Ich weiß du willst eigentlich die Gegenseite lesen, ich bin da eher ganz bei dir und würde meine Ansicht gern kurz begründen
Punkt1:
Rein zahlenmäßig wäre es trotz "Arbeitskräftemangel" nicht möglich alle erwerbsfähigen BG-Empfänger unterzubringen. Und auch wenn es die gleiche Anzahl an Stellen, wie Arbeitssuchende gäbe, kann nicht jeder jede Arbeit machen.
Es gab 2023 in Deutschland ca 5,5 Millionen Menschen, die BG beziehen oder in einer Bedarfsgemeinschaft leben, davon waren ca 4 Millionen erwerbsfähig und davon wiederum waren 2,6 Mill arbeitslos. 1,4 Mill Menschen bezogen also BG weil sie aufstocken mussten. Den 2,6 Mill Arbeitslosen standen ca 765000 offene Stellen gegenüber (einschließlich gemeldeter Stellen im Ausland)
Quelle: Statista.de (welcher Art die Stellenangebote sind, ist nicht näher ausgeführt, sprich es ist auch möglich, dass das nicht alles auskömmliche Vollzeitstellen sind)
Punkt 2:
Das BG ist die unterste Grenze eines möglichen Verdienstes. Fällt diese Grenze weg, dürften die Löhne weiter sinken. Mindestlohn hin oder her, wenn die Leute anfangen zu hungern, arbeiten sie auch für ne Schüssel Suppe. Wer bei gleicher Qualifikation, weniger Kosten verursacht, wird eingestellt. Die teuren Leute dürfen gehen oder sich eben auch mit weniger zufrieden geben. Zumal Langzeitarbeitslose oder Leute aus dem Bürgergeldbezug, die ersten 6 Monate nicht Mindestlohnberechtigt sind.
Punkt 3
Eine Grundsicherung sichert den sozialen Frieden. Wenn die Wahl zwischen Erfrieren und Verhungern oder Diebstahl und Einbruch besteht, wird die Kriminalität steigen und nicht unbedingt bei Diebstahl und Einbruch enden.
Man sollte nicht vergessen: Egal was jemand angestellt hat, selbst Vergewaltiger und Mörder erhalten im Knast ein Dach über den Kopf und drei Mahlzeiten am Tag. Etwas was man den Menschen, die BG beziehen, entsagen will, weil sie einen Job ablehnen oder auch zwei oder drei.
Im Umkehrschluss heißt das überspitzt ausgedrückt: auf scheinbare Faulheit folgt der Hungertod, auf Mord und Totschlag Freiheitsentzug mit Vollversorgung.
Punkt 4:
die "Angebote" sind teils wirklich unsinnig
Aus eigener Erfahrung als ich vor x Jahren vorübergehend kurze Zeit aufstocken musste: Jobangebot - befristet auf 4 Wochen!, knapp 150km entfernt, 8 Std Kisten bis zu 25kg schleppen für 8 Euro brutto/Stunde. Weder Auto, noch machbare Bahnverbindung waren vorhanden. Ich habe abgelehnt.
Anderes Beispiel: ausgebildete Buchhändlerin im Mini-Job bekommt auf Arbeit einen Anruf, dass sie am Folgetag ein Vorstellungsgespräch als Buchhalterin hat... (Ich stand daneben und wir sind anschließend ins Gespräch gekommen)
Ich will nicht wissen, wieviele solcher Angebote kursieren.
-------------------------
Mein Vorschlag: wenn es eine Pflicht zur Arbeit gibt unter Androhung von Sanktionen, muss es auch ein Recht auf eine auskömmliche, sozialversicherungspflichtige Arbeit, zu mindestens dem Mindestlohn oder aber Tariflohn geben, ohne Ausnahme.
Wenn die Leute eine Umschulung, Weiterbildung oder auch Ausbildung machen möchten, um wieder besser Fuß fassen zu können, sollten sie gefördert werden (Bewerbungstraining, Einkaufskurse, Bastelmaßnahmen und Co sind nicht hilfreich kosten den Steuerzahler aber Unsummen)
Erwerbsfähig sollte sein, wer tatsächlich erwerbsfähig ist, sprich soviel arbeiten kann, um vom Verdienst zu leben. Die derzeitige Regelung: wer 3 Std/Tag arbeiten kann (nicht unbedingt alles, nicht unbedingt am Stück) ist Augenwischerei. Wer gesundheitlich nur 15 Std/Woche arbeiten kann, wird damit nicht genug verdienen können. Diese Leute haben eine sichere Unterstützung verdient.