Wird Schüchternheit in der Schule bestraft? Wieso machen Lehrer sowas?

6 Antworten

Naja, ich glaube, niemand mag es, dran genommen zu werden, wenn man die richtige Antwort nicht weiß oder sich sehr unsicher ist. Niemand möchte sich gerne blamieren. Niemand möchte, dass die Interaktion mit einem Lehrer länger dauert als unbedingt notwendig. Das ist bei nicht-schüchternen Schülern nicht anders. Und deshalb soll der erzieherische Gedanke dahinter ja sein, die Schüler zu animieren, sich zu melden, wenn sich sicher sind, um so ihre „Pflicht“ zu tun. Letztendlich ist das ein Softskill auch für das Arbeitsleben später: sich immer schön fleißig für die einfachen Sachen melden, damit der schwerere Kelch an einem vorübergeht. Und ganz ganz idealerweise (aber gut, das war selbst früher Wunschdenken ^^) sollte die Erkenntnis bei Schülern ja sein, dass mündliche Mitarbeit die wertvolle Chance ist, genau das, was man eben nicht verstanden hat, unter Aufsicht zu üben bzw. nochmal erklärt zu bekommen.

Bei jedem zweiten Beitrag konnte man lesen: Ich hatte Angst davor drangenommen zu werden, obwohl ich mich nicht gemeldet habe.

Konkret wovor hattet ihr Angst? Was wäre der schlimmste anzunehmende Ausgang dieser Situation? Das wäre jedenfalls das, was ich mein Kind jedenfalls fragen würde. Denn der schlimmste Ausgang wäre meiner Meinung nach, dass das Kind die Schule wechseln und man mit ihm in eine unbekannte Gemeinde umziehen muss, und das ist erstens sehr unwahrscheinlich und zweitens… gibt es schlimmere Schicksale. Und als zweites würde ich meinem Kind sagen: ok dann hast du eben eine mündliche 6. Ich find’s nicht gut, aber ich kann damit leben - kannst du es? Kindern beibringen, Konsequenzen zu ertragen… auch ganz wichtig! Und ich habe so eine Theorie, dass das nämlich auch etwas mit Selbstbewusstsein zu tun hat. Das Kind entscheidet sich selbst aktiv für eine der beiden Handlungen. In beiden Handlungen gibt es eine angenehme und eine unangenehme Seite.

dass Schüchternheit in der Schule bestraft wird

Naja… gewissermaßen ja. Es soll das Bewusstsein geschaffen werden, dass (übertriebene) Schüchternheit einem Ärger macht und Nachteile verschafft, weil es das später auch machen wird! Ein schüchterner Arbeitnehmer traut sich nicht, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen, oder nach Urlaub obwohl er gerade erst letzten Monat hatte, oder nach Bildungsurlaub, oder die Arbeitsvertretung von Kollege X einfach abzulehnen, weil es zu viel wird, oder auch den Schritt in die Selbstständigkeit. Warum sind die Gesetze in Deutschland die arbeitnehmerfreundlichsten der Welt, und gleichzeitig steigen die Zahlen von Depressionen und Burnout und Mobbing? Weil ein Teil der Gesellschaft die Schüchternheit nie abgelegt hat (während ein gewisser anderer Teil seine Rechte bis zur Kriminalität ausnutzt…). Oder auch im Privatleben: eine schüchterne Person traut sich nicht, die hektische Sprechstundenhilfe nochmal zu fragen, wenn sie nicht ganz verstanden hat, wie sie Tabletten einnehmen soll. Eine schüchterne Person traut sich nicht, Versicherungsvertreter, Zeugen Jehovas oder „Polizeibeamte“ an der Haustür abzuweisen. Ihre Chancen, an einen Narzissten zu geraten und sich von dem manipulieren zu lassen sind auch höher.
Ich wage mal die Behauptung, dass die Welt auch in 100 Jahren so aussehen wird, dass man sich selbst gesetzlich „zugesicherte“ Rechte erstreiten muss, und dafür darf man eben nicht (zu) schüchtern sein. Man muss an der Grenze, an der die Schüchternheit beginnt, schädlich zu sein, seine Schüchternheit überwinden können, und das kann man nicht auf einmal, das muss man üben. Und zwar möglichst früh in einem möglichst „sicheren“ Umfeld. Und das ist, neben dem fachlichen Lehrauftrag, dein Erziehungsauftrag als angehender Lehrer.

