Warum bin ich vegan?
Je tiefer man sich damit beschäftigt, desto mehr muss man sich eingestehen, dass es die einzige Lebensweise ist, die ethisch gerechtfertigt werden kann. Moral überwiegt Gesundheit, selbst dann, wenn Tierprodukte gesünder wären, aber gleichzeitig zeigt die Wissenschaft, dass es auch die ökologischste und gesündeste Lebensweise ist.
Was ist Veganismus?
Das ist zwar nicht die offizielle Definition der Vegan Society, aber die weltbesten veganen Debattierer definieren den Veganismus so:
Veganismus ist die logische Ausweitung elementarer Menschenrechte auf eigenschaftsangleichende, leidensfähige Lebewesen.
Mit „eigenschaftsangleichend“ sind die Eigenschaften gemeint, die die Lebewesen mit uns teilen und die das Ausbeuten unethisch machen: intrinsiche und extrinsische Werte wie z. B. Bewusstsein, Schmerzempfinden, oder auch Familie.
Mit „elementare Menschenrechte“ sind die elementaren Grundrechte auf z. B. Freiheit, Leben und körperliche Unversehrtheit gemeint.
Diese Eigenschaften führen dazu, dass die Tiere ein Interesse an elementare Grundrechte haben und kommunizieren, deswegen sollte man ihnen diese auch zusprechen, so wie es bei den Haustieren bereits der Fall ist. Der nächste logische Schritt wäre, diese Grundrechte auch auf die Nutztiere zu erweitern, statt ihnen diese aus willkürlichen Gründen abzusprechen.
Veganismus steht nicht für Tierwohl und ist nicht mit Reduktionismus vereinbar. Veganismus steht für Tierrechte und die Abschaffung von Tierausbeutung, Karnismus und Speziesismus. Sobald Rechte verletzt werden, besteht Rechtfertigungsbedarf.
Karnismus: Die Psychologie des Fleischessens
Karnismus beschreibt das gesellschaftlich weitgehend unreflektierte, unsichtbare Glaubenssystem, das, anders als Veganismus, nicht als Ideologie erkannt wird und den Konsum tierischer Produkte als normal, natürlich und notwendig erscheinen lässt. Das macht es schwierig, ihn zu hinterfragen. Es basiert auf sozialen, kulturellen und ökonomischen Strukturen, die den Konsum tierischer Produkte systematisch normalisieren und unterstützen.
Durch bestimmte Abwehrmechanismen führt die Karnismus-Ideologie dazu, dass Menschen kein Problembewusstsein entwickeln und deshalb glauben, Tiere seien ihnen gleichgültig. Um den Widerspruch zwischen Tierliebe und Fleischkonsum zu bewältigen, greifen Menschen auf Strategien wie kognitive Dissonanzreduktion und moralische Distanzierung zurück, wobei Tiere in „essbar“ und „nicht-essbar“ eingeteilt werden, um die Empathie für „essbare“ Tiere zu reduzieren.
https://www.youtube.com/watch?v=W8sXdgVXXpM
Zitate aus dem Karnismus-Video: „Hunde essen? Warum nicht?“
• „Gewalttätige Systeme wie Karnismus bedürfen zu ihrer Selbsterhaltung bestimmte Abwehrmechanismen (leugnen, rechtfertigen, Wahrnehmungsverzerrung), damit rationale, human eingestellte Menschen sich an irrationalen, inhumanen Praktiken beteiligen, ohne dies überhaupt zu merken.“
• „Eine tierproduktreiche Ernährungsweise, auf die uns Karnismus konditioniert, wird mit einigen der heute weltweit gefährlichsten Krankheiten in Verbindung gebracht. Dagegen wurde für eine rein pflanzliche bzw. vegane Ernährungsweise, auf deren Ablehnung uns Karnismus konditioniert, nachgewiesen, dass sie Krankheiten verhindert, oder die Genesung fördert und sich auch positiv auf die Gesundheit und sportliche Leistungsfähigkeit auswirkt.“
