Angst um meine Ratten?

3 Antworten

Es wäre schon schön gewesen, eine Antwort zu bekommen, weil ich vor hatte dir zu helfen.

Zunächst - und das soll nun kein Vorwurf sein und hat auch mit Vermenschlichung nichts zu tun - fühle dich mal in folgende Situation hinein: stelle dir vor, jemand nimmt dich aus deinem gewohnten Umfeld, trennt dich von deinen Freunden und deiner Familie und setzt dich irgendwo in der Wohnung einer dir vollkommen fremden Familie ab. Würdest du dich mit oder ohne einen Freund an deiner Seite sicherer/wohler fühlen? Und versuche auch, dich in die Haut der Familie zu versetzen, der man plötzlich einen Fremden in die Wohnung stellt und praktisch sagt "der wohnt jetzt hier und schläft in eurem Bett!" (und Menschen sind nicht so territorial, wie Ratten)^^

Es wäre besser gewesen, der jüngeren Ratte ein ihr bekanntes Tier an die Seite zu geben. Geteiltes Leid ist bei Ratten tatsächlich halbes Leid.

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Also dann... wall of text incoming

Eine Rattenvergesellschaftung sollte idealerweise folgendermaßen ablaufen:

Du solltest einen Zweitkäfig zur Verfügung haben. Wenn der nicht vorhanden ist, geht auch eine blickdichte Aufteilung des einzigen Käfigs in zwei Teile - ein Teil für das alte, ein Teil für das neue Rudel. Der Teil für das neue Rudel sollte am besten zuvor mit einer Mischung aus viel Wasser und ein wenig Essigessenz (beseitigt Gerüche und beinhaltet keine künstlichen Parfüms/Düfte) gereinigt werden und frisches (neutral-riechendes) Einstreu beinhalten. Ein Zweitkäfig wäre besser, weil du die beiden Rudel damit effektiver trennen kannst. Das heißt perfekt wäre es, wenn das eine Rudel das andere nicht riechen, nicht hören und nicht sehen kann, solang sie getrennt sind aber das setzt sehr viel Platz in der Wohnung voraus.

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Zusammenführung: du setzt das neue und das alte Rudel auf neutralen Boden. Neutral heißt: keine deiner Ratten sollte diesen Bereich kennen/schon einmal markiert haben. Der Sinn dahinter ist der, dass so schon mal keine Revierkämpfe stattfinden werden. Ratten sind SEHR territorial und verbeißen oder töten sogar nicht selten uneingeladene/fremde Gäste aus ihren (markierten) Revieren.

Ein kleiner Raum bietet sich am besten an - keine Versteckmöglichkeiten, keine Ablenkungen im Sinne von Gegenständen oder vielen verschiedenen Gerüchen, damit die Tiere nicht vor dem Vorgang der Vergesellschaftung fliehen/sich verstecken können.

Ein Badezimmer wäre gut, sofern das bisher ein rattenfreier Raum gewesen ist (ich habe meine Ratten in der sauberen, trockenen Dusche, die mit einem großen Handtuch ausgelegt war, vergesellschaftet). Es geht aber auch ein durch Barrieren abgetrennter Bereich in einem großen, neutralen Zimmer.

Setze die Tiere also nun also in dem gesicherten Bereich ab und platziere dich ein wenig abseits, wo du die Tiere nicht störst aber trotzdem nah genug zum Eingreifen und Beobachten bist. Der Mensch muss dabei bleiben und die Tiere genau im Auge behalten. Nimm dir am besten vorsichtshalber dicke (!) Handschuhe und/oder einen Gegenstand, wie zB. eine Kehrschaufel, mit der du die Tiere im Falle einer ernsten Beißerei trennen kannst ohne dabei selbst gebissen zu werden - Rattenbisse sind sehr schmerzhaft und gehen tief ins Fleisch!

