Das Leben ist kurz. Die Hoffnung, dass immer jemand Neues nur darauf wartet, mit dir eine Paarbeziehung einzugehen, die dann auch noch besser und erfüllender und langlebiger ist als die, die man gerade dreingegeben hat, kann sich als Irrtum erweisen. Was dann?
Eine Paarbeziehung muss überhaupt nicht auf Sexualität aufbauen. Sie kann auf Vertrauen aufbauen, auf Gewöhnung, auf Bequemlichkeit, auf Freundschaft, auf Liebe, auf materieller Notwendigkeit, auf gesellschaftlichen Erwartungen und und und.
Auch wenn Sexualität eine wichtige oder die allerwichtigste Rolle spielt, gibt es unendlich viele Abstufungen und Kombinationsmöglichkeiten, wie sehr das Interesse an Sexualität bei Partnern voneinander abweichen kann. Das kann auch mit der Zeit sich ändern. Äußere und innere Einflüsse können ein sexuelles Verlangen verringern oder verstärken.
Buchempfehlung: "Intimität und Verlangen: Sexuelle Leidenschaft in dauerhaften Beziehungen" von Dr. David Schnarch, ISBN 978-3-608-94798-4
Ich habe aus dem Buch für meine inzwischen zum Glück langjährige Beziehung gelernt, dass man bewusst daran arbeiten muss, die Beziehung zu pflegen und wertvoller zu machen. So richtig förmlich mit "Termin für ein Partnerdate reservieren" und sich dann aufbretzeln und cute anziehen und etwas gemeinsam unternehmen, was Spaß macht. Was das genau ist, hängt vom Paar ab. Die einen mögen ausnahmsweise mal teuer essen gehen, die anderen eine Woche in der Wildnis wandern oder zum ersten Mal Wasserski fahren gehen. Oder vielleicht endlich eine zu lange aus Angst vor Peinlichkeit und Ablehnung geheim gehaltene Leidenschaft mit Aufwand und Vorbereitung auszuleben.
Jeden Tag mehr und mehr ins Gemeinsame hinein investieren anstatt privaten Profit rauszuziehen und emotional abwesend zu sein und eines Tages die Trennung zu wollen und wegzugehen. Man kann so viel gemeinsam Neues entdecken, wenn man sich in die unendlichen Tiefen der anderen und der eigenen Persönlichkeit begibt und das nicht mit boomerigen Sprüchen überspielt oder mit einem Rückfall in Abwehrmuster von vornherein unmöglich macht, weil man eine intensive und immer intensiver werdende Intimität - noch? - nicht erträgt. Das ist ein Wachstumsvorgang. Vor allem gelernt habe ich, dass man die Beziehung frisch erhalten kann, indem man sich mal bedingungslos auf Wünsche der Partnerperson einlässt, anstatt mit der Zeit auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" herabzusinken und nie wieder als Paar etwas Neues, Abenteuerliches zu unternehmen. Das ist nicht einfach, das ist nicht mühelos, das ist eine Aufgabe fürs ganze und möglichst lange gemeinsame Leben.