Wer führt wirklich einen Zykluskalender und Abwertung in der Frauenarztpraxis?
Hallo,
ich dachte ich hätte eine Praxis gefunden in der ich mich wohlfühle. Jetzt kam ich zum Termin, relativ knapp aber immer noch pünktlich. Wurde bei der Anmeldung gefragt wann der erste Tag meines letzten Zyklus war. Ich antwortete dass ich das momentan leider nicht aufschreibe und es gerade nicht genau weiß. Daraufhin, super laut vor allen anderen Patientinnen, sagte die Person an der Rezeption „wie? Wie soll ich das jetzt verstehen? Warum führen Sie kein Buch?“
Ich leise: ich habe schon länger keinen Sex …. Mit Männern, ich habe keinen Freund und würde demnach auch nicht schwanger werden.
sie, laut: das hat doch nix mit Freund zu tun. Das machen wir doch für uns! Das müssen Sie notieren, das ist wichtig für die Behandlung.
ich: es tut mir leid, ich schaffe das einfach nicht über alles Buch zu führen. Manchmal trag ich mir das schon ein
sie: haben sie denn keinen zykluskalender?
ich: nein, wie gesagt.
sie: also als ich ein junges Mädchen war, war das erste was meine Mutter getan hat, mir den zykluskalender zu erklären. Das ist ja unglaublich dass sie das nicht tun.
dann durfte ich ins Wartezimmer und mir nochmal reindrücken lassen dass ich in Zukunft viel eher kommen muss.
meine Stimme war dann schon gebrochen und ich hab mich super zusammen gerissen nicht zu heulen. Im Wartezimmer saß noch eine schwangere junge Frau, die mir dann ein Taschentuch anbot, weil mir trotz meiner Bemühungen die Tränen kamen. Und als ich mich beruhigt hatte, saß sie weinend da.
Ich hab gefragt ob alles okay ist woraus ein super socially awkwardes Gespräch entstand. Dass sie weinte hatte wahrscheinlich nix mit mir zu tun aber ich wollte sie nicht ignorieren und auch nicht zu nahe treten. Diese ebenfalls junge Frau hat mich gedutzt obwohl ich sie gesiezt habe. Ich weiß dass ich aussehe wie 21 oder sogar jünger, dabei bin ich 29 und in den meisten Lebenslagen kein kleinlautes Möuschen. Dennoch erlebe ich es oft, dass in so Kontexten wo ich um Hilfe bitte, medizinisch, oder auch beim Einkaufen, insbesondere Frauen und Mäanner ab circa 50 mit mir extrem abwertend sprechen und mich automatisch duzen und dann empört sind wenn ich zurück duze.
und jetzt sitz ich hier, könnte in Scham versinken und hasse mich dafür dass mich zur Zeit alles aus der Bahn wirft.
Ja, ich bin in Therapie und sehr gut eingebunden. So extrem sensibel werde ich wahrscheinlich aber immer bleiben, das sagen meine Therapeuten auch. Ich bin jedes Mal so geschockt wie respektlos Leute mit mir reden.
Das passiert mir auch in nicht depressiven Phasen, dass Menschen so mit mir umgehen, und es nervt mich, aber ich breche dann nicht zusammen.
Ich empfinde es generell als ein Problem von mir dass ich rücksichtslos und respektlos angesprochen werde, weil ältere Erwachsene mich für nicht volljährig halten. Diese Beobachtung ist so frustrierend und zeigt mir auch nur wie immer noch zeigefingermässig und feindlich mit Jugendlichen umgegangen wird, insbesondere Mädchen.
jetzt bin ich abgeschweift. Meine Frage ist vor allem: wie geht ihr mit solchen belehrenden Situation um, wie das mit dem zykluskalender und was ratet ihr mir um nicht immer wieder so abwertend behandelt zu werden?
3 Antworten
Auch wenn Kritik angebracht ist, kann man sie doch auch anders rüberbringen. Soll heißen, du kannst sagen, "Sie haben ja völlig recht, aber das können Sie mir sicher auch in einem netteren Ton sagen, oder?"
Damit hast du recht. Als Patient darf man aber auch seinen Mund aufmachen. Man ist da kein Bittsteller, sondern bringt denen ihr monatliches Geld.
das hätte ich gerne genauso gemacht. Aber mich nicht getraut. Danke für dein Verständnis
Es ist eben sinnvoll, so einen Kalender zu führen.
Mach das einfach.
Wer erst gar nicht auf die Idee kommt, so einen Kalender zu führen, braucht sich nicht zu wundern, wenn man das "komisch" findet.
Ich kenne tatsächlich niemanden der einen führt, ich habe meine WG gefragt usw. Natürlich macht es Sinn. Mein eigentliches Problem ist die Respektlosigkeit
Dann ist das eventuell eher bei Jüngeren aus der Mode gekommen.
Nicht alles, was man früher eben automatisch gemacht hat, ist even nicht unnötig.
Das war in dem Fall nicht respektlos. Wer sich irgendwie unsinnig verhält, muss eben mal das Echo ertragen.
Da die medizinische Fachangestellte durchaus recht hat würde ich mir das einfach annehmen.
Den Tipp nehm ich mir au CH auf jeden Fall an. Das stellenixh echt nicht in frage. Ich wurde nur zum ersten Mal danach gefragt. Zudem werde ich nicht ungewollt schwanger da ich in einer lesbischen Beziehung bin
An solchen Aufzeichnungen kann man eben auch erkennen, wenn etwas nicht mehr in Ordnung ist. Das hat zwar meist harmlose Ursachen, kann aber auch auf eine ernste Erkrankung hinweisen.
Bei meiner Schwiegermutter wurde zum Beispiel dadurch ziemlich frühzeitig der Gebärmutterkrebs entdeckt.
danke. Es war vor allem sehr unangenehm weil sie extrem laut gesprochen hat und mich dafür beschämt hatte dass ich es auch nicht aus dem Stegreif wusste. Ungefähr 4 andere Patientinnen haben gehört wie sie sagte „hat Ihre Mutter Ihnen das denn nicht beigebracht?“ „Nein ich hab das erst vor einiger Zeit mitbekommen.“
es hat sich einfach sehr abwertend angefühlt und auch schmerzhaft, dieses von oben herab reden. Das ist in unserer Gesellschaft so normal sobald so abhängigkeitsverhältnisse da sind z.B. in der Arztpraxis oder beim Amt. Im Dienstleistungssektor müssen Leute eben freundlich sein, weil sie ja etwas von einem wollen. Ich würde mir einfach wünschen, dass an den Orten wo man als Patientin oder Kunde oder Bürger in der Bitte steht, dass man dann eben trotzdem noch nett behandelt wird