Eine so frische Fragestellung, die so schön formuliert ist und die Leute so zum Antworten animiert, dass es hier unter der Frage schon Text sprudelt, schon mal ein DH dafür!
Erst mal: Du bist nicht egoistisch. Zumindest nicht aus meiner Sicht. Du hast deinem Freund ja schließlich gleich zu Beginn der Beziehung klar gemacht, dass du keine Kinder willst und das hätte er schon damals mit einplanen können. Was jetzt passiert ist, ist dass dein Freund, vermutlich auf Grund bestimmter Lebensereignisse oder wegen des fortschreitenden Alters, sein Bedürfnis nach gemeinsamen Kindern stärker wahrnimmt. Das kannst du sogar sehr positiv sehen, da dies darauf hindeutet, dass er sich mit dir sehr sicher fühlt und an eine starke Beziehung zwischen euch glaubt. Du hast tatsächlich mit sehr viel Verständnis aufgewartet und ihm sogar die Möglichkeit aufgezeigt, sich eine andere Frau zu suchen, damit er glücklich wird. Das zeigt in gewissem Maße, dass du ihn sehr liebst, wenn du vor allem sein Glück im Auge hast. Andererseits dürfte ihn das verstört haben, weil du ihm eine mögliche Trennung vorhergesagt hast, anstatt deine Sorgen noch mal zu wiederholen und einfach nur abzulehnen (Jetzt hat den Konflikt große Liebe/Kinder in seinem Kopf, ein Dilemma). Auch hab ich keine Ahnung, wie du das genau formuliert hast, schließlich könnte er das sogar als Drohung mit der Trennung aufgefasst haben, falls er seinen Kinderwunsch weiter äußert.
Ich kann nur annehmen, in welchem Ausmaß du schlechte Erfahrungen mit einer instabilen Familienstruktur gemacht hast, was katastrophal für ein Kinder ist, da diese ja auf Sicherheit und Geborgenheit für ihre Entwicklung angewiesen sind....Aber für dich stellt sich jetzt vor allem folgende Frage: "Kann ich Kanzler...äh... Mutter? (Sorry ;D)" Ich gehe eher davon aus, dass du tatsächlich eine halbwegs gute Mutter werden würdest, da du ein Negativbeispiel kennst, von dem du dich aber lernen müsstest zu differenzieren. Ich stelle jetzt mal eine Behauptung auf: Du hast Angst als Mutter zu versagen und/oder wie deine eigene zu werden. Da stehen jetzt verschiedene Wege offen:
Du erklärst deinem Freund deine Bedenken mit deiner Vorgeschichte und er akzeptiert dies aus Liebe zu deiner Person und verzichtet auf seinen Kinderwunsch, selbst wenn ihn dies nicht glücklich macht.
Du versuchst es ihm weiter zu erklären, aber sein Kinderwunsch ist stärker und er verlässt dich.
Du versuchst (vielleicht hast du das ja schon) deine Ängste zu therapieren und ein Bewusstsein als mögliche Mutter aufzubauen. Die Kinder müssen ja nicht von heute auf morgen kommen...
Du unterdrückst deine Ängste ohne eine bearbeitende Therapie und ordnest diese deiner Beziehungspriorität und deinem Partner unter.
Ich würde dir zu dritter Option raten. Warum? Weil mein Vater in der gleichen Situation war wie du. Sein Vater ist in seiner frühen Jugend, als er aus dem Krieg zurückkam und sein Studium als Staatsanwalt abgeschlossen hatte nämlich an einer Krankheit aus dem Krieg verstorben und mein Vater musste lange Zeit ohne eine Vaterfigur auskommen. Und trotzdem hat er sich den Problemen aus seiner Jugend gestellt und ist insgesamt ein sehr, sehr guter Vater geworden. Vielleicht auch gerade deswegen, weil er immer hinterfragt hat, was es bedeutet ein Vater zu sein und was er vertreten muss. Was ich damit sagen will? Ich glaube du hast Angst die Rolle als Mutter nicht ausfüllen zu können, weil du nie jemanden hattest, der dir diese Rolle vorgelebt hat und du nicht weißt, ob du die nötige Liebe als Mutter geben kannst. Du musst vielleicht erst an dir wachsen, bevor jemand bei dir aufwachsen kann. Viele Leute haben ja auch Angst sich vor anderen zu öffnen und zu einer Therapie, aber da musst du dir keine Sorgen machen, denn wenn dir ein Psychotherapeut oder Psychologe nicht gefällt, kannst du ihn einfach wechseln und die müssen ihre Klappe halten. Vielleicht wäre ein Pflegekind auf Zeit ja auch eine wählbare Option für dich, um später mal deine Belastungsfähigkeit zu testen, aber das ist nur eine Idee.
Your choice, your decision.
LG AggressivePeace