Wie ermittelt man beim DNA Sequenzvergleich wie lange die Arten schon voneinander getrennt sind?

1 Antwort

Die DNA verändert sich durch Mutationen im Lauf der Zeit. Das kann man für Verwandtschaftsanalysen nutzen.

Das Prinzip ist einfach: sobald zwei Linien (z. B. zwei Arten) sich voneinander trennen, werden sich in beiden Linien durch unabhängig voneinander erfolgende Mutationen Sequenzunterschiede ansammeln. Und je mehr Zeit vergangen ist (d. h. je länger der Zeitraum der Trennung zurückliegt), umso mehr Unterschiede konnten sich seitdem ansammeln. Java- und Panzernashorn haben sich z. B. erst vor 12 Mio. Jahren voneinander getrennt. Die Sequenzunterschiede zwischen den beiden Arten sind deshalb gering. Der letzte gemeinsame Vorfahr von Java- und Spitzmaulnashorn hat hingegen vor 29 Mio. Jahren gelebt. Folglich sind die Sequenzunterschiede zwischen diesen beiden Arten größer und sie sind nicht ganz so eng miteinander verwandt. Interessant ist, dass das Sumatranashorn mit den beiden anderen asiatischen Arten (Java- und Panzernashorn) enger verwandt ist als mit den beiden afrikanischen Arten (Breit- und Spitzmaulnashorn), obwohl es wie diese zwei Hörner besitzt. Wenn wir uns nur die morphologischen Merkmale (ein vs. zwei Hörner) angesehen hätten, dann hätten wir womöglich falsche Verwandtschaftsverhältnisse konstruiert, weil wir dann eine engere Verwandtschaft zwischen Sumatranashorn und den beiden afrikanischen Arten angenommen hätten.

Wie kommt man nun aber auf die Datierung der zurückliegenden Aufspaltungsereignisse? Woher wissen wir z. B., dass der letzte gemeinsame Vorfahr von Breit- und Spitzmaulnashorn vor 17 Mio. Jahren gelebt hat oder der letzte gemeinsame Vorfahr aller rezenten (heute lebenden) Nashörner vor 29 Mio. Jahren? Möglich macht uns das auch hier wieder der Vergleich der Unterschiede der DNA-Sequenzen. Dieses Verfahren wird auch molekulare Uhr genannt. Die Voraussetzungen dafür sind, dass die Mutationsrate (die Anzahl der Mutationen pro Zeiteinheit, z. B. bp/10000 Jahre) über die Zeit konstant ist (die Uhr darf also nicht mal schneller und mal langsamer ticken) und dass die Mutationsrate bekannt ist, wir also die Geschwindigkeit kennen, mit der die Uhr tickt. Die Mutationsrate lässt sich ermitteln, indem man die molekulare Uhr kalibriert. Das geht so: wir ermitteln den Sequenzunterschied von zwei Linien, deren Trennungszeitpunkt wir bereits kennen. Dafür kann man z. B. auf die Datierung von Fossilien beider Linien zurückgreifen. Oder auf bekannte geologische Ereignisse, von denen bekannt ist, dass sie zur Auftrennung der beiden Arten geführt haben, etwa die Entstehung eines Flusses oder eines Gebirges.

Nehmen wir z. B. an, dass wir bei zwei Arten, von denen wir wissen, dass sie sich vor 2 Mio. Jahren getrennt haben, einen Sequenzunterschied von 50 Basenpaaren (bp) gefunden haben. Somit ergibt die Kalibrierung der molekularen Uhr eine Geschwindigkeit von 25 bp/Mio. Jahre. Wenn wir nun zwei Arten, deren Trennungszeitpunkt fossil nicht bekannt ist, miteinander vergleichen und wir ermitteln 450 unterschiedliche Basenpaare, dann muss der Zeitpunkt der Trennung 18 Mio. Jahre zurückliegen (450bp/x Mio. Jahre = 25 bp/ 1 Mio. Jahre, nach x umgestellt ergibt das x = 18).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
matmatmat  23.11.2023, 05:50

Meine Antwort wäre kürzer ausgefallen, dieser ist nichts hinzuzufügen. Ich darf nur leider als promovierter Biologie Antworten zum Thema Bio und Evolution nicht "bestätigen" *augenroll* daher hier eine Bestätigung im Kommentar.

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