Jeder Mensch, der auf die Frage nach dem Sinn seines Lebens eine Antwort gefunden hat, empfindet sich als geglückte Existenz. Das ist meine Überzeugung; zumindest aber ein Grundsatz, mit dem man arbeiten kann.
Wer dagegen das Leben als sinnlos bezeichnet, den frage ich: Warum lebst du dann? Das einzig Logische wäre, das Leben zu beenden, weil das Leben dann nicht gerechtfertigt ist. Aber Fakt ist, dass es dem ursprünglichsten Trieb nach Selbsterhaltung widerspricht, das Leben zu beenden. An dieser Überlegung erkennt man schon den destruktiven und wenig förderlichen Geist der Behauptung, dass das Leben sinnfrei ist. Gleichzeitig fühlen wir uns nicht ausgefüllt, wenn wir uns nur über Selbsterhaltung und Reproduktion rechtfertigen. Der Mensch ist zu mehr fähig als das einfache Tier. Er kann sich zu sich selbst ins Verhältnis setzen und hinterfragen: Moment mal! Warum gibt es mich eigentlich? Und was soll ich mit mir anfangen, wenn meine niedersten Triebe befriedigt sind?
Das ist die Tragödie der meisten Menschen: Man vermag die Frage zu stellen, nicht aber die Antwort zu geben.
Der Mensch hat es also doch nicht so viel besser als das einfache Tier. Und das Komplizierte ist: Selbst wenn es die eine Antwort auf den Lebenssinn gäbe, wir könnten sie nicht als solche erkennen. Das gilt meines Erachtens auch für alle Religionen. Es sind Antworten, die zwar viele für richtig halten, aber letztlich glauben alle nur daran, keiner weiß etwas.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Kein Mensch weiß, ob es eine objektiv bestimmbare Moral gibt. Und gäbe es sie: Wir würden die richtige Antwort nicht von den falschen unterscheiden können.
Mir persönlich gebe ich derzeit folgende Antwort:
Wir sind nicht glücklich, wenn wir uns für sinnlos halten oder den Sinn des Lebens darin sehen, uns durch ständigen Verzicht für ein Leben im Jenseits zu qualifizieren und deshalb auf alles verzichten, was im Diesseits Spaß macht (Stichwort: Jahrhundertelanger Lustverzicht der katholischen Kirche).
Wir sollten uns unserer individuellen Natur entsprechend verhalten: Und unsere Natur gibt uns vor, wann wir ihr genüge tun. Nämlich dann, wenn wir glücklich sind. Ein glückliches Leben ist indes nicht mit immerwährendem Spaß gleichzusetzen, wie aber unsere Spaßgesellschaft propagiert. Wer immer nur auf Genuss aus ist - also ein echter Genussmensch ist - der empfindet den Genuss als Normalzustand. Und der Normalzustand ist eben meist trister Alltag. Glücklich sind immer nur Momente, keine Zustände. Genuss ist für mich deshalb etwas, das - um ihn als solchen erkennen zu können - immer etwas besonderes sein muss, das man nicht immer haben kann. Spaß am Leben bedeutet also nicht, das Leben zu einer 24/7 Feier zu machen.
Je krasser der Gegenpol zum Genuss, desto stärker auch der Genuss selbst. Ich persönlich versuche darum, mir höchsten Genuss zu ermöglichen, indem ich extrem hart an mir arbeite und meine Freizeit knapp zu halten. Ewiges Rumlümmeln oder ständiges Ausgehen verkneife ich mir. Dadurch empfinde ich meine freien Momente als puren Genuss, in den ich mich dann umso intensiver fallen lasse.
Glücklich fühle ich mich auch, wenn ich spüre, wie ich als Persönlichkeit vorankomme. Sobald man körperlich ausgewachsen ist (also auch das Gehirn) entwickelt man sich geistig nicht mehr von selbst weiter. Wachstum im Geiste findet dann nur noch durch strenge Selbstreflexion (Wie bin ich? Bin ich damit einverstanden?), also durch ein aktives Element, statt. Damit das möglich ist, muss man etwas haben, woran man sein Verhalten messen kann. Das ist für mich die Moral (= richtiges Verhalten). Handreichungen, was die Moral ist, gibt es viele (z.B. die zehn Gebote). Letztlich gilt auch hier: Kein Mensch weiß, ob es eine objektiv bestimmbare Moral gibt. Und gäbe es sie: Wir würden die richtige Antwort nicht von den falschen unterscheiden können.
Deshalb ist jeder selbst dafür verantwortlich, sich seinen Moralkodex zu schaffen (keine Moral ist auch eine Moral!). Indes kann man meines Erachtens aber nicht schließen, dass es keine Rechtfertigung für einen eigenen Moralkodex gibt, weil wir nicht beweisen können, dass es überhaupt eine Rechtfertigung für Moral gibt. Zwar liegt der Schluss nahe, dass man am glücklichsten wird, wenn man völlig frei von Moral und ohne jedes Gewissen leben kann, aber man übersieht dabei Folgendes: Ein Moralkodex schränkt zwar ein (Bsp: Vegetarier), aber man gibt sich auch einen Rahmen für die eigene Persönlichkeit vor. Der Kodex ist gleichsam das, womit du deine Persönlichkeit konstituierst. Man ruht dann in sich selbst; fühlt sich selbstbestimmt. Und das verschafft extreme Selbstsicherheit und Unabhängigkeit.
Für mich besteht der Sinn zusammengefasst in folgender Maxime: Mache dich zu einer geglückten Existenz indem du dich deiner Natur entsprechend verhältst. Du verhältst dich naturgemäß, wenn du glücklich bist. Glücklich wirst du, indem du ständig nach Wachstum in deiner Persönlichkeit strebst und dein Dasein genießt.