Wo in Deutschland sagt man "Stöcker" (Mehrzahl für 'Stöcke')?

5 Antworten

Von Experte OlliBjoern bestätigt

In meiner Kindheit in Norddeutschland habe ich das von manchen Kindern auf der Straße gehört. Sie meinten damit kleine Äste, die vom Baum gebrochen waren und die man z.B. benutzen konnte, um Hunden das Apportieren beizubringen.

Je nach Bildungshintergrund der Eltern und auch danach, ob die Eltern vielleicht auf dem Lande, also in einer rein plattdeutschen Umgebung, großgeworden waren, kamen bei manchen, wenn sie Hochdeutsch sprachen, bestimmte Fehler vor, die die Kinder dann natürlich übernahmen. Oft wurden Dativ und Akkusativ durcheinander geworfen, weil es diesen Unterschied im Plattdeutschen nicht gibt, auch ging man in drinnen, in draußen und bei Oma (Platt: in binnen, in buten un' bi Oma gahn) statt zu Oma, und wenn man sich unsicher mit der Pluralbildung im Hochdeutschen war, hängte man gern überall "-en" an oder aber bei manchen Wörtern mit Null-Plural wurde einfach wie im Plattdeutschen ein "-s" angehängt, und so kam es dann, dass am Wochenende die Lehrers mit Rasenmähers durch ihre Gärten düsten.

Die Stöcker kann ich mir allerdings nicht durch das Plattdeutsche erklären. Vielleicht möchte man die kleinen Stöcke bzw. Äste vom Baum einfach nur unterscheiden von den Gehstöcken, ähnlich wie "Dinge" und "Dinger".

Ich finde die Stöcker jedenfalls niedlich und fühle mich mit etwas Wehmut in meine Kindheit versetzt.

Das erinnert mich an den Plural von "Stück". Im nördlichen Saarland war der Plural von Stëck (Stück) Stëcker (man konnte auch "Stëcker zwei" sagen anstelle von "zwei Stück(e)"). Hochdeutsch "Stücke".

Stëcker zwei sagte meine Oma immer beim Mensch-ärgere-dich-nicht (wenn sie eine 2 gewürfelt hatte).

Der nördliche Dialekt hatte norddeutsche Aspekte, so sagte man "dat/wat/et" statt "das/was/es". Auch hatte der Diminutiv - die Verkleinerungsform - einen ähnlichen Plural, ebenfalls mit -r gebildet.

"Keenisch, Keenisch, wievill Schrittcher schenkschte mer?"

König, König, wie viele Schrittchen (Plural) schenkst du mir?

Das war ein altes Kinderspiel.

In Luxemburg "e Kaweechelchen" (ein Eichhörnchen) "zwee Kaweechelcher" (zwei Eichhörnchen). Nur in Luxemburg und im nördlichen Saarland (und an der Mosel) hat der Diminutiv im Plural eine Form, die vom Singular abweicht.

verreisterNutzer  02.10.2022, 08:47

Hallo OlliBjoern,

das klingt absolut interessant! Das Phänomen mit dem "Stöcker" (das -er für die Mehrzahl) scheint man wohl nicht auf eine bestimme Region eingrenzen zu können. Gelten deine Ausführungen denn allgemein für die Region 'nördliches Saarland', also sind deine Erfahrungen typisch für dort, oder kommen deine Vorfahren aus anderen Regionen und deine Oma schleppte das von dort mit ein? Woher kommt der nördliche Einfluss im Saarland? Oder hat "dat/wat/et" nichts mit 'nördlich' zu tun, denn im Ruhrgebiet sagt man ja auch "dat"?

"Stëcker zwei sagte meine Oma immer beim Mensch-ärgere-dich-nicht (wenn sie eine 2 gewürfelt hatte)."

Nun kam bei mir eine sehr alte Erinnerung hoch. Ich meine mich zu erinnern, dass meine Oma beim Mensch-ärgere-dich-nicht bzw. Halma-Spiel (dieses mit dem Stern, wo die Figuren übereinander hüpfen müssen), ganz sicher aber wirklich beim Halma-Spiel "Stecker" zu den Figuren sagte.

Auf jeden Fall vielen Dank für den Einblick.

P.S.: Nun fällt mir selbst ein, dass man in meiner Heimatregion schon auch mal "zwei StückER Kuchen" statt "zwei Stück Kuchen" sagte. Vielleicht wurde wirklich aus Stücke -> Stücker -> Stöcker? Rausfinden wird man es wohl nie so genau, aber die Theorien und Herleitungen sind sehr interessant.

