Ich habe zwei Uni-Abschlüsse und, als das zweite Kind geboren war, habe ich meinen Doktor gemacht. Quasi um nicht nur körperlich und zeitlich, sondern - trotz Kinder - auch geistig gefordert zu sein.
Demnach bin ich - theoretisch - hochqualifiziert, um im Arbeitsleben teilzunehmen. Aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen entschlossen wir uns, dass ich mich um die Kinder kümmere, damit mein Mann sich in der Arbeitswelt, die ihm mehr lag, austobte. Ich war - mit einigen Ausnahmen abgesehen - immer zu Hause.
"Was? Sie sind NUR zu Hause?", "Warum arbeiten Sie nicht?", "Haben Sie keinen Schulabschluss?" Dann fällt dieser abfällige Blick auf mich, bei dem mein Mann regelmäßig ausrastet. Ich würde es nicht als Neid bezeichnen, sondern als Spott von denjenigen, die nicht hinter die Fassade schauen können oder wollen.
Mein Mann bezeichnet mich als Familienmanagerin in einem Kleinunternehmen. Wir haben vier eigene (oh, wie asozial) Kinder, auf die wir sehr stolz sind, zwei Hunde und ein großes Haus mit einem riesigen Garten. Nebenbei eine eigene kleine Firma, für die ich hauptsächlich verantwortlich bin, da ich ja "nur" (Zitat Nachbarschaft, wenn ich deren Pakete annehmen soll) zu Hause bin. Hierfür bin ich mit allem Drumherum zuständig. (Keine Putzhilfe, keine Großeltern als kostenlose Kinderbetreuer)
Das Problem Rente ist für Frauen oder die, die sich um die Kinder kümmern, ein großes Problem. Da ich aber nicht mehr in meinen anstrengenden Beruf mit Schichtwechsel/Auslandsaufenthalten etc. - wegen der Kinder - einsteigen wollte, ich sie aber auch NICHT in die Ganztagsschule oder alternativ ein Internat geben wollte, sondern nachmittags nach den Hausaufgaben schaue und sie stattdessen mit Freunden oder sie mit diversen Freizeitaktiviäten wie Musik, Sport und Sprachen auspowern lasse, war guter Rat teuer.
Manche Arbeitszeiten sind kinderfeindlich. Urlaubszeit und Ferienzeit konkurrieren zusätzlich. Ganz zu schweigen, wenn es in unserer Stadt in den weiterführenden Schulen - der Stadt sei Dank - nur noch Ganztagsschulen gibt, sodass allein die Organisation von Arztterminen einer langen Vorplanung bedarf. Es muss alles organisiert werden, dann hat frau/man die Chance, dass es gelingt.
Da ich nicht daran glaube, dass ich mit meinen wenigen Rentenbeiträgen eine halbwegs sichere Rente vom Staat erhalte, bin ich von Anfang an dazu übergegangen mich selbständig zu machen. Mit der internationalen Vernetzung und dem Handy, das mich immer begleitet, ist das heute durchaus möglich. So ist die Arbeitszeit flexibel (wie es reinpasst, auch mal nachts), ich kann unterschiedliche Themen annehmen, die mir gefallen, und ich habe mein eigenes Einkommen, das ich als Rücklage anlege. Anders sehe ich im Moment keine Chance Kinderzeit, die ich ebenfalls sehr genieße, mit der Wirtschaft zu vereinen. Kinder (und Erwachsene) sollten das Recht auf eine freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit haben. Das gelingt, wenn ich ihnen die Chance dazu gebe. Meine Kinder wollten nie in der Schulmensa essen. (Wir haben es probiert!) Sie genießen es, dass ich verlässlich zu Hause bin (alternativ immer mit dem Handy erreichbar. Die Vibration spüre ich auch im Meeting in der Hosentasche und kann mich melden) und das gibt ihnen Sicherheit, dass immer jemand für sie da ist, wenn sie Hilfe brauchen oder Fragen haben. Inzwischen ist der Jüngste 6 Jahre, die Älteste 15 Jahre und kann auch schon mit einspringen, wenn bei mir mal wieder etwas dazwischen kommt. Selbständigkeit ist wichtig, auch bei uns in der Familie. Multitasking ist das A und O, wenn jemand Familie, Haushalt und Beruf miteinander vereinen muss. Ein Bereich, den viele, die ohne Kinder und Familie leben, unterschätzen. Familie ist Arbeit, wer das belächelt, ist zu bedauern, denn dann kennt er oder sie diesen - wie ich finde - Motivator an Lebensenergie nicht. Denn Familie braucht Zeit und Kraft, gibt mir auch den nötigen Rückhalt, wenn es bei mir mal schief läuft. Genau das ist es, was mir wichtig ist und weswegen ich nie auf meine Kinder verzichten möchte. Stabiles Fundament ist natürlich auch eine funktionierende Partnerschaft, aber das ist hier nicht das Thema.
Aber ich komme ab:
Es sollte jedem frei sein, sich für die Kinder zu Hause oder die Fremdbetreuung zu entscheiden. Zeiten der Kinderbetreuung gehören bis zum Erwachsenenalter auf die Rente der ausführenden Elternteile (oder beiden, wenn sie zusammen leben) angerechnet. Aber es ist gut doch auch an die Rente selbst zu denken. Wir haben es mit einem guten Bezahljob meines Mannes, mit Gleitzeit und verständnisvollen Kollegen, wenn er mal ausfällt, und unregelmäßigen Einnahmen durch meine Selbständigkeit gelöst. Ob das der ideale Weg ist, weiß ich nicht und wird sich ... in dreißig Jahren zeigen.