Wird die Argumentation ex negativo allgemein als definitiver Bestandteil der Dialektik verstanden?

2 Antworten

ich weiß zwar nicht, auf welchem Niveau Du fragst, aber normalerweise (ausserhalb der Anwendung des Begriffs in der Rhetorik) ist Dialektik eine Verstehensweise, die ihre Erkenntnisse aus der Gewinnung eines logischen Widerspruchs gewinnt:

Etwas IST und IST gleichzeitig NICHT.

Man steht dann vor der Aufgabe, eine Ebene zu finden, in der dieser Widerspruch aufgehoben werden kann.

Vllt blödes Beispiel:

Das Weizenkorn ist ein Same und gleichzeitig kein Same. Das verweist auf die Ebene der technischen Verwendung: Erst dadurch kann entschieden werden, welches Weizenkorn als Same wieder auf den Acker geht und welches zu Mehl etc vermahlen wird.

Aber dieser Widerspruch führt noch weiter: erst die Verwendung für Mehl führt zu der Notwendigkeit, neuen Weizen auf dem Acker zu produzieren (Rückbezug), macht also das Weizenkorn zu einem Samen für uns bzw den Bauern.

Mit dem Mehl kann man dasselbe Spielchen wiederholen, und so erschließt sich das WERDEN der Ernährungstechnik.

Üblicherweise wird das aber auf eher geistes-/gesellschafts-wissenschaftliche Dinge angewandt.

KnorxyThieus 
Fragesteller
 12.12.2016, 21:58

Hallo,

ich denke, der grundlegende Begriff der Dialektik ist mit klar. Gerstenkornbeispiel auch.

Nicht aber, ob jeder anerkannte Philosoph der Dialektik in diesem Beispiel auch der Argumentation ex negativo zustimmen würde, also etwa: Wenn es nicht kein Gerstenkorn ist, dann muss es also eines sein!

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Ich habe ein anderes Verständnis von ,,argumentatio ex negativo" als ,,lamiam".

Für mich ist die ,,argumentatio ex negativo" folgender Vorgang:

  • Ich behaupte: A ist B
  • Ich begründe, dass: wenn A ist nicht B, dann führt das zu logischen Widersprüchen, Ungereimtheiten oder Unvereinbarkeit mit der Erfahrung.
  • Deshalb ist notwendig, dass A ist B.

Dieser Argumentationsvorgang ist formal gesehen gültig; vorausgesetzt, dass die Verneinung ,,nicht" bei A ist nicht B sauber formuliert wird.

Für mich ist der Ausdruck  ,,definitiver Bestandteil der Dialektik" unklar. Heisst das: ,,unerlässlicher Bestandteil der Dialektik" oder vielleicht ,,Bestandteil der Dialektik durch Definition"?

Falls diese Antwort und die Antwort von lamiam unbefriedigend sind, bitte die Frage präzisieren oder umformulieren. 

Danke!

KnorxyThieus 
Fragesteller
 12.12.2016, 22:02

Hallo,

da mag ich mich in der Tat etwas inexakt ausgedrückt haben. Gemeint war:

Zweifeln manche großen Philosophen an, dass man sich in einer dialektischen Untersuchung eines ex negativos bedienen KANN (es aber bei Weitem tun nicht muss)?

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ulrich1919  12.12.2016, 23:45
@KnorxyThieus

Ich muss ehrlich sagen, dass ich überhaupt nicht weiss, welche Philosophen diese Art Argumentation akzeptieren oder nicht.
Wie ich vorher erläutert habe, ist die Argumentatio ex negativo  ,,sauber", falls gewisse Voraussetzungen erfüllt sind.
Vielleicht bei Frege oder Habermas nachschauen?

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ulrich1919  12.12.2016, 23:52
@ulrich1919

Ich habe im philosophischen Lexikon noch eine zusätzliche Schwierigkeit gefunden; nämlich dass die Definition von ,,Dialektik" sich in der Philosophie-Geschichte ziemlich stark geändert hat.
Deshalb muss ich leider ,,passen" bei Deiner Frage, wie interessant sie auch sein mag.

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