Also wenn Du 4-5 Jahre nicht gespielt hast und nun gleich beruflich in die Richtung gehen möchtest, rechne Dir erstmal nicht viel Erfolg aus. Aber ich erzähle mal der Reihe nach:
Aufnahmeprüfung:
Wenn Du es wirklich ernst meinst, suche Dir auf jeden Fall mehrere Musikhochschulen heraus und bewirb Dich nicht nur bei einer. Gehe auf deren Webseiten und such Dir mal die Übersicht der Aufnahmeprüfung und Beispielübungen (sofern verfügbar) heraus. Viele Hochschulen bieten auch Vorbereitungskurse - die würde ich auch in Anspruch nehmen, damit Du vorort einmal einen Eindruck bekommst, was von Dir erwartet wird.
Grundsätzlich gilt: Du wirst nicht nur im Hauptfach (in Deinem Fall Klavier) geprüft, sondern auch im Pflichtfach (bei allen anderen Instrumenten ist das automatisch Klavier, bei Klavier als Hauptfach kannst Du Dir das meistens aussuchen) und in Musiktheorie/ Gehörbildung.
Am höchsten sind die Anforderungen in Musiktheorie/ Gehörbildung - da wird am meisten »ausgesiebt«. Dort geht es vor allen Dingen um Akkorde, Intervalle und Skalen erkennen, 1-2-stimmiges Melodiediktat, 4-stimmiger Satz usw. Dafür wirst Du in der Regel am meisten Vorbereitung brauchen.
Das Pflicht-/ Beifach hat die geringsten Anforderungen. Aber ohne zweites Instrument (oder Gesang) wird es schwer bis unmöglich.
Die Hauptfachprüfung erfordert meistens ein etwa 20-minütiges Programm - in der Klassik durch verschiedene Epochen, popular durch unterschiedliche Stilistiken. Genaueres und Beispiele verschiedener Titel findest Du i.d.R. in den Anforderungen Deiner Hochschule. Hinzu kommt Vom-Blatt-Spielen und Improvisation (letzteres nur in der Popularmusik).
Meistens wird auch in dieser Reihenfolge geprüft, so dass Du - wenn Du eins nicht schaffst, sofort rausfliegst.
Jetzt 1-2 Jahre auf die Aufnahmeprüfung hin zu üben und sonst weniger zu können, bringt Dir auch nichts. Mach Dir selbst ein Bild, ob Du das schaffst.
Berufsaussichten:
Sei Dir von Anfang an bewusst, dass Du insbesondere bei einem reinen Instrumental-Studium kaum Aussichten hast, davon zu leben. Als Berufsmusiker lebst Du vor allen Dingen von eigenen Gruppen/ Bands oder Gruppen, in die Du gebucht wirst. Bei eigenen Formationen musst Du Dich um die Aufträge/ Gigs meistens selbst kümmern - und die Bezahlung wird zur Zeit immer schlechter. In der Klassik hast Du aus Pianist nicht viel Chancen, fester Orchestermusiker zu werden. In der Popularmusik wäre es auch noch als Studiomusiker möglich - aber da ist es auch sehr schwer, reinzukommen. Es läuft also immer auf eine Selbständigkeit hinaus, Festanstellungen gibt es praktisch keine.
Bessere Aussichten hast Du als Musikpädagoge (also mit dem Ziel, in einer oder mehreren Musikschulen zu unterrichten) oder Tonmeister (die höchste Tontechniker-Ausbildung, bei der Du in der Tontechnik oder Studiotechnik sitzt und für den »guten Ton« sorgst). Aber sei gewarnt: Selbst als Musikpädagoge werden Festanstellungen immer weiter abgebaut und durch (unterbezahlte) Honorarkräfte ersetzt. Eruiere auch ruhig noch andere Möglichkeiten.
Ich spreche da aus Erfahrung!
Ich selbst habe zuerst Komposition/ Musiktheorie studiert, bin später in die Musikpädagogik gewechselt und habe mit einem Diplom zum Musikpädagogen für Klavier und Gesang (popular) abgeschlossen. Ich war lange Zeit als Berufsmusiker in verschiedenen Bands sowie als Barpianist unterwegs und habe »nebenbei« in verschiedenen Musikschulen gearbeitet. Ich konnte davon irgendwie immer geradeso leben. Viel Geld habe ich allerdings nie eingespielt.
Inzwischen habe ich das Musikgeschäft komplett aufgegeben und bin in den Journalismus eingestiegen.
Psychologische Gefahren
Denn es gibt da durchaus auch psychologische Gefahren: Zum einen ist die Musik immer mit Stress verbunden. Du hast nie nur einen Job - Du hast ganz viele und bist ständig unterwegs. Du wirst immer schauen müssen, dass Du genügend Aufträge bekommst, davon irgendwie leben kannst - und eine Sicherheit gibt es nicht. Meistens arbeitest Du 10-14 Stunden am Tag. In Musikschulen hast Du i.d.R. 40 bis 80 Schüler die Woche, Ferien werden nicht bezahlt, manchmal sogar noch nicht mal Fehlstunden. Hinzu kommt, dass sich Dein Schlafrhythmus dauerhaft anpasst, da Du ja nachmittags unterrichtest und/ oder abends auftrittst. In so ca. jeder Berufsrichtung in der Musik hast Du die höchste Burnout-/ Depressions-Gefahr.
Hinzu kommt, dass Du über die Jahre die Leidenschaft an der Musik verlierst. Es wird nicht so sein, dass sie Dir keinen Spaß macht. Aber Du wirst kaum noch aus Spaß spielen, da beim ersten Ton sofort der Schalter auf »Arbeit« umgelegt wird. Deshalb mach ich auch beruflich keine Musik mehr.