Diskussion über Arbeitspflicht für Asylsuchende

Asylbewerber schneller in die Arbeitswelt zu integrieren - das ist das Ziel der sogenannten Arbeitspflicht. Asylsuchende in Deutschland sollen demnach zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Angestoßen wurde die Debatte schon vor Monaten von Landkreistagspräsident Reinhard Sager. Nun wird allerdings immer mehr Kritik laut. Auch die gutefrage-Community ist geteilter Meinung.

gutefrage-Redaktion
5.3.2024
Ein Haufen gestapelter Bücher und Akten als Sinnbild für die deutsche Bürokratie

Arbeitspflicht - wie könnte sie aussehen?

Christian Herrgott (CDU), Landrat im thüringischen Landkreis Saale-Orla, will Asylsuchende zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten - zu vier Stunden Arbeit pro Tag. Die Geflüchteten sollen demnach für 80 Cent Entlohnung pro Stunde einfache Arbeiten erledigen. Weigern sie sich, drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro im Monat. Rechtlich ist das bundesweit möglich, doch kaum eine Kommune macht davon derzeit Gebrauch.

Im Landkreis Saale-Orla wird es nun umgesetzt. Wie FAZ berichtet, wurden 50 Asylsuchenden gemeinnützige Tätigkeiten zugewiesen: Sie sollen zum Beispiel ihre Gemeinschaftsunterkunft reinigen, Grünschnittarbeiten verrichten oder sich um den Winterdienst kümmern. Bisher gehe es darum, dass die Menschen ihre eigene Einrichtung in Ordnung halten. „Aber wir wollen das weiter ausrollen, bei Vereinen, bei Kommunen, bei freien Trägern“, so der Landrat.

Angestoßen wurde die Debatte bereits vor einigen Monaten von Landkreistagspräsident Reinhard Sager. Dieser hatte gefordert, Asylsuchende zur Arbeit zu verpflichten. „Wer gesund ist, muss arbeiten." Die finanzielle Unterstützung vom Staat dürfe nicht bedingungslos sein, sagte Sager zuletzt der Bild-Zeitung.

Die Debatte rund um die Arbeitspflicht

Doch nicht bei allen kommt der Plan der Arbeitspflicht für Asylsuchende gut an. Etwa bei der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl: „Es ist rassistisch und menschenverachtend zu suggerieren, dass Geflüchtete arbeitsunwillig seien". Deren Sprecher Tareq Alaows wandte sich dagegen, Schutzsuchende „jetzt zur Arbeit unter ausbeuterischen Verhältnissen zu 80 Cent pro Stunde zu verpflichten", während vielen von ihnen eine reguläre Arbeitserlaubnis verwehrt werde.

Der Eingang zu einer Notaufnahme

Wie ist die Rechtslage?

Der Saale-Orla-Kreis bezieht sich bei dem Vorstoß auf den vierten Satz des § 5 Arbeitsgelegenheiten des Asylbewerberleistungsgesetz in dem es heißt:

Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet.

Ja nein auf Händen, Englisch

Das sagt die gutefrage-Community zur Arbeitspflicht

In unserer Meinung des Tages wollten wir von unserer Community wissen, was sie über die Pläne von Reinhard Sager und Christian Herrgott denken.

Etwa unsere Nutzerin KleinesHasi85 empfindet den Vorschlag als positiv und erklärt ausführlich weshalb ein solches vorgehen durchaus sinnvoll sein könnte:

Also meiner Ansicht nach ist es keine Diskriminierung. Es handelt sich ja um keine Zwangsarbeit.

Die Asylbewerber bekommen ja einen kleinen Lohn für Ihre Arbeit auf Ihre Bezahlkarte überwiesen.

Des Weiteren ist diese Arbeit in vielen Punkten vorteilhaft:

  • Die Asylbewerber lernen deutsch durch die Kommunikation mit Kollegen
  • Es wird etwas für die Gemeinde, wo sie leben möchten getan
  • Es dient dem Teambuilding
  • Die Asylbewerber integrieren sich so in die Gemeinschat
  • Eine anschließende Anstellung in einem ähnlichen Betrieb (oder gar dem gleiche) kann eine Möglichkeit auf Arbeits- und Bleibeerlaubnis sein

Es haben also alle etwas davon (...)

Zur Antwort
Eingehakte kleine Finger als Symbol von Freundschaft

Auch unser Nutzer Waldmensch70 sieht die Arbeit quasi als Gegenleistung für das, was Asylsuchende vom Staat bekommen.

Ob diese genannte Summe (80 Ct pro Stunde) sehr unpassend ist (ich finde: JA), das ist die eine Sache. Darüber kann man diskutieren. Sie ist aber ja auch nur symbolisch, denn de facto ist die Arbeit ja die Gegenleistung für die gesamte Unterstützung die sie vom Staat erhalten (nicht nur dieser 80 Ct. pro Stunde).

Und es ist durchaus legitim eine Gegenleistung zu fordern für die Leistungen die sie vom Staat geschenkt erhalten. Das wurde ja oben schon durch das betreffende Zitat in der Frage belegt:

Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet.
Zur Antwort

Aber es gibt auch kritische Stimmen aus unserer Nutzerschaft. Etwa von unserer Nutzerin DummeStudentin:

Eine Arbeitspflicht bei einem Stundenlohn von 80 Cent grenzt an Sklaverei...

Dann lieber zum Mindestlohn arbeiten lassen und dafür alle Unterstützungen abschaffen.

Zur Antwort

Für eine "Schonfrist" plädiert derweil unser Nutzer Stephan554:

Ich weiß nicht. Einerseits vertrete ich die Ansicht: die gleichen Pflichten und Rechte für alle, andererseits finde ich, dass man den Asylsuchenden Zeit geben soll, sich in einem fremden Land einzufinden und einzuleben und auch einigermaßen die deutsche Sprache zu erlernen. Dann könnte man weitersehen.

Zur Antwort

Arbeitsminister Hubertus Heil hingegen würde ebenfalls eher einen Mittelweg einschlagen: „Im Einzelfall mag es sinnvoll sein, Menschen während der mitunter langen Wartezeit in Sammelunterkünften zu beschäftigten“, sagte er. Ziel müsse es aber sein, Menschen dauerhaft in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen. „Deshalb setze ich auf den Job-Turbo, mit dem wir die Betreuung durch die Jobcenter intensivieren, Fähigkeiten und Qualifikationen der Geflüchteten ermitteln und somit konkrete Arbeitsangebote unterbreiten“, so Heil.

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