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Normale Reaktionen der Ratten, welche kein Eingreifen verlangen, können sein:

  • "Boxkämpfe" - die Ratten stellen sich auf die Hinterbeine und "boxen" mit ihren Vorderpfoten
  • das gegenseitige Unterkriechen (kann sowohl Dominanzgehabe, als auch Unterwerfung/ein Beschwichtigungsversuch sein)
  • gelegentliches Zwicken und Ziehen mittels der Zähne am Rücken, an der Seite oder an der Flanke eines anderen Tieres
  • Tritte
  • die Unterwerfung eines anderen Tieres, wozu dieses auf den Boden gedrückt und mit den Pfoten dort gehalten wird
  • Quieken und Fiepen gehört dazu - passe auf, wenn die Tiere wirklich laut werden oder sogar schreien (ein Rattenschrei treibt dir als Halter buchstäblich die Tränen in die Augen, weil er extrem laut ist und durch Mark und Bein geht)

Achtung:

  • das "Buckeln" und Fellsträuben (gesträubtes Fell bedeutet Unwohlsein, Aggression oder Schmerzen, zeigen sie häufig bei einer Vergesellschaftung)
  • Schwanzpeitschen oder Schwanztrommeln auf den Boden (aufpassen, das bedeutet Aggression oder Angriffsbereitschaft)

Auch wenn es hart erscheint - gewisses Dominanzverhalten musst du zulassen. Es geht bei der Vergesellschaftung vorallem um die Rangfolge. Die kleine Ratte hat natürlich schlechtere Chancen gegen die großen aber trotzdem darfst du keineswegs erwarten, dass sie sich auf Anhieb verstehen - wie erwähnt: Ratten sind bei Eindringlingen nicht selten sehr rabiat. Versuche wirklich nur einzugreifen, wenn du meinst, dass es gefährlich für ein Tier wird.

Heißt: wenn ein Tier von einem anderen regelrecht gejagt wird, wobei es auch zu Bissen in den Rücken oder in die Flanke kommt oder das gejagte, permanent weglaufende Tier überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommt. Nimm eine der beiden Ratten und setze sie wenig später zurück auf den Boden.

Ein Eingriff ist AUF JEDENFALL notwendig, wenn sich die Tiere heftig ineinander verkeilen, lautes Gequieke oder gar Schreie zu hören sind, Fellfetzen fliegen bzw. sie richtig aufeinander losgehen (oder eine auf die andere) - passe dabei auf deine eigenen Hände auf und trenne sie schnellstmöglich! Achte auf darauf, ob ein Tier von einem anderen am Bauchbereich mit den Zähnen attackiert wird. Der Bauch ist sehr empfindlich und aggressive Bisse in diesen Bereich können schnell tödlich enden, weil sie die Bauchdecke regelrecht aufschlitzen ... was leider auch das Ziel solcher Bisse ist.

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Dieses "Ritual" kannst du mehrfach am Tag durchführen - für den Anfang 2-4 mal immer mit ein paar Stündchen Käfigpause zwischendurch, wobei eine "Runde" nicht länger, als 15-20 Minuten dauern sollte, um die Tiere nicht zu sehr zu stressen. Wenn du meinst, dass die Tiere noch vor Ablauf der 20 Minuten zu gestresst sind (weil du sie mehrfach trennen musstest), beende vorzeitig.

Und bitte IMMER dabei bleiben und ein genaues Auge auf das Geschehen halten!

Markieren die Tiere sich gegenseitig: super Fortschritt! Dann kannst du sie auch mal gemeinsam dort herumlaufen lassen, wo sie üblicherweise ihren Auslauf haben (unter Aufsicht!).

Wenn du merkst, dass die Tiere nach einer Weile ruhiger miteinander werden, können die Runden auch mal länger durchgezogen werden und/oder die Tiere können nach kürzeren Pausen wieder zusammengesetzt werden.

Den Käfig sollten sie sich aber erst dann in Gänze teilen dürfen, wenn sie in dem Vergesellschaftungsbereich friedlich miteinander sind. Dann neues Einstreu rein und ein bisschen was vom alten Einstreu beider Rudel mit unter das frische Einstreu mischen.

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Es kann Tage, Wochen oder sogar Monate dauern, bis sie wirklich gut miteinander sind. Da Ratten Charaktertiere sind, ist es ganz und gar abhängig von ihnen, wie lang sie brauchen, um ein Rudel zu bilden. Sollten sie sich nach 4 Monaten immernoch nicht vertragen, solltest du die Hoffnung allerdings aufgeben.

Wie hast du die Tiere zusammengeführt? Eine Vergesellschaftung von Ratten ist kein Kinderspiel und kann selbst unter guten Bedingungen Monate dauern. Sage mir bitte nicht, du hast die neue Ratte einfach zu den anderen in den Käfig gesetzt.

Zudem wäre es besser gewesen, wenn du zwei neue Tiere zu deinem bestehenden Rudel hinzugefügt hättest, denn die kleine neue Ratte ist jetzt größtem Stress ausgesetzt und muss da alleine durch.

Vielleicht trennst du sie.