Die Westliche Welt hat sich viel verändert in den letzten Jahrzehnten. Und verändert sich laufend.
Trotz Aufklärung, trotz Trennung von Kirche uns Staat etc. war zb in Österreich bis in die 70er Jahre der Ehebruch STRAFBAR, dh du kommst ins Gefängnis. Nicht nur das: Es gab das Delikt des Ehestörenden Verhaltens. Dh wenn du eine fremde Ehe störst kommst du vor den Strafrichter.
Mindestens in den vergangenen 2000 Jahren, wahrscheinlich länger, war das Beziehungsbild ein katholisches, bzw religiös geprägtes. Dazu stehe man wie man will, das ist ein Fakt.
Auch heute haben die Leute in unseren Breiten (Atheist hin oder her) katholisch Beziehungsmuster im Kopf, das ist keine Entscheidung. Es ist das einzige das man kennt seit Jahrtausenden.
Jetzt fallen Normen der Religion erstmals an den Rand der Gesellschaft. Dh die sind nicht mehr durch Gesetze gestützt und haben auch weniger moralische Relevanz. Du bist nicht mehr ein Leben lang entehrt wenn du ein uneheliches Kind bekommst oder bist.
Das ist eine neue Entwicklung, die so vielleicht noch nie da war. Zumindest nicht in den letzten Jahrtausenden.
Die Beziehungsrealität verändert sich. Wenn man unter "Beziehung" das alte Beziehungsbild sucht, jenes, das auch sich als Atheisten bezeichnende in der Programmierung haben, dann wird man unweigerlich enttäuscht sein. Und dann wird man natürlich "beziehungsunfähig" sagen müssen.
Aber das kommt daher, dass man sich an eine Welt klammert die untergegangen ist oder am untergehen ist. Und die Alternative, die Freiheit des Beziehungslebens von Religion ist (auch Atheisten) kaum vorstellbar, weil in der Breite noch nicht dagewesen (einzelne Ausreißer gab es immer). Dafür sitzt das zu tief im kollektiven Bewusstsein, im verankerten Beziehungsideal.
Wenn man zB den Gedanken bis-dass-der-Tod-euch-scheide fallen lässt, und es als natürlichen Bestandteil einer Beziehung auffasst, dass diese auch irgendwann endet, dann stellt das bereits für einige Menschen die Welt auf den Kopf. Sofort ist von "sowas kann ja keine echte Liebe sein" etc etc die Rede. Aber es ist nicht liebe wovon sie reden, sie meinen die Erfüllung einer Schablone, das Gefühl dass sie dabei empfinden nennen sie Liebe.
Dabei ist die Endlichkeit einer Beziehung noch etwas sehr oberflächliches und vergleichsweise leicht zu akzeptierendes.
schwieriger wird es zB beim Fakt, dass Liebe als etwas exklusives aufgefasst wird. Entweder liebst du NUR mich oder ich jage dich in die Wüste. Der Gedanke einen Menschen zu Besitzen oder zu Verlassen, dieser Gedanke ein Recht darauf zu haben dass ein anderer Mensch sich auf eine gewisse Weise verhält, gewisse Dinge tut (zB mich nicht verlässt), gewisse andere Dinge unterlässt (zB Sex mit anderen hat).
All das sind Ideale, man hat uns beigebracht, dass die Welt untergeht wenn unser Partner sich auch für andere Menschen begeistern, und das hat man uns so gut beigebracht, dass wir es wirklich glauben. Dass wir es fühlen. Und es unerträglich wird wenn die Angst sich verwirklicht.
Aber all das ist Kopfgemacht.
Wie gesagt. Langsam aber doch beginnen diese Dinge zu brechen. Aber sie sind noch da.
Die Menschen sehen dass ihre Ideale nicht mehr erfüllt werden, trauen sich aber gleichzeitig nicht ihre Ideale loszulassen.
Daher sagen sie "beziehungsunfähig".
