Wieso war der Sauerstoffgehalt vor Millionen Jahren höher? Und waren die Tiere so groß, weil der Sauerstoffgehalt höher war?

6 Antworten

Der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre ist von zwei wesentlichen Faktoren abhängig: Der Biomasse der Vegetation an Land, aber vor allem der Biomasse des Phytoplanktons in den Meeren und Ozeanen. Selbst wenn jeder Baum auf dem Planeten eingehen würde, würde unser heutiger Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre "nur" auf etwa 16% absinken, was für den Menschen zwar problematisch, aber noch nicht lebensbedrohlich wäre. Kippen aber unsere Meere um und sterben, so würden auch fast alle höher entwickelten Landbewohner in einer tödlich giftigen Atmosphäre sterben. Zu geringeren Anteilen spielen bei der Zusammensetzung der Atmosphäre aber natürlich auch die Anzahl der Lebewesen, die auf dem Planeten leben und den Sauerstoff verbrauchen, aber auch vulkanische Aktivität eine Rolle, welche den Sauerstoffanteil eben durch mehr Masse an anderen Gasen wieder relativieren kann.

Die höchste Sauerstoffkonzentration erreichte die Atmosphäre in der Zeit des Karbon, also etwa von vor 359 bis 299 Millionen Jahren. Das Klima war damals etwa so ähnlich wie heute, es gab verschiedene Klimazonen und sogar Eis an den Polen. Da jedoch die Landverteilung völlig anders war und es bloß zwei Kontinente, Laurussia und Gondwana gab, der Meeresspiegel höher lag als heute und vielerorts große, kontinental geprägte immerfeuchte Sumpfregionen das Landschaftsbild prägten, pumpten die Pflanzen, vor allem riesige Baumfarne, unaufhörlich Sauerstoff in die Atmosphäre. Die vulkanische Aktivität war im Vergleich zu den nachfolgenden Zeitaltern relativ gering.

Der hohe Sauerstoffanteil begünstigte vor allem das Größenwachstum der Arthropoden, also von Tieren wie Spinnen und Insekten erheblich: Es gab im Karbon Libellen, die so hgroß wie ein Greifvogel wurden und Tausendfüßer, die größer wurden als Menschen. An Land atmen diese Tiere nämlich nicht aktiv ein und aus, weil sie über keine Atemmuskulatur verfügen, sondern absorbieren den Sauerstoff passiv über ihre Tracheen, der einfach durch sie hindurchströmt. Ein großer Körper verbraucht mehr Sauerstoff als ein kleiner, also lag die Grenze des Größenwachstums für Tracheenatmer im Karbon, als der Sauerstoffgehalt zweitweilig bei über 35% lag, deutlich höher. Bei Insekten hat der Riesenwachstum also direkt etwas mit der Sauerstoffkonzentration zu tun. Als der Sauerstoffgehalt im Perm dann wieder absank, starben bis auf die Riesenlibellen, die sich den Sauerstoff im Flug sozusagen noch "zufächeln" konnten, alle Rieseninsekten aus.

Bei Lungenatmern spielen aber noch andere Faktoren als der Sauerstoffgehalt eine Rolle. Die größten Landtiere aller Zeiten lebten im Mesozoikum, besonders im späten Jura und in der Kreidezeit, als der Sauerstoffehalt in der Atmosphäre "nur" noch bei 26 - 29% lag. Die Dinosaurier, genauer die Sauropoden erreichten damals Ausmaße, die alle heutigen Landtiere wie Zwerge aussehen lassen: 35m Körperlänge und 70 Tonnen Gewicht waren damals keine Seltenheit. Das Geheimnis der Riesen-Sauropoden liegt zum einen an einem im Vergleich zu Säugetieren sehr viel effizienterem Atmungssystem. Sauropoden verfügren über sogenannte Luftsäcke vor ihren Lungen, welche sowohl beim Ein- als auch Ausatmen Sauerstoff ins Blut befördern konnte. Säugetiere können das nicht, sie können nur beim Einatmen Sauerstoff in ihrem Blut aufnehmen, weshalb heutige Großtiere nicht über eine Höhe von 6m hinauskommen - Sauropoden wurden teilweise dreimal so hoch!

Der zweite wichtige Punkt ist aber, dass Säugetiere auch verhältnismäßig große Gehirne für ihre Körperfunktionen benötigen. Dinosauriergehirne arbeiteten dagegen etwa wie die von Krokodilen oder Vögeln, konnten also gleiche Leistung auch mit weniger Platz vollbringen. Kaum ein Sauropode, nicht einmal die gewaltigsten, hatte ein Gehirn, das größer als ein Tennisball war - was bei ihrem enormen Körpergewicht vergleichsweise winzig ist. Ein so kleines Gehirn braucht nicht viel Blut, um es zu versorgen, jedenfalls viel weniger als das zum Beispiel einer Giraffe. Somit lag die Grenze für Riesendinosaurier allein schon wegen des Baus ihrer Gehirne viel höher als heute, mit dem atmosphärischen Sauerstoffgehalt hatte es wohl eher sekundär zu tun.

Zusammenfassung: Ein hoher Sauerstoffgehalt beinflusst sehr stark den Riesenwuchs von Tracheenatmern, Lungenatmer werden aber eher durch andere Einflüsse zu Riesen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Umfassende Recherchen für meinen Roman über Dinosaurier.
GoproFan 
Fragesteller
 02.08.2017, 18:49

Danke vielmals! Aber dann, bis diese Insekten so groß wurden, vergang Millionen von Jahren oder?

