Wie stand es um die Arbeitsmoral in der DDR?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich denke man sollte hier zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und der nominellen Arbeitsproduktivität trennen.

Gerade in der Produktion wurde nach Leistung bezahlt. Wer schlecht arbeitete verdiente also auch wenig. Bei uns wurden italienische Schreibmaschinen gefertigt, die italienischen Technologen kamen zu uns um zu verstehen wieso wir ca. 25% mehr pro Schicht fertigten.

Aber, vor allem bei den eigenen Produkten hatten wir eine irrsinnige Produktionstiefe bis hin zu den Schrauben. Außerdem war die DDR vom Mangel geprägt. Etwa zwei bis drei mal im Monat standen die Bänder wegen Engpässen der Zulieferer für ein bis maximal drei Tage und die Mädels haben die Zeit mit Stricken totgeschlagen. Kam jedoch das Material wurde meist eine Schippe draufgelegt und wenigstens ein Teil des Rückstandes aufgeholt.

Vor allem in kleinen Abteilungen in denen nachts kein Meister anwesend war gab es auch Eigenartiges. So das z.B. Mo-Do bewusst eine ordentliche Mehrleistung erbracht wurde, diese aber im Schrank landete. Fr. kam dann nur der Lehrling, legte die vor-gearbeiteten Teile heraus und stempelte die Zeitnachweise. Die Zeit schlug er mit Pfusch für die eigene Tasche tot. Da die Teile ja vorhanden waren fiel es nicht auf.

Die qar da genau so wie auch wo anders. Manche wollten arbeiten und haben sich auch angestrengt, andere wiederum nicht.
Nur gab es für Arbeitsverweigerer Gefängniss. Da hatten und mussten auch alle arbeiten.
Ich fand nur damals besser, dass alle Arbeit hatten.

in der Produktion wurde oft rumgebummelt

Das kann ich nun ganz und gar nicht bestätigen.

und in der Verwaltung ist man gekommen und gegangen wann man wollte,

Das stimmt nicht. Arbeitsbeginn war (bei uns zumindest) 7.00 Uhr. Da hatte man dazusein PUNKT. 16.00 Uhr war Feierabend.

JEDER musste einen Arbeitszeitnachweis führen bzw. wurde der vom Vorgesetzten geführt.

Ich weiß nicht, wer solche Gerüchte in die Welt setzt.

in der Produktion wurde oft rumgebummelt und in der Verwaltung ist man
gekommen und gegangen wann man wollte, weil Engagement sich nicht so gelohnt hat wie in kapitalistischen Gesellschaftssystemen.

Das sagen diejenigen, die ein Interesse daran haben, die DDR da, wo es nur irgendwie geht, zu verunglimpfen.

Zugegebenermaßen hat es manchmal Engpässe bei der Zulieferung in der Produktion gegeben, was Gründe im Rohstoffmangel und Boykottmaßnahmen (z.B. Hallsteindoktrin) seitens des Westens hatte.
Diese Lücken wurden nicht genutzt, indem man gebummelt hat und der Arbeit fern geblieben ist, sondern es wurden andere Aufgaben erfüllt, die ohnehin anlagen, bis der Mangel beseitigt war.

In der Verwaltung ist niemand gekommen und gegangen, wann er will.
Aus meiner persönlichen Erfahrung in einigen großen DDR-Betrieben, die es jetzt nicht mehr gibt und ehemals Handelsbeziehungen zu vielen Ländern der Welt, auch ins kapitalistische Ausland, unterhielten, kann ich sagen, dass von Montags bis Freitags ab 7 Uhr bzw. 6/45 Uhr bis 16/15 bzw. 16 Uhr durchweg gearbeitet wurde.
Keiner hätte es gewagt, den Betrieb auch nur 10 Minuten eher zu verlassen, wenn das nicht mit dem Chef abgesprochen war.

Dass es Bummelanten gab, hatte weniger mit der DDR zu tun als damit, dass es DIE in jeder Gesellschaftsordnung gibt, was in der DDR dadurch geregelt wurde, dass Aussprachen stattfanden, man versucht hat, diese Erscheinungen nicht durch fristlose Kündigungen, sondern durch Hilfestellung und auch Verweise (heute Abmahnungen) in den Griff zu bekommen. Half das nicht, kam es zu Gehaltskürzungen oder Streichung von Prämien, z. B. der Jahresendprämie, die immer etwa ein Monatsgehalt ausmachte.
Hinzu kommt, dass es so gut wie kein Mobbing in den Betrieben gab, die Kollegen untereinander weniger missgünstig waren und jeder von jedem wusste, was er verdient und auch bekommt.:)
Gab es da Unverhältnismäßigkeiten, konnte man eine "Eingabe" z.B. beim FdGB (Freier deutscher Gewerkschaftsbund) machen und sein Anliegen vortragen.
Zu 90 % der Fälle wurden diese Eingaben zugunsten desjenigen entschieden, der eine Eingabe gemacht hat und den Grund seiner Eingabe hieb- und stichfest belegen konnte.

Rausgeschmissen wurde niemand, obwohl das bei manchen Unverbesserlichen sicherlich angebracht gewesen wäre, aber ehe z.B. einer allein erziehenden Mutter wegen häufiger Krankheit ihres Kindes gekündigt wurde, hat man alles getan, um ihr zu helfen.
Das ist keine Beschönigung und Verdrängung, das ist einfach eine Tatsache.

thecheeky  20.11.2017, 15:10

edit: 7/00 bis 16/45 Uhr

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Die Erfahrungen, die da jeder sammeln durfte, werden sicher sehr unterschiedlich sein.
Es kam auch darauf an, in welchem Betrieb und in welcher Branche man eingebunden war.

Ich war in einem großen Kombinat mit mehren tausend Beschäftigten und etlichen Betriebsteilen beschäftigt.
Aus der Erinnerung kann ich sagen, dass jeder Einzelne die geforderte Leistung erbrachte und oft übererfülle, weil es öfters finanzielle Vergütungen als Zielprämie gab.
Die Entlohnung war überdurchschnittlich für Produktionsarbeiter in dieser Branche.
Die Arbeitsmoral war sehr hoch und die Arbeitsleistung, sowie Beginn und Ende wurden von Dateneinlesegeräten mithilfe von Lochkarten elektronisch erfasst.
In dem Produktionsprozess, in dem ich arbeitete, konnten keine Überstunden geleistet werden, weil alles im 3-Schicht-System lief.
Wenn einer zu spät kam, musste der Vorgänger länger bleiben, was am nächsten Tag wieder ausgeglichen wurde.

Zur Verwaltung kann ich nicht viel sagen.
Es wurde aber im ganzen Betrieb auf einen pünktlichen Arbeitsbeginn und auch auf die volle Auslastung der Arbeitszeit gesehen.

LG Lazarius

Lazarius  20.11.2017, 12:34

* »in dieser Branche« richtig »in diesem Betrieb«

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