt Mozarts Phantasie in C-Moll auf einem Hammerklavier

Augen zu ... hören ... genießen ....... ;-)

Kosmopolit2012 
Fragesteller
 16.10.2012, 19:26

Das ist sehr interessant, dankesehr ! Der Unterschied zum heutigen Klavier ist enorm , es klingt nicht so schön. Mozart hätte sich über unser heutiges Piano bestimmt riesig gefreut.

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Entdeckung  16.10.2012, 19:37
@Kosmopolit2012

Diese alten Instrumente klingen für unsere Ohren alle nicht "so schön" sie sind technisch nicht so ausgereizt ... das ist der Grund dafür.

Und im übrigen bin ich mir nicht so sicher, ob der "Wolferl" sich über unsere heute Art seine Musik zu spielen wirklich gefreut hätte.

Kennst du Nikolaus Harnoncourt ... und seinen Consentus Musicus?

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Bluemilk  16.10.2012, 22:10
@Entdeckung

Noch eine Bemerkung von mir zu Hammerflügeln: Der Klang ist auch Gewohnheit! Man muss versuchen, den gewohnten Klang des modernen Flügels einmal zu vergessen. Hört man dann einen auf alte Klavier spezialisierten Pianisten auf einem guten Hammerklavier spielen, so erschließt sich einem möglicherweise eine neue Klangwelt: Der Klang ist farbiger, weniger steril, intimer. Es gehört auch dazu, dass das Instrument nicht gleichschwebend temperiert gestimmt ist, sondern in einer passenden historischen (ungleichschwebender) Stimmung, das ist ganz wichtig! Mir gefällt das sehr gut!

Ein gutes Beispiel zum Reinhören: Mozart Sonaten gespielt von Christine Faron, erschienen 1990 bei Koch international Classics Schwann

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ahoi1  16.10.2012, 22:27

entdeckung, ich bin erstaunt, wie sehr du dich auch auf diesem Gebiet auskennst! LG!

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Entdeckung  16.10.2012, 23:04
@ahoi1

Da gibt es nichts zu staunen ... ich bin "bekennender" Klassikfan ... ;-)

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tintoretto  17.10.2012, 10:04
@Entdeckung

DH - ein sehr guter Beitrag, der auch verdeutlicht, dass eben "umgebaute" Instrumente keinerlei Ähnlichkeit mehr mit den Originalen, lediglich restaurierten haben!

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