Teil 2
Als Gegenvergleich ziehen wir nun den Wachtturm vom 15. Oktober 1976, Seite 633 heran. Da heißt es:
Falls jemand enttäuscht worden ist, weil er nicht diese Einstellung hatte, sollte er sich jetzt bemühen, seine Ansicht zu ändern, und sollte erkennen, daß nicht das Wort Gottes versagt oder ihn betrogen und enttäuscht hat, sondern daß sein eigenes Verständnis auf falschen Voraussetzungen beruhte. Doch angenommen, du bist einer von denen ... und hast in lobenswerter Weise deine Aufmerksamkeit besonders auf die Dringlichkeit der Zeit gerichtet ... Hast du aber wirklich etwas verloren? Hat dir das wirklich geschadet?“
Die letzten Fragen mussten viele Brüder und Schwestern bitter bejahen. Einige hatten ihren gesamten Besitz verkauft, um die restliche Zeit im Pionierdienst zu stehen. Nun standen sie vor den Ruinen ihrer Existenz aufgrund einer Falschprophetie.
Allein diese zwei Jahreszahlen belegen eindrucksvoll die Doppelmoral und Kehrtwenden der WTG. Wobei sich hier nicht die Bibel widerspricht, sondern einzig und allein der „treue und verständige Sklave“.
Nicht nur die Nicht-Einhaltung der Jahreszahlen ist auf diesen Sachverhalt zutreffend. Immer wieder in der Geschichte der WTG kam es zu weiteren 180-Grad Kehrtwendungen und wurden dann als neues Licht verkauft. Von Rauchen und Kreuz als Religiöses Symbol rede ich gar nicht, es gibt prägnantere Beispiele: Organtransplantationen waren bis 1980 ein Ausschlussgrund. Auch Impfen war bis in den 50er Jahren verpönt, es wurde gar behauptet:
Im Endeffekt ist eine Impfung das unnatürlichste, unhygienischste, barbarischste, schmutzigste, widerlichste und gefährlichste System von Infektion, das bekannt ist. Sein scheußliches Gift befleckt, verdirbt und verschmutzt das Blut der Gesunden und führt zu Geschwüren, Syphilis, Skrofulose, Wundrose, Tuberkulose, Krebs, Tetanus, Wahnsinn und Tod. The Golden Age, 3. Jan 1923, S. 214
Am 28. Januar 2002 ging eine Brief an alle Ältestenschaften heraus, indem eine zehnjährige Assoziierung (1991-2001) der Wachtturm-Gesellschaft mit der UNO gerechtfertigt wurde. Zusammengefasst war darin zu entnehmen, dass diese Registrierung als NGO (Nichtregierungsorganisation) nötig war, um die Bibliothekseinrichtungen der UNO zu nutzen. Angeblich wurden dann die Assoziierungskriterien abgeändert, was die WTG auf Hinweise veranlasste, die Registrierung zurückzuziehen.
Jedoch erhält man auf Anfrage bei der UNO nicht dieselbe Auskunft. Folgender Auszug (Quelle UN DPI, 4. März 2004, http://www.un.org/dpi/ngosection/doc.htm):
In letzter Zeit erhielt die NGO-Sektion zahlreiche Anfragen über die Assoziierung der Watchtower Bible and Tract Society of New York mit der Hauptabteilung Presse und Information (DPI). Diese Organisation ersuchte 1991 um Assoziierung mit dem DPI, was ihr 1992 gewährt wurde. Mit Annahme der Assoziierung erklärte sich die Organisation mit den Erfordernissen zur Assoziierung einverstanden, einschließlich mit der Unterstützung und Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sowie der Verpflichtung und dem Einsatz der Mittel um ihren Unterstützern und einem breiteren Publikum wirkungsvolle Informationsprogramme über UN-Tätigkeiten zugänglich zu machen.
Wieder einmal wird eine gefährliche Doppelzüngigkeit deutlich. Auf der einen Seite werden (u.a. im Wachtturm vom 1. Juni 1991, S. 17) Religionen, die in der UNO vertreten sind, auf schärfste Weise verurteilt. Auf der anderen Seite ist die WTG mit exakt derselben Art und Weise bei der UNO vertreten und hatte (und hat noch?) den gleichen Status inne.
Bluttransfusionen zu vermeiden gehört zu einer der Grundlehren der Zeugen Jehovas. Viele Brüder und Schwestern mussten deshalb schon schwer leiden, manche starben sogar (was Zugegebenerweise nicht immer an der mangelnden Transfusion liegen musste). Umso überraschender also ein Auszug eines Antrages zur Registrierung als Religionsgemeinschaft in Bulgarien:
In Bezug auf die Ablehnung der Bluttransfusion unterbreitet die antragstellende Gemeinschaft, dass es keine religiösen Sanktionen für einen Zeugen Jehovas gibt, der beschließt, eine Bluttransfusion anzunehmen, und dass folglich die Tatsache, dass die religiöse Lehre der Zeugen Jehovas gegen Bluttransfusion ist, nicht als Bedrohung für das öffentliche Gesundheitswesen gelten kann. Christliche Gemeinschaft der Zeugen Jehovas vs. Bulgarien, Council of Europe, 3. Juli 1997, Aktenzeichen 28626/95
Ich denke, dass ich nicht weiter auskommentieren muss, wie gegensätzlich dies mit der Realität übereinstimmt.
