Ich danke Euch für Eure Antworten.
Im Augenblick sehe ich mich außerstande, meine Schwester anzurufen und mich mit ihr zu treffen. Ich werde ihr aber noch einen kurzen Brief schreiben.
Es war schon immer ein Prinzip von mir, nicht mit Menschen über meine Religion zu sprechen, wenn sie es nicht möchten. Ich wäre der Letzte, der mich diesbezüglich aufdrängen würde. Dazu ist mir mein Glaube zu wertvoll. Und weil für mich (im Gegensatz zu meiner atheistischen Schwester) religiöse Rituale wie Ostern, Weihnachten usw. ohne Bedeutung sind, sondern gelebte Religion für mich etwas ist, was das ganze Leben in jeder Hinsicht beeinflusst, kann ich auch nicht vermeiden, dass ich etwas sage, was ihr gegen den Strich geht.
Ich habe kein Problem damit, zu akzeptieren, dass meine Schwester nicht an Gott glaubt. Aber ich darf auch so viel Respekt erwarten, dass auch sie akzeptiert, dass ich eben ein religiöser Mensch bin. Und wenn sie von vornherein betont, dass ich darüber nichts sagen darf, ist das für mich ein Beweis, dass sie mich nicht so annimmt, wie ich eben bin.
Ich habe auch nie über mein Elternhaus geschimpft, höchstens mit meiner Schwester über verschiedene Vorkommnisse gesprochen, über die wir uns meistens sogar einig waren. Warum sie plötzlich betont, ich solle nicht über das Elternhaus sprechen, erschließt sich mir nicht.
Worüber kann man dann noch sprechen? Über Leberkäse und das Wetter? Politische Themen sind auch tabu, weil ich sozial und eher links denke. Meine Schwester schimpft fleißig über Flüchtlinge, den Islam und die Männer im Allgemeinen, während ich mich in der Flüchtlingshilfe engagiere, alle Religionen respektiere und halt selber ein Mann bin.
Ich würde mich gern einmal mit ihr aussprechen. Aber das kann wirklich übel enden. Ich kenne meine Schwester. Sie hat ein sehr lockeres Mundwerk und kann wirklich sehr verletzend sein. Es ist ihr auch egal, wenn sie andere verletzt. Dafür gibt es genug Beispiele, auch in der Familie. Das ist auch der Grund, weshalb ich es vorziehe, mich nicht mit ihr zu treffen.
Ich hatte gehofft, dass sie ihre Meinung über mich nach all den Jahren ein wenig geändert hat. Aber ich fürchte, das hat sie nicht.