Dass es die eigene Prägung ist die das Problem verursacht, und die das Leiden das aus dem Problem folgt verursacht, dass niemand der sich wegen Liebe schlecht fühlt "schuld" daran ist, außer der der sich schlecht fühlt, all das können die Menschen noch nicht sehen. Vielleicht nie. Vielleicht eines Tages.
Bisschen Plakativ gesagt:
Man hat den Menschen über Jahrtausende eingeredet sie seinen Hühner. Jetzt erkennen sie langsam, dass sie keine Hühner sind. Und sagen: Warum schaffen wir es nicht mehr Hühner zu sein?
Er war nie ein Huhn.
Wenn du aufhörst etwas zu suchen, und einfach bist, dann wirst du glücklich sein. Wenn du aufhörst eine Beziehung zu suchen und einfach liebst, dann wirst du in der Liebe glücklich sein.
Lieben ist nicht leicht.
Denn es wird oft verwechselt mit der Flucht vor Einsamkeit.
Du erkennst dass du jemanden liebst, wenn du bereit wärst zu seinem Wohl auf ihn zu verzichten. Oder zu akzeptieren wenn er/sie eine/n anderen will. Solange du das nicht kannst liebst du nicht.
In diesem Fall liebst du dich selbst: Du spürst Einsamkeit, oder hast Angst vor ihr, und damit das nicht passiert umgibst du dich mit einem anderen Menschen, den du "liebst" weil er es schafft dir deine Einsamkeit zu nehmen. Logisch dass du nicht willst dass er dich verlässt, bzw dass er eine Aktion tut, die dich fürchten lässt er könnte es tun, denn wenn der dich verließe, dann wäre ja die Einsamkeit wieder da.
Man hat ein Bedürfnis, und benutzt einen anderen Menschen um es zu befriedigen. Es ist wie: Man hat Hunger und sucht sich essen. Bzw legt sich Vorräte an. Dass man verhindern will, dass die Vorräte ausgehen ist keine Liebe für die Vorräte, es ist Selbstliebe, da Zweck der Vorräte ist, dass du nicht Hunger leiden musst, dass du dich gut fühlst.
Würdest du die Vorräte lieben würdest du sie nicht essen.
Solange du einen Mensch nicht gehen lassen kannst liebst du ihn nicht, bzw, liebst du dich selbst mehr als ihn.
Um lieben zu können muss man daher zuerst in der Lage sein alleine Glücklich zu sein.
Ich glaube 99% der Menschen leben und sterben ohne jemals geliebt zu haben. Sie lieben sich selbst zu sehr um andere zu sehen. Bzw. um andere als mehr zu sehen als ein Objekt zur Beseitigung der eigenen Einsamkeit.
Das ist nicht traurig. Das ist natürlich.
Niemand hat gesagt, dass Liebe etwas häufiges ist, auch dass ein Schluss den alle annehmen, ohne dass es einen Grund dazu gibt.
Mir ist klar, dass diese Ansicht vielen Menschen nicht schmeckt. Das ist in Ordnung. Jeder hat sein Weltbild und das ist gut so. Ich bitte um Verständnis, wenn ich daher zu Kommentaren von zu harten Verfechtern des alten Glaubens, Fällen bei denen ich erkenne, dass eine Annäherung oder auch nur ein sinnvoller Meinungsaustausch unmöglich ist, eventuell nicht antworte. Nicht aus Ignoranz, sondern einfach weil es keinen Sinn macht jemandem der sich für ein Huhn hält zu sagen, dass er keines ist:
Er weiß ja bestens über Hühner Bescheid: dass sie auf zwei Beinen gehen, sprechen, denken, frei von Federn sind, Haut am ganzen Körper und rote Lippen haben, Haare nur am Kopf und an ein paar anderen Stellen, und ein Säugetier sind. Etc. Dh er wird sich in den Spiegel schauen und ein Huhn sehen. Je mehr er es überprüft, desto mehr wird er sich sicher sein, ein Huhn zu sein.
Programmierungen auf diesem Leven kann man nur schwer bis nicht mit Argumenten entgegentreten.