Wie schreibt man eine Reflexion, Deutschaufsatz?

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Eine Reflexion ist eine der freiesten Aufsatzformen. Vielleicht das beste Beispiel für Reflexionen sind die Aufsätze von Michel de Montaigne, die von einem Gedanken ausgehend in ganz verschiedene Bereiche ausgreifen und vom hundertsten in tausendste kommen. Das würde ich in einem Schulaufsatz trotzdem nicht unbedingt versuchen.

Der Unterschied zu einer Erörterung ist, dass du nicht an das strenge These-Antithese-Schema gebunden bist. Du suchst dir ein Thema, und entwickeltst Gedanken dazu. Vielleicht führt dich ein Gedanke zum nächsten, vielleicht aber auch zu seinem Gegenteil.

Um Lehrer zu beeindrucken, kann es nicht schaden, sich vorher eine These zu überlegen. Also, du überlegst dir ein Thema, und was du dazu eigentlich meinst. Dann entwickeltst du die anderen Gedanken um diese These herum. Du kannst die These am Anfang präsentieren, oder auch erst am Ende, das bleibt dir überlassen. Aber für alle Texte, die man schreibt, ist eine These, also etwas, das man vor allem sagen will, sinnvoll. Sonst wirkt deine Reflexion leicht unmotiviert und langweilig.

Ein Trick, den Journalisten gern benutzen, um Artikel lesbarer zu machen, ist es, von einer Anekdote, einem Witz, einer Pointe oder einer persönlichen Geschichte auszugehen und damit den Text beginnen zu lassen. Am Ende des Textes kommst du dann auf diese Pointe zurück und stellst deine Überlegungen in einen Bezug dazu.

Zum Beispiel fängst du so an, wenn das Thema meinetwegen die Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft ist...

  • Als Erwin Kostedde kurz vor Weihnachten 1974 sein erstes Spiel als Mittelstürmer der deutschen Nationalmannschaft machte, war das eine kleine Sensation. Kostedde war der erste dunkelhäutige Spieler in der deutschen Nationalmannschaft. usw.

Dann schreibst du eine Reflexion darüber, was es bedeutet, dass bei der letzten WM Spieler wie Khedira und Özil zu Stars in der Nationalmannschaft geworden sind. Wie fanden deine Freunde das, was hast du darüber gelesen, was denkst du darüber usw...

Zum Schluss kommst du auf Kostedde zurück. Z.B. so:

  • Als Erwin Kostedde am Ende seiner Karriere, etwas rundlich geworden, für Werder Bremen auflief, sagte der damalige Manager Rudi Assauer über ihn: "Bei uns braucht der Kostedde nicht mehr zu laufen, es genügt, wenn er im gegnerischen Strafraum steht und mit seinem Hintern noch Tore macht." Khedira und Özil müssen zur Zeit noch etwas härter ackern.

Der Trick funktioniert bei jedem Thema, ob es um den Sinn des Lebens, die Frage nach der perfekten Nasenform oder um die Laufzeiten von Atomkraftwerken geht. Selbst wenn deine Reflexion blöd ist, wirkt der Text immer noch in sich geschlossen aus, und der Leser/Lehrer nimmt dir auch größeren Unfug ab, weil er sich vor allem an den Schluß erinnern wird. Kleiner Profi-Tip. Musste mal ausprobieren.

Ein gutes Thema wäre zum Beispiel, ob Liebe oder Freundschaft wichtiger im Leben sind. Was ist überhaupt der Unterschied? Oder die Frage, ob Pazifismus eine vernünftige Lebenseinstellung ist. Oder ob Biogas eine gute Lösung für die Energieprobleme der Welt ist. Oder du reflektierst über den Text eines Popsongs, den du gut findest. Ist der Text blöd oder nicht? Wenn er nicht blöd ist, warum nicht? Wenn er doch blöd ist, warum findest du den Song trotzdem gut. Ist der Text überhaupt wichtig? Muss man den Text eines Popsongs überhaupt verstehen? Vielleicht ist der Groove viel wichtiger, weil man nur tanzen will...

So müsste das gehen, auch in der Schweiz ;-)