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MarkusPK  02.08.2017, 21:46
@GoproFan

Die Rieseninsekten lebten vor allem im Karbon, die meisten von ihnen starben dann infolge des großen Regenwald-Kollapses aus, als sich ein neuer, einzelner Superkontinent formierte und sich dadurch das Klima änderte, wodurch dann die Baumfarnsümpfe verlandeten. Dies geschah vor etwa 299 Millionen Jahren.

Einzig die Riesenlibellen waren im nächsten Zeitalter, im Perm, noch übrig geblieben, sie brachten damals sogar ihre gewaltigste Gattung hervor: Meganeuropsis americana, die eine Flügelspanne von wahrscheinlich 75cm und mehr erreichen konnte. Sie starben erst aus, als sich eine neue Tiergruppe in die Lüfte erhob: Im Perm entwickelten sich die ersten fliegenden Echsen wie Coelurosauravus, eine Echse, die ihre Rippen zum Gleitfliegen abspreizen konnte. Vielleicht haben diese Flugreptilien den Riesenlibellen sogar aktiv nachgestellt, aber wahrscheinlich ist, dass sie auch eine ähnliche Beute bevorzugten und die vormaligen Herrscher der Lüfte ihrer Nahrung beraubten, sodass die Libellen immer kleiner wurden.

Stark dezimiert wurden die Insekten dann am Ende des Perm vor 252 Millionen Jahren, als wahrscheinlich die größte Vulkaneruption aller Zeiten den gesamten Planeten über Jahrhunderttausende lang vergiftete. Damals starben mehr als 95% aller Arten aus - auch die letzten großen Fluginsekten.

Im Mesozoikum dann, also als die Dinosaurier die Erde beherrschten, gab es nur noch bis zum Beginn des Oberjura, also etwa bis vor 160 Millionen Jahren noch verhältnismäßig große Insekten, die aber nicht einmal mehr halb so groß wie Meganeuropsis wurden. Doch auch die mesozoischen Riesenlibellen waren dem Untergang geweiht: Als die ersten Vögel durch die Luft flogen, waren ihre Tage gezählt und ihre Größe reduzierte sich immer weiter. Seither hat die Erde keine Libellen mit Mega-Ausmaßen mehr gesehen.

Noch einmal die Zeiträume:

Karbon: 358,9 - 298,9 mya (Zeitalter der Rieseninsekten)

Perm: 298,9 - 252,2 mya (größte Riesenlibellen; Meganeuropsis: 285 mya)

Mesozoikum (Trias, Jura, Kreide): 252,2 - 66 mya (Dinosaurier-Zeitalter; letzte Riesenlibellen 160 mya)

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Der einst höhere Sauerstoffgehalt kam nicht nur den Insekten, sondern allen sonstigen Gliedertieren (Spinnen, Spinnentiere,Hundertfüßer, Tausendfüßer usw. zu Gute.

Es bestand mehr Pflanzenwuchs und mehr Wälder.
Die Funktsweise ist, dass Bäume CO2 aus der Luft filtern, CO speichern und O2 in die Luft abgeben, für's prima Klima.

Mit Auftritt des Menschen setzte Entwaldung (Rodung) ein und verbrennen von Holz, weils so angenehm wärmend ist ein Feuerchen.
Der oben beschriebene Effekt wurde umgekehrt.
Das eingelagerte CO (Kohlenstoff) wurde freigesetzt und wandelt seinerseits in eben CO2 (Treibhausgas).
Was heutigen Tages als Klimawandel bezeichnet wird.

Diesen Effekt gab es erdgeschichtlich schon immer, sei es durch Vulkanismus oder die Frisetzungvon Methan aus die Tiefen der Ozeane.
Und mündete im Wechsel von Eiszeiten und Heißzeiten (wie eben zu Zeiten der Dinos).
Das s.g. Anthropozän, eben jenes Wirken des Menschen, ist jedoch unwidersprochen der umfassenste Einfluß.
Besonders durch die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Oel, Gas und Kohle.

Für die hinterfragte größe der Lebewesen ist weniger O2 verantwortlich, als mehrheitlich NOx, Stickoxide, auch bekannt als Dünger.
Mehrheitlich wirken diese au Pflanzen.
Die Dino's waren zum Teil auch Pflanzenfresser.
An Nahrung mangelte es diesen jedoch nicht, ganz im Gegenteil.

Säugetiere (wozu auch der Mensch zählt) sind gute Energieverwerter.
Je besser die Verfügbarkeit von Nahrung, je mehr Energie wird aufgenommen und entsprechend umgesetzt.
Der Treiber der Entwicklung menschlicher Intelligenz (Gehirnleistung) war und ist der Verzehr von Fleisch.
Nicht das von Zuchttieren, wie Schwein, sondern jenes von Wildtieren.
Gleiches gilt für Fisch (Lachs u.a.)
Ein ewig gleicher Energiekreislauf.
Bei Pflanzen durch Photosynthese, bei Säugertieren durch schlichtes Fressen.

Für Wirbeltiere ist der Sauerstoffgehalt der Luft für die Größe nicht relevant.

Aber die Insekten waren deswegen größer als heute.

Wusstest du, dass nur c.a. 15% des Sauerstoffes von Bäumen produziert wird.

GoproFan 
Fragesteller
 02.08.2017, 18:52

yep danke

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Mojoi  02.08.2017, 19:31

Und die Spezialisten aus dem Matheunterricht so:

"Und die restlichen 6%?"

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