Hallo Saito, ich möchte, bevor ich auf deine Fragen eingehe gern etwas allgemein vorausschicken. Zunächst solltest du dir bewusst machen, dass es zwischen Judentum und Islam gar nicht so große Differenzen gibt und sie sich in vielen Bereichen, gerade was die Halacha, also das Religionsgesetz angeht, wesentlich näher sind als etwa Judentum und Christentum. Dessen solltest du dir, wenn du an einen Rabbiner herantreten solltest bewusst sein. Du sagst, dir ist 5x am Tag beten zu viel - die Frage ist aber, könntest du mit 3x am Tag leben, plus jedes Mal, bevor du etwas isst oder trinkst (außer Wasser) einen Segensspruch darüber zu sagen und auch danach die Bracha bzw. Birkat HaMason (Tischgebet)? Du hast zudem strengere Speisegebote als im Islam; orthodoxe jüdische Männer und Frauen unterliegen dem Prinzip der Tznius (also etwa gesittete Kleidung, Verhalten, etc) und nicht zuletzt müsstest du Shomer Shabbat, Shomer Negiah und Shomer Kashruth werden. Das ist kein Spaziergang und du würdest dir 613 Ge- und Verbote auferlegen. Von daher, solltest du das Judentum wirklich in Betracht ziehen, solltest du keinem Rabbiner sagen, dass dir der Islam zu anstrengend ist, denn er wird dir sagen, dass das Judentum viel anstrengender ist und genug schlechte Juden hat, daher braucht es nur noch besonders gute (i.e. solche, die sich an die Halacha halten). Judentum ist zudem keine Frage von Glaube/Unglaube, sondern es ist ein Lebensstil, der auf einem Glauben beruht, aber auch ohne diesen funktioniert. Ich gehe jetzt zu deinen Fragen.
- Ein liberaler Gijur dauert im Schnitt um die 2-3 Jahre, ein orthodoxer in etwa 5-7 Jahre - das ist so, weil Judentum keine Frage des Glaubens ist, sondern praktisch gelebt werden will. Willst du Jude werden, musst du all diese Ge- und Verbote, die Feiertage, Hebräisch so weit, dass du den Siddur nutzen und dem G'ttesdienst folgen kannst, lernen - kurz: Du wirst ein anderer Mensch und so etwas geht nicht über Nacht, sondern braucht Zeit.
2.Die Unterschiede hier im Detail zu erläutern würde den Rahmen hier sprengen. Das kannst du googlen und nachlesen oder du besorgst dir ein Buch über das Judentum, darin wirst du es im Detail finden. Grundsätzlich hat es einerseits mit dem Verständnis der Tora zu tun, sowie mit den daraus resultierenden Sichten auf Halacha und Gebote, sowie Liturgie. Reformjuden dürfen nach IL Alijah machen, so fern sie einen Gijur gemacht haben (konvertiert sind), sind sie aber durch das Oberrabbinat nicht als Juden anerkannt und können z.B. nicht in IL heiraten oder auf dem jüd. Friedhof begragen werden.
3.Um einen Gijur zu machen nicht, obwohl es helfen könne, so fern du es beweisen könntest. Wenn du es beweisen könntest, könntest du auch mit einem jüd. Großelternteil als Nichtjude nach IL einwandern, aber du brauchst dafür eben Beweise. Wenn du die nicht hast, stehst du auf der selben Stufe wie jemand, der keinerlei Bezug zum Judentum hat.
4.Ja, weil sie so lange keine Juden sind/waren, bis du dafür Beweise hast.Solche Behauptungen muss man beweisen, wenn du das nicht kannst, bringt es nichts. Ich kann dir aus eigener ERfahrung sagen, dass IL sehr streng ist, was Belege angeht, wenn du Alijah machen willst und du kommst da ohne einfach nicht weiter.
5.Für die Alijah musst du Jude sein (also Kind einer jüd. Mutter oder vor einem Beth Din übergetreten) oder falls du Nichtjude bist, mindestens einen jüdischen Großelternteil haben, was du aber wie gesagt durch viele Dokumente beweisen musst.
6.Mein Rat: besuche regelmäßig die jüdische Gemeinde in deiner Stadt, lerne, wie die G'ttesdienste funktionieren, lerne zu beten, komme mit den Menschen ins Gespräch und dann kannst du irgendwann den Rabbiner um ein Gespräch bitten und ihn fragen, ob er dich unterrichten würde. Bis dahin brauchst du eine sinnvolle und stichfeste Argumentation, warum du das möchtest und falls du ihn damit überzeugen kannst, wirst du von ihm unterrichtet werden und danach, wenn alles gut läuft, bist du 3-7 Jahre später Jude, bzw. wirst dem Beth Din zur Prüfung vorgestellt und bestehst sie. Bis dahin ist es ein sehr langer und steiniger Weg, aber wenn du ein Ziel hast und es dir ernst damit ist, dann wirst du ihn meistern und nicht vom Weg abkommen, sondern dein Ziel erreichen. Viel Erfolg!