Servus zusammen,
vermutlich bin ich nur etwas feige gerade und muss meine Gedanken mit einem anonymen Publikum teilen. Normalerweise sehe ich das Kommen und Gehen von Bekanntschaften etwas lockerer, aber hier beschäftigt mich das irgendwie nachhaltig.
Kurzer Absatz zur Vorgeschichte: Ich bin seit Kindheitstagen mit nem Gleichaltrigen befreundet, also seit wir 5 waren ungefähr. Also wir hben uns schon als "beste Kumpels" immer betrachtet. Wir hatten zwischendurch auch mal ne Band zusammen und auch sonst viel zusammen unternommen usw. Jetzt sind wir beide 35. Ich hab bis vor zwei Jahren berufsbedingt weiter weg gewohnt, er blieb in der "heimatlichen" Umgebung. Da war aber immer noch regelmäßig der Kontakt da und man hat sich ab und zui an Wochenenden gesehen. Dann bin ich vor zwei Jahren wieder ebenfalls berufsbedingt näher an die alte Heimat gezogen, das heißt eigentlich näher bei ihm dran, er wohnt im selben Kaff wie meine Eltern. Ich hatte auch die leise Hoffnung, dass ich wieder mehr Zugang zu diesem "alten" Freundeskreis bekomme. (Ich bin schon rumgekommen und kenne viele Leute)
Etwa Anfang letztes Jahr hat es angefangen, dass ich das Gefühl bekommen habe, dass er eigentlich gar keinen Bock mehr auf mich hat. Er hat mir noch geholfen einen neuen PC zusammen zu stellen und ab und zu waren wir spazieren, aber genau genommen hat er mich nur zwei mal Anfang des Jahres besucht. Ich hatte immer das Gefühl, nur ich melde mich bei ihm, aber er sich von sich selbst aus nie bei mir. Aber eigentlich hatte er zu 80% der Fälle keine Zeit. Und ich schau schon, dass ich nicht auf die Nerven gehe, fragte also vielleicht alle paar Wochenenden mal an.
Er hat wieder Kontakt zu anderen Leuten aufgenommen, die ebenfalls in der alten Heimat geblieben sind und mir uns damals in der Grundschule waren. September letztes Jahr hab ich ihn mal wieder angerufen, er meinte er habe keine Zeit aber er würde demnächst mal mit diesen Leuten Billard spielen gehen und ob ich mitkommen wollte. Ich war dann dabei und es war eigentlich ein netter Abend. Dort sagt er dann aber zu mir: "Du, seit du wieder in der Nähe wohnst, sieht man dich ja gar nicht mehr!" Ich wär fast vom Stuhl gefallen und hab ihm ziemlich offen geantwortet: "Ich melde mich eigentlich sehr oft wenn ich in der Nähe bin, du weißt ja auch wo ich wohne und kannst mal vorbei kommen". Er meinte nur "Ja, stimmt." Allerdings habe ich ab da begonnen, die sogenannte Freundschaft irgendwie etwas kritischer zu beäugen und mal bewusst zu beobachten, was da kommt.
Letztes Jahr ist er außerdem mit seiner aus dem Ausland stammenden Frau und ihrem Kind zusammengezogen. Da dachte ich dann auch ja klar hat er nicht so viel Zeit.
Ich habe ihn dann Ende des Jahres noch zweimal eingeladen, einmal zu meiner Geburtstagsfeier (Oktober) und einmal zu einem Filmabend. Beides mal hat er aufgrund von irgendwas anderem abgesagt. Andere Leute haben es geschafft, vorbeizukommen und sich auch mal so zu melden. Seither habe ich mich selbst bewusst nicht mehr von mir aus bei ihm gemeldet, weil ich das Gefühl hatte, ich gerate hier in die Rolle des Bittstellers.
Es kam eine kurze Nachricht zu Silvester im Sinne von "Frohes Neues", die ich natürlich beantwortet habe, danach hat man sich erst wieder im März getroffen, weil jemand anderes zum Spieleabend eingeladen hat. Dort überreichte er mir dann noch verspätet mein Geburtstagsgeschenk, ein Buch, in dem "Von deinem Freund XY" auch noch handschriftlich drinsteht. Ich nehme es natürlich dankend an, melde mich aber danach weiterhin nicht mehr von mir aus. Natürlich denke ich mir: Zu Freundschaft gehört ein bisschen mehr als "Dein Freund" irgendwo reinschreiben und sich sonst nicht kümmern. Ich wagte danach noch einen Versuch, als ich bei meinen Eltern war, und bin spontan bei ihm vorbei. Sie waren gerade beim Kochen und er war sehr ungehalten darüber, dass ich mich nicht vorher melde, bevor ich bei ihm klingle. "Da kann man doch schon mal vorher anrufen kurz." Also bin ich wieder gegangen und das wars dann für mich. Bis heute ist von ihm sonst nichts mehr gekommen und wir haben jetzt Sommer.
Ich würde eigentlich gerne sagen "Ja, scheiss drauf, dann is das halt so" und mich anderen Dingen und Leuten zuwenden, aber irgendwie merke ich, dass ich ihm das übel nehme und nicht weiß, wie ich ihn darauf ansprechen soll. Irgendwie denke ich, es braucht eine offene Aussprache, damit ich das für mich abschließen kann, andererseits kenne ich ihn gut genug um zu wissen, dass er vermutlich erstmal völlig verwundert reagieren wird und überhaupt kein Problem sehen wird. Da wir beide erwachsene Leute sind, will ich auch kein Fass aufmachen und irgendwie zur Last fallen.
Wenn es nicht jemand wäre den ich seit Kindheitstagen kenne, würde ich wahrschenlich kein Problem haben, einfach "so what" zu sagen und weterzuziehen. Was soll ich tun um meinen Frieden mit der Situation zu finden?