Ich kann ihn nachvollziehen, aber auch die Sicht der Lehrer verstehen. Zwingen sie einem Schüler was zu sagen, können sie ihm ne drei statt ner sechs geben. Gerade wenn der Schüler zwischen zwei Noten steht, kann das ausschlaggebend sein. Oder soll der Lehrer ihn lieber ignorieren und die schlechtere Note geben? Wie willst du denn sonst ne mündliche Note geben? Er war da? zwei, weil er nicht gestört hat? Oh doch nur ne drei, hat zu laut geatmet.

Ich hab mich nie gestresst gefühlt, da ich das Glück hatte, dass meine Lehrer vorher durch den Raum gegangen sind und sich die Lösungen angeguckt hatten. Somit haben sie schüchterne Schüler nach vorne geholt und die hatten dann ein Erfolgserlebnis, da die Lösung richtig war.

Lehrer tun das, weil Schüler in der Regel mehr wissen als sie offen sagen wollen. Gerade schüchterne Schüler wissen in der Regel einiges, trauen sich aber nicht sich zu melden.

Und nein, niemand wird für seine Schüchternheit bestraft... aber die mündlichen Noten werden nach der mündlichen Leistung vergeben... die jemand, der sich nicht meldet schlicht nicht erbringt.

Das ist als würdest du ankommen mit 'es wird Schreibfaulheit bestraft, er weiß es doch' wenn ein Schüler jede Antwort in der Klausur weiß, sie aber nicht hinschreibt.

Was halte ich davon... natürlich, es ist unangenehm drangenommen zu werden wenn man sich nicht meldet. ich mag das auch nicht sonderlich.

ABER... dann muss man sich eben entscheiden. Entweder man erbringt keine Leistung, dann wird aber auch diese 'keine Leistung' so bewertet und das ist dann eine Note 6, ungenügend.

ODER der Lehrer VERSUCHT hier durch Nachfragen nochmal was aus dem Schüler zu kitzeln und bekommt in der Regel auch etwas aus dem Schüler raus, um ihn noch auf eine Note 4 zu hieven, die er ihm eigentlich geben möchte.

Jemand, der nichts macht und sich dann beklagt, dass er eine Note 6 bekommt (und dann ggf. die Klasse nicht schafft) hat in meinen Augen kein Recht sich zu beschweren. Auch nicht deswegen weil er schüchtern ist.

Denn die Person hat genau dasselbe problem wie jemand, der halt eben kein Talent in Mathe ist oder Schwierigkeiten bei korrekter Rechtschreibung oder Kommasetzung hat oder einfach nicht sonderlich gerne lernt... es ist ein Hindernis aber dieses Hindernis hat man zu überwinden... durch lernen oder eben durch mündliche Beteiligung und wenn es nur bei den Hausaufgaben ist, die man am Abend vorher gemacht hat und 3 mal überprüft hat, damit auch SICHER alles richtig ist.
Tut man das nicht, dann hat der Lehrer eine Leistung vorliegen, die Mängelbehaftet ist... und hat sie als solche zu beurteilen.

Schüchternheit passt nun einmal nicht zur Rolle des Schülers. Er/sie sollte versuche, die Schüchternheit so schnell wie möglich loszuwerden. Evtl. braucht er/sie eine Gruppentherapie. Aber die Schule kann auf Schüchternheit nur bedingt Rücksicht nehmen. Die Aufgaben der Schüler sind klar definiert.

Lehrer müssen eine mündliche Note bilden. Was sollen sie denn anderes tun, als einen Schüler aufzurufen, wenn er sich von selber gar nicht meldet?

Allerdings finde ich auch, dass in manchen Bundesländern die mündliche Beteiligung überbewertet wird.

In Bayern zählt sie in den Hauptfächern immer nur ein Drittel.

Erwin71770812  20.03.2024, 20:01

Un damit ist dem stillen Rumsitzen Tür und Tor geöffnet.

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