Yamaha clavinova CVP-65 für 400.-?

3 Antworten

Nachdem ich mal kurz bei eBay reingeschaut hab, scheint mir das ein sehr schlechter Preis angesichts des alters des Instruments zu sein. Digitale Keyboards veralten sehr schnell. Die Qualität eines Klaviersounds hängt sehr stark vom verfügbaren Speicher sowie der Prozessorleistung ab. Anhand der Computerentwicklung der letzten 20 Jahre kannst du dir vorstellen, was sich da getan hat...

(Vielleicht zum leichteren Verständnis zur Funktionsweise eines Digitalpianos:

Die herkömmliche weise für die Funktionsweise eines Klaviersounds in einem Digitalpiano ist Sampling. Das heißt, das (zumindest bei neueren Modellen) jeder Ton in unterschiedlichen Lautstärkestufen von einem richtigen Klavier aufgenommen wird. (Bei älteren Modellen wurde, um SPeicherplatz zu Sparen, oft nur jeder zweite oder dritte Ton gesamplet. Die restlichen Töne wurden durch bearbeiten (beschleunigen oder verlangsamen) der gesampleten Töne erzeugt.) Das Digitalpiano spielt den jeweiligen Ton dann per Tastendruck ab. Je mehr Speicherplatz zur Verfügung steht, desto mehr Lautstärkestufen kann man aufnehmen. Trotzdem ist es ein, wenn nicht unbedingt offenischtlich hörbarer, so doch ein beim SPielen spürbarer Nachteil im Vergleich zum echten Klavier: Du drückst eine Taste des Digitalpianos mit einer gewissen Geschwindigkeit -> Du hörst einen Klavierton in einer bestimmten Lautstärke. Du schlägst die Taste etwas härter an -> Du hörst erstmal den selben Klavierton, lediglich künstlich lauter gemacht. Du schlägst die Taste noch härter an -> Ab einer gewissen Grenze spielt das Digitalpiano das Klaviersample ab, das tatsächlich mit einer nächsthöheren Lautstärke gesamplet wurde. Dadurch ändert sich die Klangfarbe ohne Übergang und sehr unvermittelt. Je mehr Dynamikstufen tatsächlich vom richtigen Klavier aufgenommen wurden, desto besser/flüssiger/runder fühlt es sich an, damit zu spielen. Außerdem sind bei einem guten Digitalpianosound auch Obertöne gesamplet (also die Saiten, die mitschwingen, wenn das Pedal getreten ist, bzw. die entsprechenden Tasten gedrückt gehalten werden) und Geräusche der Mechanik. Nicht nur, dass das ganze sehr viel Speicherplatz erfordert (ein moderner, guter, Samplebasierter Klaviersound beansprucht gerne mal einige Gigabyte), es müssen auch sehr viele Daten in Echtzeit verarbeitet werden. (Also die unterschiedlichen Samples zusammengemischt und ausgegeben werden). Das ist Prozessorintensiver, als es sich anhört...

Eine zweite Möglichkeit ist sog. "physical modelling". Hierbei wird das Instrument komplett vom Computer simuliert und die Töne in Echtzeit berechnet. Das hat den Vorteil, dass Lautstärkeübergänge sehr flüssig möglich sind und kaum Speicherplatz verbraucht wird. Dafür ist die Prozessorauslastung sehr hoch. Daher wird dieses Verfahren auch erst seit sehr wenigen Jahren in stand-alone Instrumenten angewandt. Außerdem klingen Digitalpianos, die dieses verfahren anwenden oft doch etwas künstlich...

Die dritte Möglichkeit, auf die inzwischen alle bekannten Hersteller von Digitalpianos Hauptsächlich setzen ist Sample modelling. Hier ist eine Sehr aufwändige Bibliothek an real eingespielten Samples vorhanden. Diese dient aber lediglich als Grundlage für das "modelling". Das heißt, die Samples werden beim spielen in Echtzeit durch diverse Algorithmen verändert um eben zum Beispiel glatte Lautstärkeübergänge hinzubekommen. Dieses Verfahren erfordert sowohl viel Speicherplatz als auch schnelle Prozessoren.

Alle diese Verfahren nutzen den Stand der Technik voll aus. Das heißt, je besser die verwendete Computertechnik ist, desto besser klingt das Instrument (und desto besser spielbar ist es auch...) und es gibt im Detail immer noch Verbesserungsmöglichkeiten. Damit will ich sagen dass es, mit besserer Computertechnik durchaus noch Luft nach oben gibt.

Wie dem auch sei: Eigentlich wollte ich mit dem ganzen Text nur erklären, wie viel schlechter die Sounds eines über zwanzig Jahre alten Digitalpianos im Vergleich zu einem modernen sind. Allerdings sollte ich vielleicht anmerken, dass es ein durchaus vernünftiger Weg sein kann, von dem Digitalpiano lediglich die Tastatur zu benutzen und damit einen guten Flügelsound im Computer (als Vst-/AU-/RTAS-/etc.- Plugin) anzusteuern.

Über die Qualität der Tastaturen hab ich mich aber ja schon in deiner anderen Frage zu dem Thema geäußert.

Der Preis ist O.K. - wenn das Gerät optisch und technisch in gutem Zustand ist. Du bekommst ein -zwar älteres- aber gutes Gerät für ca. 330,-€.

Du musst selber wissen und entscheiden, was Du mit dem Gerät machen willst. Für einen Alleinunterhalter ist es eindeutig zu wenig. Die Sounds sind überaltert und nicht mehr zeitgerecht. Auch der techn. Standard ist überholt (1.44MB-Diskette, kein USB oder SDcard, alte Stecker usw.). ABER für den Hausgebrauch oder als Lern- und Übungs-Gerät für Nachwuchstalente ist es bestens geeignet. Es hat ein Standard-Manual und viele tolle Styles.

Einzig die Tatsache, dass es sich hier um kein mechanisches Klavier handelt (typisch elektronische Anschlag-Dynamik) ist zu berücksichtigen. Dies ist aber bei allen elektronischen Geräten gleich! Elektrische Tastaturen mit einer einstellbaren Anschlag-Dynamik fangen irgendwo bei 5000,-€ an!

TheStone  08.09.2014, 04:16

"Einzig die Tatsache, dass es sich hier um kein mechanisches Klavier handelt (typisch elektronische Anschlag-Dynamik) ist zu berücksichtigen. Dies ist aber bei allen elektronischen Geräten gleich! Elektrische Tastaturen mit einer einstellbaren Anschlag-Dynamik fangen irgendwo bei 5000,-€ an!" Quatsch. Die Tastenempfindlichkeit ist bei so gut wie jedem Gerät einstellbar. (was übrigens gar nicht wichtig ist. Auf nem richtigen Klavier ist die Tastatur ja auch wie sie ist und nicht nachträglich veränderbar.)

Übrigens hat ein Digitalpiano sehr wohl eine mechanische Tastatur und genau in diesem Bereich hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Die bekanntesten Hersteller von Digitalpianos (Kawai, Yamaha, Korg, Roland, etc.) bieten inzwischen ihre jeweiligen Topinstrumente mit Holztastaturen an. Aber auch im mittleren Preissegment fühlen sich die Tastaturen bedeutend Flügelähnlicher an als noch in den 90er Jahren.

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