Es war teilweise schwierig, aber auch sehr schön. Da ich introvertiert bin, habe ich es regelrecht genossen, dass man eh nichts machen konnte und genau das gefordert war, was ich liebe: Zu Hause bleiben. Allerdings war ich schon sehr froh, einen Beruf zu haben, in dem es mir nicht möglich war/ist von zu Hause aus zu arbeiten, sodass ich wenigstens auf der Arbeit Menschen um mich rum hatte.
Ich war 21 Jahre alt, als die ersten Maßnahmen kamen und zu dem Zeitpunkt in der Endphase meines FSJ. Dieses habe ich in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen gemacht und die MmB bekamen relativ schnell ein Betretungsverbot für ihre Werkstätten, sodass ich in meinen letzten Wochen gar nicht meine reguläre Arbeit im freiwilligen Jahr machen konnte (die Menschen im Arbeitsalltag begleiten und unterstützen), sondern deren Job übernahm und mit meinen Kolleg*innen die Aufträge abgearbeitet habe, die ja trotzdem durch sämliche Firmen reinkamen.
Mitte 2020 habe ich meine duale Ausbildung in der Behindertenhilfe angefangen (und 2023 abgeschlossen). Das war echt nicht einfach. In der Berufsschule habe ich meine Mitschüler*innen nur mit Maske gesehen bzw. nach wenigen Wochen Präsenzunterricht mussten wir in den Distanzunterricht, was eine Vollkatastrophe war. Weil sich gleichzeitig so viele Menschen in den Schulserver einloggten, funktionierte zeitweise gar nichts mehr. Weil die Lehrkräfte gefordert hatten, dass wir alle die Kamera anmachen sollten, damit sie uns kontrollieren können (Erwachsenenbildung wohlgemerkt!), ist die Videokonferenz abgestürzt - wir durften danach die Kameras auslassen, damit zumindest einigermaßen Unterricht möglich war.
In der Praxis war es nicht viel besser. Nachdem ich im Frühjahr die Seite der leeren Werkstätten erlebt habe, habe ich in der Ausbildung dann die Seite der Bewohner*innen erlebt, die zu Hause saßen und nichts mit sich anzufangen wussten. Wir konnten ja aber auch nichts mit denen unternehmen, weil ja auch nichts erlaubt war bzw. vieles auch geschlossen hatte.
So haben wir die zu Hause irgendwie beschäftigen müssen und waren regelrecht froh, als die Werkstätten Richtung Spätsommer/ Herbst 2020 endlich ein Konzept hatten, wie die Leute zu Hause Aufträge abarbeiten konnten. So waren sie zumindest ein paar Stunden am Tag schon mal ohne unser zutun beschäftigt.
Das Problem war auch, dass viele Hobbys wie Schwimmen gehen, Musik machen oder Fußball gucken nicht möglich waren, weil das auch verboten war bzw. nicht stattfand. Somit konnten wir nicht mal sagen, nutzt die freie Zeit doch für euer Hobby. Manche Hobbys waren natürlich möglich wie Stricken oder zu YouTube Liedern tanzen (Tanzen mit FFP2-Maske ist nicht angenehm...), aber das will man dann auch nicht den ganzen Tag machen.
Es war auch anstrengend, wenn ich 19 Tage durchgearbeitet habe ohne freien Tag, weil das halbe Team mit Corona ausfiel...
Und an die ganzen Diskussionen mit Bahn-Mitarbeitenden und Polizei, warum ich nach der Ausgangssperre noch draußen bin, mag ich mich gar nicht mehr erinnern. Obwohl ich einen Schrieb hatte, dass ich im systemrelevanten Beruf arbeite, wollte man mir oft nicht glauben, was ich gegen oder nach Mitternacht noch draußen mache (Feierabend um 21 bzw. 22 Uhr, dann 90 Minuten Heimfahrt, wenn es gut funktionierte, machte schonmal 22:30 bzw. 23:30 - wenn ich dann noch Probleme mit dem ÖPNV hatte - Zug ausgefallen, Verspätung, Anschlusszug nicht erreicht, ect. - wurde es auch schon mal 0:30 oder gar 1 Uhr nachts bis ich zu Hause war...)
Der Vorteil war, die Bahnen & Busse waren immer schön leer und ich musste nicht nach 8 Stunden Lärm auf Arbeit nochmal 90 Minuten Lärm durch Partyvolk ertragen...
Anfang 2022 bin ich dann ausgezogen in meine erste eigene Wohnung und ich war froh, dass zu dem Zeitpunkt schon wieder etwas mehr möglich war. Wir durften wieder in den Präsenzunterricht und die Bewohner*innen durften auch wieder zurück in die Werkstätten - das hat bei allen Beteiligten zu einer gewissen Erleichterung und Entlastung geführt, wenngleich die Maßnahmen speziell für die Behindertenhilfe immer noch extrem waren.
Und dann kam der Sommer 2022, wo ich dann auch das erste Mal mit Corona infiziert war. Körperlich war es okay, leichte Symptome, ließ sich aushalten.
Das Psychische war sehr viel schwerer. Nachdem ich oben schrieb, wie froh ich war einen Job ohne Homeoffice-Möglichkeit zu machen, weil ich so zumindest mal raus und unter Leute kam, waren diese 2 Wochen zu Hause für mich der Horror. Natürlich hatte ich als Introvertierte zu Hause viele Möglichkeiten, wie ich mich beschäftigen konnte (lesen, Musik hören, schreiben, ect.) und ich habe die Zeit auch für liegengebliebenes (Dokumente sortieren & abheften, gründlicher Wohnungsputz, ect.) genutzt, aber trotzdem war es eine Herausforderung so ganz ohne direkten sozialen Kontakt.