Wird es in Zukunft immer weniger Individualität unter Menschen geben?
Der Philosoph Michel Foucault hat das schon damals vorhergesehen. Die Gesellschaft wird immer normopathischer und Abweichler werden immer weniger geduldet.
Die Menschen werde nicht müde zu erwähnen, dass jeder Mensch individuell ist und dass die Geschmäcker der Menschen (wenn es z.B. um Dating geht), komplett verschieden sind. Aber ehrlich gesagt sehe ich das ganz anders. Ich kenne wenige Menschen, die komplett von der Norm abweichen. Die allermeisten Menschen sind sich ziemlich ähnlich (ähnliche Denkmuster, ähnliche Geschmäcker). Was meint ihr?
2 Antworten
Hm. Also ich habe noch vor kurzem einem Antworter zugestimmt, der von einer "Hyperindividualisierung" sprach. Durch die Digitalisierung nimmt meiner Ansicht nach das digitale "Einzelkämpfertum" zu, heute kann sich jeder ganz separat persönlich im Internet präsentieren. Die Zusammenarbeit auf der Arbeit ist meiner Erfahrung nach geringer geworden, das Spezialistentum (jeder hat seine individuelle, auf ihn passend zugeschnittene Aufgabe) hat zugenommen.
Früher gab es noch die Tätigkeit "Mädchen für alles" (das konnte natürlich auch ein Mann sein) in der Firma, das ist heute sehr selten geworden, zudem ist es heute fast unmöglich, alle Bereiche gleichermaßen zu beherrschen. Die Abläufe sind zu komplex geworden für Generalisten.
Foucault kenne ich zugegebenermaßen nicht so gut, man müsste eruieren, was er genau meint. "In der späteren Phase seines Werkes beschäftigte Foucault sich vor allem mit einer Analyse der vielfältigen Wirkungsweisen von Macht, d. h. vor allem mit der Frage, „in welchen Formen, durch welche Kanäle und entlang welcher Diskurse die Macht es schafft, bis in die winzigsten und individuellsten Verhaltensweisen vorzudringen."
Foucault spricht vielleicht von der Staatsmacht, die (nun denke ich an Russland) das Individuum "gefügig" macht und auf die gewünschte Linie bringt (z.B. durch Propaganda). Und in diesem Kontext würde ich Foucaults Punkt schon nachvollziehen können.
Bei uns in Deutschland sehe ich dieses Problem nicht in derselben Stärke (auch wenn es hier ebenfalls "Propaganda" gibt und einige Menschen drauf reinfallen). Aber es ist schon auch wichtig, solche Tendenzen zu hinterfragen, die allzu stark in die individuellen Denk- und Lebensgewohnheiten der Menschen eingreifen wollen.
Der langfristige Trend über die Jahrzehnte oder Jahrhunderte ist nicht eindeutig.
Aber allgemein gilt eher die Auffassung, dass im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert eine sehr viel größere Individualisierung vorherrscht als in früheren Jahrhunderten, wo man in ein rigides Korsett von Kirche, Leben auf dem Dorf oder der Kleinstadt, feudalen Strukturen, Totalitarismus, Abhängigkeit der Frauen von den Männern, und vielen weiteren Faktoren eingesperrt war.
Also gibt es mit fortschreitender Menschheitsgeschichte eher mehr als weniger Möglichkeiten zur Individualität.