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Ist zwar kein reiner Plural, aber im Bairischen sagt man "Stecker" (alternative Schreibung: "Stecka") für "Stock" bzw. "Stöcke". Oft auch in der Verkleinerungsform "Steckerl", wie in "Steckerlfisch". Der hat's sogar bis in Wikipedia gebracht:

https://de.wikipedia.org/wiki/Steckerlfisch

verreisterNutzer  29.08.2022, 21:26

Das ist ja interessant, dass man das im bayrischen für die Einzahl und Mehrzahl benutzt. Vielleicht kommt das "Stöcker" auch daher bzw. geht zusammen mit "Stecker" auf irgendeinen anderen Ursprung zurück und ist gar nicht so 'einfältig', wie man auf den ersten Moment glaubt?

Aber sagt man im bayrischen nicht eher "ein Stecken/zwei Stecken"? Mit "r" am Ende kenne ich es gar nicht. Ist aber auf jeden Fall sehr spannend, es scheint noch viele weitere Varianten zu geben :)

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verreisterNutzer  29.08.2022, 21:30
@verreisterNutzer

Und wenn wir schon dabei sind (fiel mir gerade ein): Wo ich herkomme, sagt man zu einem großen Holzstecken bzw. Holzpfosten "STICKEL". ;D Vielleicht kennt das auch jemand. Hier in der Frage geht es aber eher um kleinere Äste, die lose auf dem Boden rumliegen und nicht um Holzpfosten.

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verreisterNutzer  29.08.2022, 21:33
@verreisterNutzer

Gerade rausgefunden: "Stickel" ist ein Begriff aus dem Weinbau. Das passt, weil ich aus einer Weinanbauregion komme. Interessant, dass es das Wort dort in den normalen Wortschatz geschafft hat.

Und Pflanzpfähle heißen laut Wikipedia auch "Stecken". Jetzt wirds kompliziert ;oo Nur wo "Stöcker" herkommt, weiß ich immer noch nicht.

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Das sagt man Nirgendwo. Nicht Jeder beherrscht die Grammatik.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
verreisterNutzer  29.08.2022, 21:14

Wenn das deine eigene Erfahrung ist, warst du dann schon in allen Regionen in Deutschland, so dass du wirklich ausschließen kannst, dass es eine regionale Besonderheit ist? Die Person, die das Wort benutzt hat, spricht ansonsten eigentlich gutes deutsch, deshalb habe ich mich gefragt, ob es eine regionale Besonderheit sein könnte.

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spanferkel14  30.08.2022, 06:46
Das sagt man Nirgendwo. Nicht Jeder beherrscht die Grammatik.

Mit solchen Aussagen wäre ich an deiner Stelle vorsichtig.

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Hey also ich nenne das Stöcker (wenn du runtergefallene Äste vom Baum und so meinst. Ich komme aus Niedersachsen. Hab aber beide Wörter schon gehört... Stöcke dann eher bei Gehstock oder so oder Eierstock :D

Hoffe ich konnte dir helfen.

LG Luc

verreisterNutzer  29.08.2022, 21:16

Hallo Luc. Ja genau, es geht um mehrere mittelgroße Äste. Ich will nicht zu aufdringlich sein, aber kannst du mir ganz grob die Region sagen in Niedersachsen, wo man das Wort so benutzt? Bist du und deine Eltern da aufgewachsen oder woanders? Im Internet hab ich jetzt gelesen, dass man es auch in Schleswig-Holstein und Magdeburg so sagen würde.

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verreisterNutzer  29.08.2022, 21:24
@luc0107

Vielen Dank!! Vielleicht kommt die Person auch aus der Region, aber wohnt jetzt woanders. Ich werde sie mal fragen!

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luc0107  29.08.2022, 21:27
@verreisterNutzer

Ja mach mal bitte, das finde ich auch cool solche regionale Unterschiede bei Sprache etc. :)

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verreisterNutzer  29.08.2022, 21:27
@luc0107

Hier gibt es eine Übersicht über ganz viele Worte, wie die sich in Deutschland regional unterscheiden, nur ist das Wort "Stöcke/Stöcker" da noch nicht dabei. Habe es aber den Machern der Seite mal vorgeschlagen, das rauszufinden bei der nächsten Umfrage. ;) www [punkte] atlas-alltagssprache [punkt] de

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LottaKirsch  03.09.2022, 14:49
@verreisterNutzer

In unserer Familie und im ostwestfälischen Bekannten- und Freundeskreis sagt man Stöcker. Und meine Geschwister und ich tragen die Stöcker in die Welt hinaus 😁

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verreisterNutzer  03.09.2022, 22:13
@LottaKirsch

Interessant. Ich wüsste wirklich gerne, ob es von einem regionalen Punkt in Deutschland ausgeht und sich verbreitet hat oder gleichzeitig in mehreren Regionen so gehandhabt wird mit den "Stöckern" ;)

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