Schlussworte
Mein Entschluss steht fest und ich lasse mich davon nicht mehr Abbringen. Ich kann nicht mehr vor den Türen der Menschen stehen und ihnen eine gute Botschaft predigen, an die ich selbst nicht mehr glaube und für mich keine gute Botschaft, sondern eine Botschaft der geistigen Unterdrückung ist. Denn im gesamten Glauben der Zeugen Jehovas lebt man mit der Angst, man könnte Gott nicht Wohlgefallen und wird bestraft.
Ich bin weiterhin ein Mensch, der von der Existenz einer Intelligenz, einem Gott überzeugt ist, auch die Bibel gibt mir bisher keinen Grund, an ihrer Echtheit zu zweifeln. Viele biblische Grundsätze bleiben für mich weiterhin bindend und sind wertvoll für das gesamte Leben, egal welcher Religion man angehört. Auch den Zeugen Jehovas als Person achte ich grundsätzlich hoch, da er aufrichtig nach seiner Überzeugung lebt. Jedoch kann die Leitende Körperschaft anhand ihrer Früchte beim näheren Betrachten keineswegs der treue und verständige Sklave sein!
Gemäß dieser Einsicht möchte ich mit sofortiger Wirkung kein Mitglied der Zeugen Jehovas und auch der Wachtturmgesellschaft und verwandten Organisationen mehr sein.
Ich bitte darum, dass in der nächstmöglichen Versammlung meine Entscheidung bekannt gegeben wird, dass ich aus persönlichen Gründen kein Zeuge Jehovas mehr sein möchte.
Zum Schluss noch ein paar Nachworte. Am schmerzhaftesten wird es sowohl für mich als auch für andere sein, nun gute Freundschaften einfach so abbrechen zu müssen. Gute Freunde halten zusammen, egal was auch passiert. An mir soll es nicht liegen, ich würde nur zu gerne diese mir ans Herz gewachsene Personen weiter um mich haben. Leider macht die Bestimmung der Organisation, dass Abtrünnige zu meiden sind, dem einen Strich durch die Rechnung.
Wie es persönlich mit mir in geistiger Hinsicht weitergeht, möchte ich hier nicht ausführen. Den Glauben an Gott habe ich nicht verloren. Ich werde jedoch nun vorerst davon absehen, mich an irgendeine von Menschen gemachte Institution zu binden.
Bedanken möchte ich mich bei diversen Ältesten, Dienstamtgehilfen und auch normalen Verkündigern, denen andere nicht egal waren, welche auch mal gewagt haben selbst zu denken. Diejenigen, die hinter jedem etwas anderen Gedanken nicht gleich eine Rebellion vermuteten. Vergesst bitte über eure Aufgaben und Vorrechte nicht die Liebe und die Menschen. Öffnet euren Horizont und prüft wie die Beröer das gesamte Spektrum der Wahrheit. Ein Bekannter sagte einmal: Es gibt immer eine Wahrheit hinter der Wahrheit. Wie treffend! In einer Gerichtsverhandlung hört man sich immer beide Seiten an. Ich habe dies letztendlich getan und dies ist nun mein Urteil.
Bedanken möchte ich mich besonders bei meinen Eltern, das sie mich geboren haben, das sie so gewissenhaft und aus aufrichtigem Antrieb bemüht haben, mich zu einem vorbildlichen christlichen Mann erziehen zu lassen. Meine Geschwister, auf die ich trotz gelegentlichen familiären Zwists echt stolz bin! Das ich euch nun damit diese Vorstellung zerstöre, zerbricht mir selbst das Herz. Ich werde immer euer Sohn und Bruder sein, der euch liebt. Doch stellt ihr eine Organisation selbst über die nächsten Verwandten, diese Einstellung kann ich nicht mehr teilen. Ich hoffe wir werden irgendwann wieder ein Verhältnis haben, das von familiärer Liebe zeugt. Das dies nun allen Beteiligten schwer fallen wird, bezweifle ich nicht. Alles Weitere wird sich zeigen.
Schlussendlich möchte ich darum bitten, von Telefonanrufen und (besonders unangemeldeten) Besuchen abzusehen, welche die Absicht haben, mich umzustimmen. Mein Entschluss steht fest. Natürlich würde ich mich über ein ungezwungenes Gespräch sehr freuen, jedoch halte ich dies nicht für realistisch zu erwarten. Damit bin ich am Ende angelangt.
Verbleibend mit lieben Grüßen,
Quelle:
https://www.sektenausstieg.net/sekten/zeugen-jehovas/briefe/2124-eric-der-grosse-knall-kam-im-predigtdienst