• „Zudem sind die Mythen des Karnismus institutionalisiert. Sie werden durch alle großen, gesellschaftlichen Institutionen *(Regierung, Medizin, Bildung, Justiz)* gestützt und gefördert, und dadurch an uns weitergegeben. Karnistische Vorurteile sind somit in das Fundament der Gesellschaft eingebettet. (Dr. der karnistischen Ernährungswissenschaft)“
• „Wenn wir in ein institutionalisiertes System reingeboren werden, dann verinnerlichen wir die Mythen, genauso wie die Produkte des Karnismus. So verinnerlicht vernebelt Karnismus unser Denken und verzerrt unsere Wahrnehmung des Fleischs, der Eier, der Milchprodukte und der Tiere, die wir essen.“
Ausschnitte aus dem Karnismus-Buch zum Abschnitt „Karnismus“, Seite 42-43, 44-45, 46-47:
„Im Moment verwenden wir den Begriff „Fleischesser“ als Bezeichnung für jemanden, der nicht vegan oder vegetarisch lebt. Aber ist das wirklich zutreffend? Ein Veganer ist ja, wie wir festgestellt haben, nicht einfach ein „Pflanzenfresser“. Pflanzen zu essen ist eine Verhaltensweise, die auf ein inneres Glaubenssystem zurückgeht. In den Begriffen „Veganer“ und „Vegetarier“ kommt das auf zutreffende Weise zum Ausdruck, denn die Endungen »-aner« und »-arier« bezeichnen jemanden, der sich für bestimmte Überzeugungen oder Prinzipien einsetzt, sie unterstützt oder praktiziert.
Der Begriff „Fleischesser“ hingegen bezieht sich allein auf die Praxis des Fleischverzehrens, als wäre diese Praxis losgelöst von den Überzeugungen und Wertvorstellungen der betreffenden Person. Er klingt so, als handelte jemand, der Fleisch isst, außerhalb jedes Glaubenssystems. Aber ist Fleischessen wirklich eine Verhaltensweise, die unabhängig von einem Glaubenssystem existiert? Essen wir Schweine, aber keine Hunde, weil wir kein Glaubenssystem in Bezug auf das Essen von Tieren besitzen?
Wir sehen Fleischessen nicht so wie Veganismus: als individuelle Entscheidung, der bestimmte Annahmen über Tiere, unsere Welt und uns selbst zugrunde liegen. Vielmehr sehen wir es als eine Selbstverständlichkeit an, als den »Normalfall«, als einen Zustand, der immer schon so war und auch immer so sein wird. Wir essen Tiere, ohne darüber nachzudenken, was wir da tun und warum wir es tun, weil das Glaubenssystem hinter dieser Verhaltensweise unsichtbar ist. Dieses unsichtbare Glaubenssystem meine ich mit dem Begriff Karnismus.“
Appeal to Dictionary Fallacy
Viele leugnen die Existenz von Karnismus, entweder weil sie den Begriff noch nie gehört haben, oder weil er in keinem Wörterbuch steht. (In Wirklichkeit wird nur versucht, die berechtigte Kritik mundtot zu machen.)
• Prämisse 1: Wenn ein Begriff nicht in einem Wörterbuch vorkommt, existiert es nicht oder hat keine Bedeutung.
• Prämisse 2: Der Begriff X (Karnismus) erscheint in keinem gängigen Wörterbuch.
• Konklusion: Daher gibt es den Begriff X (Karnismus) nicht oder er hat keine Bedeutung.
Wörterbücher sind deskriptiv, nicht normativ, d.h. sie beschreiben den Sprachgebrauch, legen ihn aber nicht fest. Ein Begriff kann eine klare Bedeutung haben, wichtige Konzepte beschreiben und in der Fachwelt oder bestimmten sozialen Kreisen verbreitet sein, auch wenn er (noch) nicht in ein Wörterbuch aufgenommen wurde.
Tierproduktindustrie: Einfluss auf Wissenschaft & Politik
1. Gesponserte Studien:
Die Tierproduktindustrie hat in vielen Ländern wissenschaftliche Studien finanziert, die die positiven gesundheitlichen Effekte von Fleisch, Milch und Eiern hervorheben. Durch geschickte Wahl der Studiendesigns oder selektive Dateninterpretation kann man Ergebnisse liefern, die positiv für die Produkte sind.
