Schopenhauer sah sich als Nachfolger von Kant, als jemand, der dessen Lehre großteils übernahm, sie jedoch noch verbesserte; und genau hierin findest du auch den Schlüssel zu den abschließenden Worten Schopenhauers bzgl. der Willensfreiheit: "Hier ist nun der Ort, an die schon im vorigen Abschnitt erwähnte Darstellung zu erinenrn, welche Kant von dem Verhältniß zwischen empirischen und intelligiblem Charakter und dadurch von der Vereinbarkeit der Freiheit mit der Nothwendigkeit gegeben hat, und welche zum Schönsten und Tiefgedachtesten gehört, was dieser große Geist, ja, was Menschen jemals hervorgebracht haben." (Schopenhauer, Kapitel V gegen Ende in "Über d. Fr. d. menschl. Willens")
Kant als auch Schopenhauer gehen von einer 2-Welten-Lehre aus, der sinnlich erfahrenen Welt der Erscheinungen und der intelligibelen Welt der Dinge an sich. In der Welt der Erscheinungen (Pseudowelt!) herrscht strenger Determinismus, also gibt es keine Willensfreiheit; in der intelligibelen Welt (die eigentliche, wahre Welt!) gibt es jedoch weder Raum noch Zeit, und damit auch keine deterministische Kausalität. Da die intelligibele Welt die wahre Welt ist, ist auch nur in ihr das wahre Sein zu finden, weswegen im Sein die freiheit liegt. Diese wahre Welt ist uns jedoch nicht wirklich zugänglich, da wir nur ihre Erscheinungen kennen, weswegen wir es nicht verstehen, wie Freiheit möglich ist.