Wieso hat die Theorie von Karl Marx einer klassenlosen Gesellschaft nicht funktioniert?

13 Antworten

Sie hat soweit funktioniert, wie Marx es beschrieben hat. Lediglich die Phase des Kommunismus selbst wurde nie erreicht, was allerdings auch eher ein langfristiges Ziel war. Die Vorstufen, also alles vom Niedergang des Kapitalismus bis zu den ersten Arbeiterrevolutionen und den ersten Arbeiterstaaten (=sozialistischen Staaten) ist eingetroffen. Diese Arbeiterstaaten wurden zu einem großen Teil leider auf die ein oder andere Weise solange sabotiert (oder sogar aktiv bekämpft), bis sie aufgelöst oder zerstört wurden; das bedeutet allerdings nicht, dass zukünftige Projekte Erfolg haben können.

Die Theorien von Karl Marx sind größtenteils an der Realität gescheitert. Und am menschlichen Wesen an sich.

Was geschieht, wenn das "Proletariat" (Arbeiterklasse) die "Burgeosie" (Bürgertum) stürzt? Herrschen dann die Arbeiter? Nein - es bilden sich unter den Siegern neue soziale Schichten. In der UdSSR waren das z.B. Bürokraten und Partei-Eliten, die keineswegs Gefallen daran fanden, mit dem Bauern aus Kiew oder dem Stahlarbeiter aus Moskau auf einer Stufe zu stehen. Es entsteht einfach eine neue "Burgeosie", und der Spaß fängt wieder von vorne an.

Es wird immer eine obere und eine untere soziale Schicht geben. Eine klassenlose Gesellschaft ist Utopie und wird es auch immer bleiben.

Das heißt aber nicht, dass Karl Marx ein Versager war oder dass seine Ideen keinen Fortschritt brachten: die Angst vor der kommunistischen Weltrevolution motivierte den Kapitalismus zu Reformen, um der radikalen Linken den Wind aus den Segeln zu nehmen. Seien es die Acht-Stunden-Woche, der bezahlte Urlaub, der Kündigungsschutz oder die Duldung und gesellschaftliche Einbindung von Gewerkschaften - all diese Reformen verdanken wir dem "Schreckgespenst Kommunismus".

Ohne den Konkurrenzdruck durch die UdSSR hätte es vielleicht noch sehr lange gedauert, bis die Bedingungen der Arbeiter verbessert worden wären.

jgobond  15.12.2019, 18:22

schön beschrieben

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Was Karl Marx formulierte, war ein idealistisches Modell der klassenlosen Gesellschaft. Dieses Modell war noch nicht erprobt.

Erst die spätere Praxis hatte gezeigt, dass dieses Modell nur unzureichend existieren kann. Alle Versuche, dieses Modell zu retten, sind gescheitert. Gerade im Umgang mit der Intelligenz erreichte man schnell Grenzen.

In Rotchina hatte man der Intelligenz viele Jahre misstraut. Man nannte sie die stinkende Nummer 9,

Je mehr man sie bezahlt, je größer werden die Abstände zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Lohn. Dies widerspricht klar dem Postulat einer Gleichheit in einer klassenlosen Gesellschaft.

Auch In Deutschland gibt es wenige Betriebe, wo das Gehalt eines Hausmeisters und eines Geschäftsführers gleich ist. Dies konnte sich bis heute nicht durchsetzen.

Marx war davon überzeugt, dass seine Theorie die Wirklichkeit abbildet und alle Abweichungen nur zufällige Ausrutscher sind. Er hat sich von der Empirie entfernt und seine Theorien über die Realität gestellt.

Tatsächlich gibt es keine klar bestimmbare Zukunft, keine einseitige Wirkung der Produktionsverhältnisse auf die Menschen. Die Welt ist komplizierter und chaotischer als Ideologen es sich vorstellen.

Ein Fehler, den die Kirche auch zu Zeiten der Scholastik begangen hat. Heute finden wir diesen Fehler den Anhängern wirtschaftsliberalen Ideologie wieder. Auch die halten ein Versagen des Marktes für eine Abweichung von der Wahrheit. Statt an ihrer Ideologie zu zweifeln. Letztlich sollte man Menschen, die ihre Wahrheit aus Büchern und nicht der Realität gefunden haben immer misstrauen.

Das Problem mit Kommunismus und Sozialismus ist, dass es von einem idealen Menschenbild ausgeht, dass sich in der Realität nicht wieder findet. Jeder Einzelne müßte sich mit all seiner Kraft für die Allgemeinheit einsetzen. Und das passiert eben nicht. Kann man in jeder Studenten-WG beobachten, besonders in Küche und Bad.

Im realen Kampf gegen den Klassenfeind kommt es dann noch dazu, dass Posten nicht nach Kompetenz sondern ausschließlich nach Loyalität besetzt werden. Das führt auch in nicht Kommunistischen Diktaturen stets zum Scheitern.