Industry Funding and Cholesterol Research: A Systematic Review
2019. Barnard et al.: Der Anteil industriefinanzierter Studien zur Wirkung von Eiern auf Cholesterin stieg von 0 % in den 1950ern auf etwa 60 % im Zeitraum von 2010 bis 2019. Obwohl über 85 % der Studien (unabhängig von der Finanzierung) einen ungünstigen Einfluss auf Cholesterin zeigten, gaben 49 % der industrieunterstützten Studien und nur 13 % der nicht-industriegeförderten Studien Schlussfolgerungen, die im Widerspruch zu den tatsächlichen Daten standen.
The Commercial Determinants of Health Chapter 19: Industry Influence on Research: A Cycle of Bias
2022: Gesundheitspolitik braucht eine verlässliche Evidenzbasis. Doch Industrieunternehmen – von Tabak bis Lebensmittel – haben seit Jahrzehnten durch gezielte Einflussnahme Forschung verzerrt, um Profite zu sichern und Regulierung zu schwächen. Das Kapitel zeigt, wie solche Biases entstehen, wie Unternehmen Forschungsagenda, Studiendesign und Publikation beeinflussen und wie sich diese Verzerrungen erkennen lassen.
2. Lobbying und Einflussnahme:
Industrieverbände und Lobbygruppen üben Einfluss auf Regierungen und Ernährungsexperten aus, um Ernährungsempfehlungen und -richtlinien in ihrem Sinne zu gestalten. In den USA beispielsweise hat die Milchindustrie jahrzehntelang Kampagnen betrieben, um den Milchkonsum zu fördern, indem sie sich aktiv in die Erstellung der staatlichen Ernährungspyramide und -richtlinien einmischte.
eCFR: electronic Code of Federal Regulations
Unter § 210 10 „Meal requirements for lunches and requirements for afterschool snacks“ sind Schulen im Rahmen des National School Lunch Programs (NSLP-Regel 7) laut den US-Vorschriften dazu verpflichtet, bei erstattungsfähigen Mahlzeiten fettarme oder entrahmte Milch anzubieten. Das zeigt die institutionelle Verankerung von Milchinteressen.
Red and Processed Meats and Health Risks: How Strong Is the Evidence?
2020: Die Ernährungsempfehlungen des NutriRECS-Konsortiums, dass eine Reduzierung des Fleischkonsum nicht empfohlen wird, weisen erhebliche methodische Schwächen und Fehlinterpretationen auf und widersprechen der aktuellen Evidenz, was zu Verwirrung bei Fachleuten und der Öffentlichkeit geführt hat. Epidemiologische Daten zeigen konsistent Zusammenhänge zwischen rotem/verarbeitetem Fleisch und Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krebs. Interventionsstudien belegen zudem, dass der Ersatz von rotem Fleisch durch pflanzliche Proteinquellen LDL-Cholesterin und andere kardiometabolische Risikofaktoren senkt. Für die Prävention und Behandlung chronischer Erkrankungen empfehlen Fachgesellschaften Ernährungsmuster reich an Obst, Gemüse, Vollkorn, Nüssen und Hülsenfrüchten, bei gleichzeitiger Begrenzung von Fleisch, gesättigten Fetten, Zucker und stark verarbeiteten Lebensmitteln. Absolute Beweise abzuwarten, bevor gesundheitspolitische Maßnahmen ergriffen werden, wäre ein Fehler.
3. Marketingkampagnen:
Werbekampagnen wurden gezielt entwickelt, um den Konsum tierischer Produkte als gesund, natürlich und notwendig darzustellen, kulturell zu verankern und emotional mit Werten wie Familie, Tradition oder Stärke zu verbinden.
- „Milk life“ – MilkPEP Checkoff
- „Got Milk?" – MilkPEP Checkoff
- „Say cheese“
- „Real food. Real meat“
- „Dairy. It’s in our nature“
- „The incredible, edible egg“ – American Egg Board
- „Beef. It’s What’s for Dinner“ – Beef Checkoff / NCBA
- „Pork. The other white meat“ – National Pork Board
4. Verbreitung von Ernährungsmythen:
Die Industrie hat auch Mythen verbreitet, dass bestimmte Nährstoffe, wie Proteine oder Calcium, ausschließlich oder am besten aus tierischen Quellen stammen. Diese Botschaften werden oft so formuliert, dass die pflanzlichen Alternativen als minderwertig oder unvollständig erscheinen, obwohl viele pflanzliche Lebensmittel ebenfalls reich an diesen Nährstoffen sind.
Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets
2016: Die Academy of Nutrition and Dietetics vertritt den Standpunkt, dass eine angemessen geplante vegetarische, einschließlich vegane, Ernährung gesund und ernährungsphysiologisch angemessen ist und gesundheitliche Vorteile bei der Vorbeugung und Behandlung bestimmter Krankheiten bieten kann. Diese Ernährungsformen sind für alle Phasen des Lebenszyklus geeignet, einschließlich Schwangerschaft, Stillzeit, Säuglingsalter, Kindheit, Jugend, älteres Erwachsenenalter und für Sportler.
Vegetarian Dietary Patterns for Adults: A Position Paper of the Academy of Nutrition and Dietetics
2025: Vegetarische und vegane Ernährungsweisen können Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Risikofaktoren verbessern und entsprechen den aktuellen Empfehlungen für die Bevölkerung und bestimmte Krankheiten.
5. Verschleierung von Gesundheitsrisiken:
Studien, die potenzielle Gesundheitsrisiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte Krebserkrankungen und Typ-2-Diabetes durch einen hohen Konsum von Fleisch oder Milchprodukten aufzeigen, werden oft ignoriert oder in Frage gestellt. Teilweise wurden Wissenschaftler in der Vergangenheit, die negative gesundheitliche Auswirkungen thematisierten, unter Druck gesetzt.
TIME: Big Meat Pushes Back Against WHO Report Linking Meat to Cancer
2015: Die Fleisch- und Lebensmittelindustrie reagiert auf die IARC/WHO-Einstufung zur Krebsgefährdung von Fleisch – dass rotes verarbeitetes Fleisch als Karzinogen Gruppe 1 und rotes Fleisch als Karzinogen Gruppe 2A (wahrscheinlich krebserregend) eingestuft wird – mit Relativierung und Diskreditierung.
Communicating Risk Regarding Food Consumption: The Case of Processed Meat
2019: Medienanalysen auf Framing-Strategien der Industrie: Table 1 fasst die dominierende Reaktion der Medien zusammen – Industriegruppen warfen den IARC-Ergebnissen Alarmismus vor, betonten den Nutzen von Fleisch und relativierten den Gefährdungskontext im Segment „eigentlich nicht so schlimm“.
Meat Industry Using ‘Misinformation’ to Block Dietary Change, Report Finds
2024: Aktuelle Strategieschläge und Desinformation: DeSmog-Report dokumentiert entlarvte Taktiken der Fleisch- und Milchindustrie, darunter Desinformations-Kampagnen, bezahlte Werbung, Einfluss auf Bildung, gezielte PR gegen pflanzliche Ernährung – alles Mittel zur Ablenkung, Verharmlosung und Kontrastierung evidenzbasierter Empfehlungen.
Der ökologische Aspekt
World Bank Working Paper No. 22 - Causes of Deforestation of the Brazilian Amazon
2003: 80 % aller aktuell und 91 % aller jemals abgeholzten Flächen im Amazonas Regenwald wurden für Tierhaltung (Ranching) abgeholzt.
Exploring the biophysical option space for feeding the world without deforestation
2016: Wäre die Welt vegan, müsste man keinen weiteren Baum mehr fällen, nur Bestand.
The Impacts of Dietary Change on Greenhouse Gas Emissions, Land Use, Water Use, and Health: A Systematic Review
2016: Eine vegane Ernährung senkt Treibhausgase, Landnutzung und Gesamtsterblichkeit stärker als jede andere Ernährungsform (14 Ernährungsformen analysiert).
Reducing food’s environmental impacts through producers and consumers
2018: Abbildung: Global land use for agriculture across different diets: 83 % der landwirtschaftlichen Flächen und 43 % der Ackerflächen werden für die Produktion von Tierprodukten benötigt. Wäre die Welt vegan, dann bräuchten wir 75 % weniger landwirtschaftliche Flächen und 22 % weniger Ackerflächen.
Estimating the environmental impacts of 57,000 food products
2021: Pflanzliche Lebensmittel sind bis zu zehnmal besser für die Umwelt.
Rapid global phaseout of animal agriculture has the potential to stabilize greenhouse gas levels for 30 years and offset 68 percent of CO2 emissions this century
2022: Einer vegane Welt kann die CO2-Emissionen um 68% senken.
In den Kommentaren geht es weiter mit dem ethischen Aspekt.