Solche Möchtegern-Erklärer mit ihren ,,Theorien" sind meist auch nicht schlauer als die Vertreter der herkömmlichen Auslegungstradition. Das Licht aus Gen. 1.3 hat nichts mit dem Urknall zu tun, diesen findest du vielmehr bereits in Gen. 1.1. Ganz davon abgesehen lag das Weltall noch bis 100.000 Jahre nach dem Urknall in völliger Dunkelheit. Schon ab Gen. 1.2 beschränkt sich das Geschehen nur noch auf die bereits existierende Urerde. Es stimmt auch nicht, dass die Sonne erst am vierten ,,Tag" erschaffen wurde.
https://www.gutefrage.net/frage/an-welchem-tag-erschuf-gott-was#answer-384827064
Laut Bibel hat Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen
Zum semantischen Verständnis: Das fragliche Wort ,,Jom" ist etymologisch verwandt mit ,,Majim", Wasser und ,,Jam", Meer. In allen Altsprachen sind die Begriffe für Wasser, Zeit, Welt und Leben eng verbunden und stellen die ältesten Schichten dieser Sprachen dar. Denn die Wasserläufe diktieren seit eh und je (nicht nur) das menschliche Leben.
Die Schöpfungs,,tage" diktiert natürlich nicht die Erdrotation. Der erste hatte ja schon mit dem ,,Anfang" (Gen. 1.1) begonnen, bevor die Unterscheidung zwischen hell und dunkel möglich wurde (Gen. 1.3-5). Von Interesse sind vielmehr Werdung und Vollendung der jeweiligen Schöpfungswerke. Besonders deutlich wird das an der Vermehrung der Organismen einschließlich des Menschen (Gen. 1.28). Zudem wiederholt sich mehrmals die Wendung ,,und es geschah so", so auch in Gen. 1.30. Die Grundbedeutungen von ereb und boqer, traditionell mit Abend und Morgen übersetzt, sind Übergang und Neuanbruch. In gewissen Übersetzungen scheint diese Botschaft trotz allem noch durch: ,,Da ward aus Abend und Morgen der x-te Tag".
Der siebte Schöpfungs,,tag", der kurz vor Adams Erscheinen begonnen hatte (Gen. 1.31-2.3), dauert bereits über 7500 Jahre, und ein ,,Abend" ist nicht in Sicht (Hebr. 3-4). Damit ist das Kurzzeit-Dogma ad absurdum geführt. Doch damit nicht genug: Die Abschlussformel in Gen. 2.4 fasst alle Schöpfungs,,tage" zu einem einzigen ,,Tag" zusammen. Bei Kalendertagen geht das beim besten Willen nicht, unbestimmte Zeitabschnitte lassen sich hingegen problemlos zu einem (größeren) zusammenfügen.
Auslegungsgeschichtlich dürfte das Kalendertage-Dogma eh erst spät aufgekommen sein, zusammen mit anderen Elementen des traditionellen Deutungsgefüges. Die mittelalterlichen Auslegungsgelehrten haben sich nämlich sowieso lieber an die vermeintlich plastischere Paradiesgeschichte gehalten, weil sie sie leichter mit den spätzeitlichen Mythen verwursten konnten (Mensch im Erwachsenen Zustand aus nichttierischen Materialien wie Erde geschaffen) als das kryptisch anmutende Sechstagewerk. Geeinigt haben sie sich schlussendlich auf die bis heute theologisch gültige Lehrmeinung, dass das Sechstagewerk nur eine grobe Übersicht über die ,,Schöpfung" gewährt, während die Paradiesgeschichte die Details beleuchtet. Noch heute tischen das Theologen ahnungslosen Bibellesern als ,,typisch hebräischen Erzählstil" auf.
Adam ist der bibelgeschichtlich erste Mensch, der persönlich und namentlich erwähnt wird. Dazu kommt, dass er mit seiner Frau eher isoliert lebte, und nicht in einer Stammes- oder Dorfgemeinschaft. Die Menschen der sechsten Schöpfungsperiode treten hingegen - wie die zuvor erscheinenden Pflanzen- und Tierarten - als Kollektiv, als Gesamtheit auf. Sie bilden eine geschlossene Einheit, ohne dass Namen fallen oder bestimmte Handlungen einzelner Personen erwähnt werden. Deshalb sahen die Gelehrten Adam und Eva - in Übereinstimmung mit spätzeitlichen Deutungsschablonen - als erste Menschen im Sinne von Gen. 1.27 an. Zu ihnen führen auch die biblischen Chronologien und ergeben dabei einen überschaubaren Zeitraum von einigen Jahrtausenden. Vor Adam und Eva konnte es also ,,nichts" geben, das schien unvorstellbar. Genauso unvorstellbar wie der Umstand, dass die Zeit nicht gleich ab der allerersten Sekunde gezählt wird, sondern ab ,,mittendrin" - oder, wenn man das Gesamtbild betrachtet, zum Ende hin. So konnten die Gelehrten nur zu dem Schluss kommen, dass die Erde und vor allem die Menschheit entsprechend jung waren.
Ganz verdrängen ließ sich das korrekte Verständnis der Schöpfungs,,tage" als exorbitante Zeiträume aber nie. Schon vor Augustinus blieben ihr nicht nur ,,Querdenker", sondern sogar viele Kirchenväter treu. Das populäre Argument, dass dies eine moderne Umdeutung sein soll, eine exegetische Notlösung, die erst mit der modernen Geologie (und Evolutionstheorie) notwendig wurde, ist geradezu an den Haaren herbeigezogen. Auch die Behauptung, man wäre ,,damals" der Einfachheit halber von wahlweise sechs oder sieben Tagen ausgegangen, weil sich niemand lange Zeitalter hätte vorstellen können, spricht gegen sich selbst. Ein ,,Tag" des indischen Schöpfergottes Brahma dauert fast so lange, wie die Erde laut Wissenschaft alt ist.