Habt ihr witzige oder spannende Schullandheim- oder Klassenfahrterlebnisse?
Würde mich mal interessieren:)
1 Antwort
Das ist jetzt etwas über 20 Jahre her. Das spektakulärste bzw. eigenartigste und "besonderste" Klassenfahrterlebnis war nicht direkt lustig, aber es blieb in Erinnerung, weil es so einschneidend und ungewöhnlich war und auch so mitreißend auf seine Art ... ich habe da ernsthaft drüber nachgedacht.
Das war so: Ich traf in der Fußgängerzone einer süddeutschen Großstadt, die wir im Landschulheim besuchten, einen damals schon 80 Jahre alten Mann. Es war extrem heiß damals, der Mann stand da herum und wurde von den meisten entweder angepöbelt, beschimpft oder bespuckt. Er hat sich dabei was mir auffiel nicht geregt, stand trotz aller Anfeindungen einfach nur beharrlich da. Ich habe das Ganze (war damals entweder grad noch 14 oder eben 15 geworden, weiß es nicht) erstmal einige Minuten lang beobachtet, bis ich zu ihm einfach mal hingegangen bin. Ich wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht, warum er da überhaupt so steif wie ein Zinnsoldat steht, aber er tat mir einfach nur leid.
Wir haben uns daraufhin gut unterhalten und ich glaube, das Gespräch hat ihm gut getan. Er hat sich richtig gefreut, dass er mir etwas über sich und sein Leben erzählen konnte und sich tausendmal bedankt, dass er nicht beleidigt wurde und man einfach nur redete. Das kam von ganzem Herzen. Eine solche Dankbarkeit kann man wahrscheinlich nicht vorspielen.
Dabei kam raus: Er stammte eigentlich aus Thüringen, siedelte 1990 in den Westen um und schloss sich nach der Wende den Zeugen Jehovas an, für die er nun an diesem Ort Schriften verteilte. Er erklärte mir, dass er sich nach der Wende haltlos fühlte, keinerlei Achtung mehr erfuhr, alles verloren hatte was ihm mal wichtig war und bei den Jehovas dann wieder neuen Halt bekam, sich verstanden und aufgenommen/akzeptiert fühlte. Er sprach von einer geringen Rente, Desillusionierung, Isolation, Mentalitätsproblemen mit dem "kalten" Süddeutschland, fehlender Akzeptanz durch andere und erwog es, seinen Lebensabend wieder in Thüringen verbringen zu wollen. Ich habe ihm das alles geglaubt, weil es absolut plausibel klang. Er erzählte mir auch, wie das war mit Geschäftemachern aus dem Westen, rechtsfreiem Raum unmittelbar nach der Wende, heilloser Überforderung und rechten Gruppierungen, die teilweise gezielt auf Suche nach haltlosen Jugendlichen gegangen sind - und ich habe einige Zeit später aus Dokus und Büchern gelesen, dass es echt exakt so gewesen ist, wie der alte Mann mir es erklärt hatte.
Kann mich noch sehr gut erinnern. Ich sagte ihm, dass ich zwar katholisch bin und kein großes Interesse an den Zeugen Jehovas habe jedoch dafür immer Interesse an guten Unterhaltungen, und die führten wir dann. Er war gar nicht böse, dass ich nicht über den Glauben reden wollte. Wir sprachen über Kultur, deutsche Geschichte, Soziales... das war ein sehr emotionales Gespräch, das mir auch im Nachhinein wirklich zu Herzen ging! Meine Mitschüler haben mich deswegen zwar zunächst ausgelacht, aber mir war das in dem Moment egal und ich würde es heute wieder so machen.
Dieser alte Mann war übrigens echt der einzige herzliche, freundliche und gesprächsbereite Mensch, der mir in dieser Stadt begegnet ist, zusammen mit einem Opa aus Memmingen in Bayern, der mich nach dem Weg zu einem Denkmal fragte und mich ansprach, weil ihm mein Dialekt auch "bayrisch" vorkam (womit er ja auch Recht hatte!). Ich hielt mich eine Woche lang dort auf und sah sehr viele Menschen dort. Aber nur zwei, die wirklich freundlich und dankbar waren. Und einer davon war dieser Rentner aus Thüringen.
XXX
Die Fahrt war im Allgemeinen ein wenig speziell bzw. schwierig dank der Klasse, mit der es im Vorgriff schon ständig Ärger gab und die sich nicht durch eine gute Klassengemeinschaft und Zusammenhalt ausgezeichnet hat. Das Ergebnis der Fahrt war dahingehend genau so, wie ich es erwartet hatte und ich beschloss damals, mit dieser Klasse nicht auf eine Abschlussfahrt zu gehen, so kam es zwei Jahre später auch.. ich bin da nicht mit.
Man muss nichts beschönigen, aber auch nichts schlecht reden. Ich wollte im Vorgriff eigentlich nicht mit, weil ich mit gewissen Leuten aus der Klasse Probleme hatte und ich permanente Sorgen hatte, dass dort irgendwie was passiert oder in der Woche in der ich nicht da bin irgendwas mit meinem Opa sein könnte (bei ihm wohnte ich). Das wurde jeden Tag ein bisschen schlimmer, am liebsten wollte ich da echt nicht mitgehen. Am Ende war es, sagen wir, ganz erträglich. Es gab viel pubertäres Geknatsche bis hin zu einem Liebesschwur, der völlig daneben ging (eine Mitschülerin hatte einem Mitschüler ihre innige Liebe beteuert, aber der Junge wollte keine Liebe, sondern stand eher auf eine distanzierte, aber freundschaftliche Beziehung) und einem Vorfall sexueller Belästigung, aber unser Lehrer der 7./8. Klasse rettete das Ganze, war einfach ein toller Mensch - ich glaube, das hätte kein anderer Lehrer durchgemacht und so locker überstanden.
An das Rahmenprogramm habe ich bis auf einen Schwimmbadbesuch (da kam es zur sexuellen Belästigung) keinerlei Erinnerungen - aber im Gedächtnis blieb mir ein lustiger Moment: An einem Abend hatte sich ein Mädchen in Jungsklamotten gezeigt, völlig umgestylt und in dem Outfit probiert sich als "ein Junge aus Hamburg" bei unseren Jungs vorzustellen. Das war dann echt lustig, auch ich habe das am Anfang geglaubt, wobei wir nach gewisser Zeit auch draufgekommen sind. Ich selbst hatte mich bei einer anderen Klasse als "Holger" vorgestellt und wurde dann von denen die ganze Woche Holger genannt.
Ich habe auf dieser Klassenfahrt auch mal zu einer im nächtlichen Dunkeln auftauchenden und sich über Lärm aus unserem Zimmer beklagenden Person (der Flur war dunkel, ich habe sie nicht erkannt) ziemlich grob und in deutlichem Bayrisch-Schwäbisch gesagt "wem g'hörst denn du, was willst denn du?", weil ich dachte, irgendein Schüler beklagt sich und will hier den Larry machen. Es muss aber eine junge Lehrerin gewesen sein, die sich dann auch namentlich vorstellte und wohl aus Norddeutschland kam, mir aber nicht böse war.
Ja, lustig war das dann irgendwie schon und abends haben wir immer gute und ziemlich laute Musik gehört, das war alles akzeptabel, aber nichts wo ich sage, das war ein Hammer. Meine Klasse war doch irgendwie komisch bis auf ein paar.