Der letzte Verhandlungstrumpf Kleopatras waren ihre deshalb schon früher ins Mausoleum geschafften Schätze. Mit diesen drohte sie sich bei einer versuchten Festnahme zu verbrennen. Octavian wollte aber mit diesem Geld seine Soldaten bezahlen und angeblich die Königin im Triumph in Rom vorführen. Sein Gesandter Gaius Proculeiussollte daher Kleopatra lebend fangen, verhandelte zuerst ergebnislos an der verschlossenen Grabtür, kam aber mit Gaius Cornelius Gallus zurück und gelangte – während Gallus neue Gespräche mit Kleopatra führte – mit zwei Dienern über eine Leiter durch jenes Fenster, durch das Antonius ins Mausoleum gezogen worden war. So konnte Proculeius die Königin gefangen nehmen. Fortan wurde sie von Octavians Freigelassenem Epaphroditos bewacht. Doch hatte sie Caesarion mit seinem Lehrer Rhodon schon in die Ferne gesandt und damit vorläufig gerettet.[103]
Plutarchs Bericht über Kleopatras zwölftägige römische Haft beruht wohl im Wesentlichen auf der Darstellung ihres Leibarztes Olympos und dürfte daher relativ zuverlässig sein. Daneben ist nur noch bei Cassius Dio ein ausführlicher Bericht zu diesem Thema erhalten.
Kleopatra durfte ein prächtiges Begräbnis für Antonius ausrichten und wurde anschließend im Palast recht schonend bewacht. Sie war eine gebrochene Frau, verwundete aus Trauer um Antonius ihre Brust durch Schläge und suchte sich durch Hungertod das Leben zu nehmen, vermutlich weil sie unbedingt ihre Zurschaustellung im Triumphzug des Siegers vermeiden wollte. Doch Octavian kam hinter ihre Absichten und hielt sie davon ab, indem er ihre Kinder bedrohte.[104]
Auf Bitten Kleopatras kam Octavian zu einem Gespräch mit ihr in den Königspalast; es war ihre einzige Begegnung. Die Unterredung wird von Plutarch und Cassius Dio völlig verschieden dargestellt. Plutarch zufolge war Kleopatra kränklich sowie nervlich am Ende und empfing den künftigen Kaiser mit unordentlichen Haaren und im Unterkleid. Da ihr Rechtfertigungsversuch bei Octavian nicht ankam, verlegte sie sich aufs Jammern und geriet, als sie eine Liste ihrer Schätze präsentierte, mit ihrem Verwalter Seleukos in Streit, da er die Liste als unvollständig bezeichnete. Mit dieser Szene suchte sie Octavian vorzutäuschen, noch leben zu wollen und an materiellen Gütern zu hängen. Beim Abschied stellte er ihr ein glanzvolles Leben in Aussicht. Im Gegensatz zu dieser relativ objektiven Erzählung Plutarchs schildert der sehr unglaubwürdige Bericht Cassius Dios, dass Kleopatra versucht habe, Octavian, wie früher Caesar und Antonius, durch ihre Verführungskünste auf ihre Seite zu ziehen, doch soll er ihr aufgrund seiner Tugend widerstanden haben.[105]
Nach dem Gespräch mit Octavian wusste Kleopatra wohl, dass, auch wenn sie sich zur Teilnahme am Triumphzug erniedrigen würde, keine Chance für eine Regierung ihrer Kinder bestand. Bald erfuhr sie heimlich vom jungen Adligen Cornelius Dolabella (vielleicht der Konsul von 10 n. Chr. oder von seinem Vater), dass Octavian beabsichtige, sie und ihre Kinder in drei Tagen aus Alexandria wegzuführen, offenbar um sie zum Triumph nach Rom mitzunehmen. Kleopatra wollte das einstige Schicksal ihrer Schwester Arsinoë nicht teilen und bat den Eroberer Ägyptens, ein letztes Mal das Grab von Antonius aufsuchen zu dürfen. Octavian stimmte dieser Bitte zu. Plutarch überliefert in tragischem Stil den angeblichen Wortlaut des letzten Gebetes der tief trauernden Kleopatra für ihren verstorbenen Geliebten.[106]
Kleopatra starb wohl am 10. August 30 v. Chr. (nach dem damaligen römischen Kalender, also vermutlich am 12. August unseres heutigen Kalenders) unter ungeklärten Umständen. Octavian war zu diesem Zeitpunkt in Alexandria anwesend und hatte alle Möglichkeiten, die Berichte über die näheren Umstände zu beeinflussen, so wie er auch zuvor in Rom eifrig Propaganda gegen sie gemacht hatte. Die Berichte der antiken Chronisten stützten sich, zumindest indirekt, wohl auch auf seine Autobiografie, die naturgemäß nur seine Sichtweise der Ereignisse enthielt.
Falls du Zeit hast - lies es dir durch 😂